Auf dem ITSMF-Jahreskongress (IT Service Management Forum), der Anfang Dezember in Berlin stattfand, standen die Themen "IT-Industrialisierung" und "IT-Business Aligment" (also die möglichst enge Ausrichtung der IT an Geschäftsanforderungen) im Vordergrund. Weitere Tracks widmeten sich der Reifegradermittlung und Zertifizierung - hier insbesondere ISO 20.000 sowie Fragen rund um ITIL, CMMI und Cobit - sowie dem ITSM-Praxiseinsatz. ITSMF-Vorstand Martini beklagte Mängel in der deutschen IT-Ausbildung.
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Technik und Business verbinden
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ITIL-Schulungen werden korrigiert
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ITILv3 bietet kaum konkrete Hilfe
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HP präsentiert diverse Lösungen für automatisierten IT-Betrieb
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Von der Arbeit auf Zuruf zum CLM-Prozess
Der ITSMF-Jahreskongress versammelte laut Veranstalter rund 450 Teilnehmer, darunter über 260 Besucher von Endanwenderseite. Waren noch während der letzten Monate Fragen rund um die im Sommer neu vorgestellte Version 3 der marktbeherrschenden Best-Practice-Sammlung ITIL (IT Infrastructure Library) allerseits heiß diskutiert, so bündelte der Kongress diese Punkte vorrangig in Pre-Workshops am 3.12. Denn zur Vorstellung von ITILv3 hatte das ITSMF bereits im Juni eine dedizierte Veranstaltung durchgeführt, und präsentierbare Erfahrungsberichte mit ITILv3 liegen noch nicht vor. Zudem wolle der Jahreskongress keine "ITIL-Schmalspurveranstaltung" sein, erklärte ITSMF-Schatzmeister Paul Martini gegenüber LANline: "Der Auftrag des ITSMF war schon immer weiter gefasst als ITIL." Der Kongress habe sich über die Jahre weiterentwickelt und müsse nun auch Strategieaspekte stärker beleuchten. "Sonst holen wir die Kern-ITIL-Leute nicht mehr richtig ab", so Martini.
"Die drängenden Problemfelder, die heute die ITSM-Spezialisten beschäftigen, sind das IT-Business Alignment und die Industrialisierung von IT-Serviceprozessen", betonte Martini. "Das erkennt man hier an zahlreichen Vorträgen, etwa dem Plenumsvortrag von [Audi-CIO] Klaus Straub." Der Begriff "Industrialisierung" beschreibt in diesem Kontext das Ziel, IT-Services standardisiert und jederzeit reproduzierbar zu erbringen – als Basis für die Evaluierung der IT zum Beispiel für "Make-or-Buy"-Entscheidungen sowie für die hausinterne oder externe Vermarktung von IT-Services. Dieser wichtige Trend hin zur IT-Industrialisierung, der die Grundlage für Prozessexzellenz und Kostentransparenz liefere, habe sich aber an deutschen Universitäten und Fachhochschulen noch nicht ausreichend niedergeschlagen, so Martini: "Die Schere zwischen der Ausbildung an deutschen Bildungseinrichtungen und dem IT-Alltag wächst. Die Unternehmen brauchen heute IT-Berater und nicht Compiler-Entwickler." Diese Kritik gelte den Informatikstudiengängen, aber auch anderen Fachrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen. Zudem gelte: "An Unis ist ITIL noch zu wenig Thema." Dem Nachwuchsmangel in der IT hält Martini entgegen: "Heute ist ein absolut spannender Zeitpunkt, um [an der IT-Industrialisierung] mitzuarbeiten. Denn die IT diffundiert extrem in alle anderen Bereiche."
Die Ausrichtung der IT an Geschäftsanforderungen ist eine Aufgabenstellung, die auch bei ITILv3 in den Mittelpunkt gerückt ist. Problematisch ist laut Martini aber die Bewertung der IT-Servicequalität: Denn der im Kern ITIL-basierte Standard ISO 20.000 sei lediglich ein "Befähigungsnachweis", der nichts über das Qualitätsniveau des gebotenen Services aussage. Deshalb hat das ITSMF zusammen mit DQS ein Gütesiegel erarbeitet, das eine Aussage darüber erlauben soll, wie hochwertig ein IT-Service ist – nützlich zum Beispiel als Qualitätsnachweis für Ausschreibungen der öffentlichen Hand. Neben dem Gütesiegel hat das ITSMF 2007 noch weitere Produkte auf den Markt gebracht: erstens Bücher, darunter eines über ITIL in der öffentlichen Verwaltung, zweitens die Methode "Total Value of IT", einen gemiensam mit Gartner erarbeiteten Beratungsansatz.
Für 2008 hat sich der Verein einiges vorgenommen: Bis Mai sollen die fünf englischen ITILv3-Kernbücher auf Deutsch veröffentlicht sein. Die IT-Industrialisierung erfordert laut Martini zudem ein stärkeres Engagement für Verfahrensanleitungen sowie für Mediationen. "Denn beim Management of Change geht es immer um Menschen", so der ITSMF-Vorstand. Zudem gelte es, das Security-Management stärker in das ITSM-Framework einzubinden. In der Tat ist das Security-Management zwar schon seit ITILv2 ein ITSM-Bestandteil, in der Praxis ist es aber nach wie vor eine separate Spielwiese für Spezialisten. Den Aspekt "IT-Strategie" will das ITSMF stärker ausbauen: "Für viele fehlt da noch etwas Fleisch an den Knochen", so Martini. Zudem erwäge man eine Studie zu ITSM in Deutschland.
LANline/Dr. Wilhelm Greiner