Neue Produkte, Fokussierung im Vertrieb

Lancom Systems stellt die Weichen für die Zukunft

13. September 2024, 7:41 Uhr | Diana Künstler
Robert Malllinson, Chief Officer Sales bei Lancom Systems: „Wir stehen an einem Scheideweg: Entweder wir treiben die Entwicklung weiter voran, oder wir überlassen das Feld denjenigen, die bereit sind, Risiken einzugehen.“
© Lancom Systems

Seit knapp zehn Monaten lenkt Robert Mallinson als Chief Sales Officer die Vertriebsgeschicke des Aachener Netzwerkspezialisten Lancom Systems. Im Gespräch verrät er, welche Überlegungen wichtig sind, um gegen Wettbewerber zu bestehen, und wie man sich künftigen Herausforderungen stellen will.

In einem dynamischen Marktumfeld wie dem der IT- und Netzwerktechnik sind Konsolidierungen keine Seltenheit: sei es die Übernahme von Meraki durch Cisco 2012, von Aruba durch HPE 2015, von Aerohive Networks durch Extreme Networks 2019 oder – wie Anfang des Jahres angekündigt – HPEs Juniper-Akquise. Zuletzt wurde der Tech-Sektor zudem von einer großen Entlassungswelle erfasst, welche Marktbeobachtern zufolge aber bereits wieder abflacht. Laut dem Portal Layoffs haben 2024 bislang 397 Tech-Firmen insgesamt über 130.000 Mitarbeiter entlassen. Betroffen sind unter anderem Tech-Riesen wie Intel, Dell und Cisco, welche damit unter anderem auf schwächelnde Umsätze und Umstrukturierungsmaßnahmen reagieren. Im Februar nannte eine Cisco-Sprecherin „das vorsichtige Makroumfeld, die anhaltende Aufnahme großer Produktbestände durch unsere Kunden und die anhaltende Schwäche des Service-Provider-Marktes“ als Gründe.

Als eine Konstante in diesem volatilen Markt entpuppt sich die Aachener Lancom Systems GmbH. Das Unternehmen ist 2002 aus Teilen der ehemaligen Elsa AG nach deren Insolvenz hervorgegangen. Schon damals zeigte sich, was für Lancom eine Hauptdevise werden sollte: Jede Krise bietet neue Chancen. Mittlerweile hat man sich als führender europäischer Anbieter von Access Points, Routern, Switches, Firewalls und Netzwerkmanagement-Lösungen einen Namen gemacht. Seit 2018 ist der Lösungsanbieter zudem 100-prozentige Tochter von Rohde & Schwarz.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Marktperspektiven und neue Produkte

Um sich in diesem herausfordernden Umfeld gegen größere Marktbegleiter positionieren zu können und „erfolgreich zu bleiben“, wie es Chief Sales Officer Robert Mallinson ausdrückt, verfolgt das Unternehmen verschiedene Ansätze. Zum einen setzt man als deutsches Unternehmen auf Produkte „Engineered in Germany“, um sich von der Konkurrenz aus West und Ost abzusetzen. Besonderen Wert legt Lancom darauf, dass die Firmware aus Deutschland stammt und damit „garantierte Backdoor-Freiheit“ biete. Auf diese Weise könne man sich durch strenge Sicherheitszertifizierungen und die Einhaltung hoher Qualitätsstandards hervortun – Stichwort digitale Souveränität. Das gilt insbesondere für sicherheitsbewusste Sektoren wie Schulen, Universitäten, Behörden und kritische Infrastrukturen.Des Weiteren konzentriert sich das Unternehmen auf den Mittelstand sowie kleinere und mittelständische Unternehmen (KMUs). Diese haben oft spezifische Anforderungen an Netzwerktechnologie und benötigen möglicherweise nicht die umfassenden und oft teureren Lösungen der großen Anbieter. Lancom ist in der Lage, sein Produktportfolio flexibel auf diese speziellen Bedürfnisse hin anzupassen – ohne dabei die grundlegende Integration neuer Technologien zu vernachlässigen (unter anderem Wi-Fi 6/6E, Wi-Fi 7, SD-WAN und Cloud-Management-Lösungen). So hat Lancom bereits seit diesem Sommer Wi-Fi-7-Geräte am Start, welche im Februar erstmalig auf dem MWC vorgestellt worden sind.

Mallinson: „Die nächste Generation von Technologie wird nicht mehr nur von Hardware und Geschwindigkeit definiert. Es geht um Vernetzung, Benutzererfahrung und Sicherheit.“

Ebenfalls auf dem MWC gab Lancom in dem Zuge bekannt, dass man den Fokus künftig klar auf das Thema Nachhaltigkeit legen möchte. So sei der Energieverbrauch der Wi-Fi-7-Geräte dank einem Sustainability Mode niedriger. Dazu kommen Energiemonitoring, umweltfreundliche Verpackungen sowie ein optimierter Lieferumfang für weniger Verpackungsmüll und Elektroschrott. Das Gehäuse lässt man zudem aus 100 Prozent recyclebaren Materialien ohne verklebte Einzelkomponenten in Holland herstellen.

Ein weiteres Highlight auf Lancoms Produkt-Agenda steht im September/Oktober dieses Jahres an: Der Lösungsanbieter plant, mit dem Launch neuer Tier-3-Switches eine schon längst überfällige Produktlücke zu schließen und somit in neue Geschäftsbereiche vorzustoßen.

Fokussierung im Vertrieb

Ein entscheidender Faktor in Lancoms Wertschöpfungskette, um die Produkte schlussendlich auch an den Mann beziehungsweise das Anwenderunternehmen zu bringen, ist das Partner-Ökosystem. Mit seinem Antritt als Lancoms Vertriebs-Chef im November 2023, hatte sich Mallinson klar auf die Fahnen geschrieben, die Channel-Ausrichtung des Aachener Mittelständlers konsequent fortzuführen sowie dessen Partnerlandschaft im In- und europäischen Ausland mit neuen Impulsen zu stärken und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Im Verantwortungsbereich des Chief Sales Officers liegen konkret das nationale und internationale Distributions- und Fachhandelsgeschäft sowie der Vertrieb über Systemintegratoren und Netzbetreiber.

Im Gespräch mit connect professional betont der Lancom-Officer, dass hier in den letzten Monaten einiges auf den Weg gebracht worden sei. So habe man den Vertrieb optimiert, indem er zwischen Partner- und Endkundenbetreuung aufgeteilt wurde, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Da nicht nur der Netzwerkherstellermarkt generell, sondern auch die Partnerlandschaft von Konsolidierungen gezeichnet sei – größere Unternehmen kaufen kleinere Partner auf –, möchte sich auch Lancom Systems strategisch darauf ausrichten und sich auf starke Partnerschaften fokussieren.

Mallinson: „Die Industrie wird sich in den nächsten Jahren radikal verändern. Die Frage ist nicht, ob das passiert, sondern wie schnell.“

Das Partnerprogramm soll zudem im Hinblick auf Managed Services angepasst werden. Bestimmte Lösungen gilt es für Managed Service Provider (MSPs) zu zertifizieren und Partner für ihren Mehrwert und die Erfüllung von Kundenbedürfnissen künftig noch besser zu honorieren. „Deswegen haben wir auch unser Lizenzmodell umgestellt“, erklärt Mallinson. Mittlerweile gebe es ein Service Provider License Agreement (SPLA), mit dem Partner unter anderem in der Lage seien, auch monatliche Abrechnungen vorzunehmen. Einen Nachfrage-Push nach den Leistungen von MSPs und auch Beratungsunternehmen werden mit großer Wahrscheinlichkeit zudem die regulatorischen Anforderungen der EU mit sich bringen: Stichwort NIS2-Richtline, Cyber Resilience Act (CRA) und Digital Operational Resilience Act (DORA), um nur einige zu nennen. Diese erfordern von Unternehmen umfangreiche Anpassungen, was besonders kleinere und mittlere Unternehmen vor Herausforderungen stellen wird.

Und um Partner wie auch Endkunden bei der Produktsuche und im Servicebereich noch besser zu unterstützen, hat Lancom last but not least erste KI-Chatbots auf der Webseite eingeführt, aber auch in anderen Geschäftsbereichen wird KI zum Einsatz kommen. Hinzu kommt: Zertifizierungen und Trainings können nun vollumfänglich auch rein online abgehalten werden. Die Liste der Optimierungen für den Partnerbereich wird immer länger…

David gegen Goliath – oder eine ganz eigene Liga?

Lancoms Rechnung scheint aufzugehen: So haben die Aachener beispielsweise in Kooperation mit der Muttergesellschaft Rohde & Schwarz bereits spezialisierte Produkte, wie gehärtete Switches, für industrielle Anwendungen und das Marine-Umfeld entwickelt. Die zunehmende Integration in R&S-Projekte ist absehbar und laut dem Chief Sales Officer absolut gewünscht. Jüngst hat ein großer Einzelhändler einen Glasfaser-Großauftrag für seine Filialen hierzulande an die Deutsche Telekom vergeben – und die Aachener waren bei der Ausschreibung mit von der Partie. Robert Mallinson wertet dies als großen Erfolg: „Uns ist bewusst, dass wir damit in eine Art David-gegen-Goliath-Position hineinmanövriert werden. Aber diese Herausforderung nehmen wir gerne an.“

„Ich freue mich auf neue Produktentwicklungen und Synergieeffekte, die sich ergeben könnten“, resümiert Robert Mallinson mit Blick auf das Produktportfolio und die angelaufenen Projekte. „Die nächsten zwölf bis 18 Monate werden entscheidend sein. Wer jetzt nicht investiert, wird in fünf Jahren vom Markt verschwinden. Aber wer blindlings investiert, riskiert genauso viel.“ Die Bedenken kommen nicht von ungefähr. Schließlich geht es für Mallinson letztlich auch darum, Lancom Systems auf das nächste Level seines Unternehmensdaseins zu hieven: vom Mittelständler zur Enterprise-Firma. Und das sowohl mit Weitblick als auch auf sicherem Nährboden. „Viele unserer Partner sagen nicht zu Unrecht: ‚Ihr habt Enterprise-fähige Produkte. Jetzt müsst ihr euch als Firma auch kontinuierlich weiterentwickeln.‘“

Wer Robert Mallinson kennt, weiß dabei das Funkeln in den Augen des CSO zu deuten und man kann erahnen, was dessen Antwort darauf lautet (auch wenn er sie nicht laut ausspricht): challenge accepted.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu LANCOM Systems

Weitere Artikel zu LANCOM Systems GmbH

Weitere Artikel zu LANCOM Systems GmbH

Weitere Artikel zu Switches/Router/Load Balancer

Weitere Artikel zu Router

Weitere Artikel zu Access Points

Weitere Artikel zu Netzwerksicherheit

Weitere Artikel zu Netzwerk-Management

Weitere Artikel zu Netzwerkkomponenten

Weitere Artikel zu Netzwerk-Zubehör

Matchmaker+