Auf dem Markt sind eine Vielzahl von Softwarelösungen verfügbar, mit deren Hilfe die IT-Abteilung zentrale Abläufe rund um den IT-Betrieb automatisieren kann. Jedoch sind diese Werkzeuge alleine noch kein Allheilmittel. Wer seine IT-Prozesse automatisieren will, benötigt zuerst eindeutige ITSM-Prozesse (IT-Service-Management), die beispielsweise mittels ITIL-Best-Practices (IT Infrastructure Library) definiert wurden. Nur solche Prozesse kann die IT-Organisation anschließend standardisieren und automatisieren.
Wer bereits länger in der IT tätig ist und die Mainframe-Welt kennt, für den ist die Automation
von IT-Prozessen nichts Neues. Vergleichsweise neu hingegen ist ihr Einsatz in verteilten
IT-Umgebungen.
Viele Abläufe im Rechenzentrum lassen sich generell beschleunigen – dies gilt insbesondere für
regelmäßig wiederkehrende Routineaufgaben. Darüber hinaus steigen die Service-Qualität und die
Kundenzufriedenheit, wodurch sich ein direkter Wettbewerbsvorteil ergibt.
Oftmals geht es darum, lange Wochenendarbeiten und Überstunden zu reduzieren. Bei diesen
Tätigkeiten werden fachlich hoch qualifizierte Mitarbeiter durch einfache administrative Aufgaben
gebunden. Damit hilft die Automatisierung auch aus dem prinzipiellen Dilemma vieler IT-Abteilungen:
mit weniger IT-Budget und verringerter Mannschaft immer mehr Aufgaben erledigen zu müssen. Wer
regelmäßig anfallende Tätigkeiten im Rechenzentrum identifiziert und diese automatisiert, optimiert
damit den Einsatz von Budgets und Mitarbeitern.
Ein weiterer Vorteil ist die gesteigerte Betriebssicherheit in komplexen IT-Umgebungen. Ein
Beispiel hierfür ist das regelmäßige Einspielen von Patch-Clustern zur Erhaltung des
Produkt-Supports. Gerade bei Standardsoftware wiederholen sich diese Aufgaben regelmäßig. In der
Regel werden hier Anwendungen und Systeme in immer gleicher Folge heruntergefahren, gepatcht und
wieder in definierter Folge gestartet. Bei diesen Standard-Changes kann ein Fehler schnell zum
Stillstand ganzer Abteilungen führen und dazu, dass SLAs (Service Level Agreements) nicht mehr
eingehalten werden können. Unter Umständen kommt es sogar zu Produktionsausfällen. Die Folge können
Regressforderungen der Kunden sein. Dabei lassen sich diese Changes mithilfe von
Automatisierungswerkzeugen stark vereinfachen und die beschriebenen Risiken vermeiden.
In diesem Zusammenhang gilt es auch, das Thema Compliance aus rechtlicher Sicht des Unternehmens
zu beachten. Hier ist zu klären, welche Personen auf die Basissysteme zugreifen dürfen. Schließlich
lagern auf zentralen IT-Systemen kritische Informationen wie Kunden- und Konto-, Bonitäts- und
Vertragsdaten sowie Schriftwechsel und Personalakten. Mit automatisierten Prozessen ist es möglich,
entsprechende Zugriffe zuverlässig einzuschränken und nachvollziehbar zu machen.
Diese Punkte geben einem Unternehmen erste Hinweise, ob und wann sich eine Automatisierung von
IT-Prozessen rechnet. Zur Evaluation, in welchen Bereichen besonders hohe Einsparungen oder
Verbesserungen zu erreichen sind, ist eine gründliche Analyse der wiederkehrenden Tätigkeiten
notwendig. Zu Erfassen ist, welche Ressourcen für Standardprozesse gebunden werden, wie lange diese
Tätigkeiten dauern und wie häufig sich diese Prozesse wiederholen. Mit diesen Daten können
Unternehmen den tatsächlichen Mehrwert von automatisierten IT-Prozessen sehr konkret bestimmen.
Vom Alltäglichen befreit
Eine aktuelle IT-Service-Management-Befragung von Materna hat ergeben, dass mehr als 60 Prozent
der befragten Unternehmen derzeit Automationsansätze im Einsatz haben. Aktuell sind bei den
Befragten Automationslösungen vorrangig in den Bereichen der Installation sowie Virtualisierung im
Einsatz. Dabei wird Automatisierung als Entlastung von Routinetätigkeiten gesehen. Automation
umfasst viele Aspekte, sollte jedoch nicht als eine Art Schweizer Taschenmesser angesehen werden,
das universell und für alle Problemstellungen gleichermaßen einsetzbar ist. Zu differenzieren ist
die Service-Automation, auch Runbook-Automation oder Service-Orchestration genannt, von der
technischen Automation mit den drei Disziplinen Client-, Server- und Netzwerkautomation.
Die Service-Automation umfasst alle operativen Prozesse mit einem organisatorischen Hintergrund.
Ziel ist es, komplette Arbeitsabläufe über alle technologischen Grenzen zu orchestrieren und
automatisiert ablaufen zu lassen.
Wiederkehrende Abläufe betreffen beispielsweise das Einrichten neuer Mitarbeiter-Accounts oder
das Aufsetzen neuer Server und zwar von der Bestellung bis zur Bereitstellung. Ein Service-Prozess
setzt sich aus einzelnen Schritten zusammen, wie Ausführung der Bestellung aus einem Katalog,
Freigabe der Bestellung, Einrichtung, Abnahme und Information der Leistungsnutzer, inklusive der
Abfrage und Anreicherung von Daten, aber auch die Eskalation bei zeitlichen Verzögerungen.
Hierdurch wird der Service-Desk von Standard-Changes entlastet, ohne die Kontrolle zu
verlieren.
Das Ergebnis ist, dass alle Mitarbeiter über ihre Aufgaben innerhalb des Workflows informiert
sind. Sie erhalten aktuelle Nachrichten über Bereitstellungstermine, Bestätigungen und eventuelle
Eskalationsprozesse. So wird automatisch der gesamte Prozess dokumentiert bis hin zu Einträgen im
Lizenz-Management. Dieses durchgängige Prozess-Management über die gesamte Wertschöpfungskette
hinweg ist ein wesentlicher Aspekt der Service-Automation.
Hierbei ist es unerheblich, ob ein organisatorischer Freigabeprozess oder ein IT-basierender
Prozess, wie das Aufspielen einer neuen Anwendung auf einen Arbeitsplatzrechner, automatisiert
werden soll. Erst durch das enge Zusammenspiel der Service-Automation und der technischen
Automation ist es möglich, ITIL-Prozesse aus den Phasen "Service-Transition" und "Service-Operation"
in einem Schritt durchzuführen. Ein Service-Katalog und die Automation helfen dabei, dass der
Auftraggeber selbst die Anforderungen bestimmt und die Durchführung startet. Die Leistungen sind
hierbei stets transparent nachvollziehbar und reduzieren den Kommunikationsaufwand und den
Bereitstellungsvorlauf.
Abläufe aus dem Change- und Incident-Management, die nach ITIL-Vorgaben umgesetzt wurden,
verfügen über ein besonders hohes Optimierungspotenzial. Diese Abläufe sind erfahrungsgemäß in fast
allen Unternehmen zu finden. Im Incident-Management gibt es viele reaktive Tätigkeiten, bei denen
der Service-Desk aufgefordert wird, eine Störung (Incident) zu beheben. Eine Vielzahl lässt sich
rasch beheben, beispielsweise durch den Neustart eines Services und die Erweiterung von Konten oder
Speicherbereichen. Bislang gibt es bei diesen Aufgaben einen Bruch zwischen den Mitarbeitern, die
eine Störung annehmen und denen, die eine Störung beheben, da nur diese die erforderlichen Rechte
besitzen, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Mit der Automation lassen sich bekannte Incidents
inklusive einer definierten Problembehebung auf den Service-Desk übertragen, ohne dass die
Mitarbeiter zusätzliche Rechte auf die Systeme erhalten. Hierdurch reduzieren sich Störungszeiten,
die Administratoren werden entlastet und Änderungen automatisch dokumentiert.
Ein noch weiter führender Ansatz ist die Verbindung der Automation mit dem System-Management.
Moderne Monitoring-Werkzeuge ermitteln durch Verfahren wie Predictive Analytics zu erwartende
Fehler lange bevor die Störung eintritt. Das Unternehmen kann also reagieren, bevor der Incident
eintritt. Die Automation unterstützt, um noch einen Schritt weiter zu gehen: Die Gegenmaßnahme vor
Eintritt einer Störung automatisch einzuleiten. Gesteuert durch einen zuvor definierten
Schwellenwert kann beispielsweise ein weiterer Print- oder Anwendungs-Server hinzugeschaltet
werden, um so Lastspitzen abzufangen.
Die Technik fest im Griff
Die technische Automation ist eine Ebene tiefer angesiedelt und wesentlich häufiger im
IT-Betrieb anzutreffen. Meist handelt es sich um klar definierte und häufig wiederkehrende
technische Prozesse, die sequenziell durchgeführt werden. Die meisten Unternehmen nutzen bereits
Automatismen für ihre Anwendungen und Plattformen. Diese Verfahren beschränken sich häufig auf eng
begrenzte Aufgabenfelder. So sind im Client-Management bereits vielfach Produkte zu finden, die
neben der Softwareverteilung zusätzliche Aufgaben übernehmen. Dahingegen sind bei der Server- und
Netzwerkautomation die meisten Lösungen individuell implementiert oder es sind Softwarewerkzeuge
von den Produktherstellern über Skripte eingebunden. Alle Lösungen haben die Aufgabe, einzelne sehr
aufwändige Prozesse zu optimieren.
Für die Service-Automation ist es unerheblich, welche Software-Tools zum Einsatz kommen, da
spezielle Konnektoren die Integration mit den übrigen Werkzeugen übernehmen. Eine solche
Schnittstelle hat in dem Standardisierungsprozess die Aufgabe, Attribute und Kennzahlen
weiterzuleiten oder zu empfangen und so entsprechende Workflows auszulösen. Entsprechende
Schnittstellen gibt es unter anderem für Web-Services, beispielsweise SOAP, für Datenbanken und für
eine Vielzahl von Konsolen. Die großen Hersteller haben alle einen Baukasten an Schnittstellen für
ihre Produkte im Angebot. Die technische Automation – also die Client-, Server- und
Netzwerk-Automation – benötigt speziell auf die jeweiligen IT-Komponenten angepasste Werkzeuge.
Letztlich gilt aber für alle Formen der Automation, dass zuvor die betrachteten Prozesse präzise
definiert und standardisiert sein müssen, damit sie sich automatisiert durchführen lassen. Ein
Unternehmen muss hier abwägen, wo das größte Optimierungspotenzial besteht und welche Aufgaben
dabei sinnvoll unterstützt werden.