Thin Clients versus Desktop-PCs

Öko-Arbeitsplätze

29. Mai 2007, 23:45 Uhr | Dr. Wilhelm Greiner

Laut einer Fraunhofer-Studie erzielen Thin Clients (TCs) eine deutlich bessere Ökobilanz als traditionelle "fette" Desktop-Rechner. Von besonderem Interesse für Unternehmen sind mögliche Ersparnisse durch den geringen Stromverbrauch der TCs. Doch auch beim PC-Einsatz lässt sich Strom sparen. Laut Gartner ist dabei die Aufklärung der Endanwender über Energieaspekte wichtiger als ein Umstieg auf das angeblich so stromsparende Windows Vista.

Die gesamte IT-Industrie entdeckt dieser Tage gezwungenermaßen ihr grünes Gewissen. So betonen auch die Thin-Client-Hersteller gerne, dass ihre Geräte sparsamer mit Strom umgehen als die Konkurrenz von der PC-Fraktion. Dieser Vorteil muss an sich nicht verwundern, gehört es doch zum TC-Designprinzip, ohne Festplatte und in der Regel auch ohne Lüfter auszukommen. Der Verzicht auf bewegliche Teile schlägt sich natürlich im geringeren Stromverbrauch nieder.

Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) hat nun im Dezember 2006 dargelegt: Dieser Vorsprung der TCs hat auch dann Bestand, wenn man die Betriebs- und Kühlungskosten für den Terminalserver, der beim TC-Einsatz im Rahmen von Server-based Computing (SBC) erforderlich ist, anteilig mit einrechnet. Zudem, so die Fraunhofer-Forscher, können TCs dank kompakterer, komponentenärmerer Bauweise auch bei Produktion, Versandlogistik und Entsorgung in ökologischer Hinsicht punkten. Auftraggeber der Studie war der Bremer TC-Hersteller Igel, der nicht zuletzt dank seines ökologisch korrekten Logotiers auf dem besten Weg ist, seine Produkte tatkräftig als grüne PC-Alternative zu vermarkten. Von den Ergebnissen der Studie werden aber wohl auch die übrigen TC-Hersteller profitieren, darunter Wyse, Neoware, HP und Fujitsu-Siemens ebenso wie Sun, VXL, Chip PC, Thinner und zahlreiche weitere.

In der Studie "Ökologischer Vergleich von PC und Thin Client Arbeitsplatzgeräten" berücksichtigten die Forscher Aspekte aus der Herstellung und Produktionslogistik, dem Arbeitsalltag und der Entsorgungsphase. Die für IT-Abteilungen wohl wichtigste Facette: TCs halbieren die Stromrechnung pro Arbeitsplatz - Betriebs- und Kühlungskosten für die Terminalserver bereits mit eingerechnet.

Thin Clients - die schlanken Endgeräte für die Nutzung von Applikationen, die auf Terminalservern, meist von Citrix oder Microsoft, laufen - kommen in zahlreichen Unternehmen als PC-Alternative zum Einsatz, in der Regel für Endanwender mit gleichartigen, wiederkehrenden Tätigkeiten. Der Einsatz ist aber nicht prinzipiell auf solche "Task Workers" beschränkt. Deshalb teilt die Fraunhofer-Studie die Benutzer in drei Gruppen ein: Light, Medium und Heavy Users.

Der Light User ist definiert als Anwender, der normalerweise nur eine einzige Applikation zur Datenerfassung oder auch für E-Mail benutzt. Geräteseitig bestehen hier nur geringe Anforderungen an die Rechenleistung und den Hauptspeicher des Clients. Ein Medium User nutzt zwei bis drei Applikationen, darunter Client-/Server-Anwendungen mit Datenbankzugriff. Dies erhöht den Bedarf an Client-Rechenleistung. Der Heavy User benutzt laufend mehrere Anwendungen gleichzeitig, bearbeitet große Grafiken oder Dokumente und kommuniziert intensiv per E-Mail. Dieser Multitasking-Betrieb erfordert das stärkste Client-Gerät. Entsprechend hat das Fraunhofer-Institut für die Studie praxisnahe Geräte gegenübergestellt, so zum Beispiel für den Light User einen zwei Jahre alten PC, da "ältere Systeme gerade an Arbeitsplätzen mit geringem Ressourcenbedarf oftmals über einen deutlich längeren Zeitraum eingesetzt werden" als bei anforderungsstärkeren Anwendern.

Auch auf TC-Seite kamen entsprechend gestaffelt ausgerüstete Geräte zum Einsatz. Den Terminalserver - in der Studie ein HP Proliant DL360 mit zwei Intel-Xeon-Prozessoren und 4 GByte RAM - haben die Forscher bei der TC-Energiebilanz anteilig mit eingerechnet, wobei sie von 20 TC-Anwendern pro Server ausgingen. Den Kühlungsaufwand berücksichtigt die Studie durch Annahme eines verdoppelten Stromverbrauchs für den Server.

Client-Stromverbrauch halbiert

Die Leistungsaufnahme der drei TC-Typen liegt laut der Studie unter Einbezug von Serverstromverbrauch und -kühlung zwischen 39 und 44 Watt. Die PC-Vergleichssysteme verbrauchen zwischen 68 und 96 Watt (Tabelle 1). Der rein rechnerische Mittelwert des TC-Verbrauchs lag also bei 41 Watt, der von PCs bei 85 Watt. Damit sind die Thin Clients laut Fraunhofer Umsicht im Mittel um den Faktor zwei "energetisch günstiger" als Desktop-PCs. Bei einem Strompreis von 15 Cent pro kWh verursacht ein Thin Client somit pro Jahr, wie Igel zufrieden vorrechnet, nur 4,22 Euro an Stromkosten, inklusive Serveranteil 10,82 Euro, während ein PC mit 22,35 Euro zu Buche schlägt (Tabelle 2).

Das Stromsparpotenzial ist also erheblich. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass beim Einsatz von Notebooks der Vorsprung der TCs nicht so klar ausfallen dürfte, da Notebooks via Hard- und Software eine Reihe von Stromsparfunktionen mitbringen, um die Batterielebensdauer auszudehnen. Die softwaregesteuerten Stromsparfunktionen sind prinzipiell auch für PCs nutzbar. Sie lassen sich als Policies zentral vorgeben und verwalten (siehe Beitrag "Energie effizient nutzen" auf Seite 22).

PC-Energieverbrauch reduzierbar

Unter Verweis auf eine britische Studie verkündete Microsoft im März, durch die Energiesparfunktionen des neuen Win-dows Vista ließen sich pro PC und Jahr 46 britische Pfund an Stromkosten einsparen. Gartner-Analyst Simon Mingay kommentierte dies jedoch sehr skeptisch: "Vistas Verbesserungen des Power-Managements sind nützlich, aber begrenzt. Ähnliche Einschnitte im Energieverbrauch sind auch mit XP-basierten Systemen durch Änderung des Benutzerverhaltens möglich - zum Beispiel, indem man PCs nach Dienstschluss ausschaltet."

Gartner schätzt, dass PCs über 0,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursachen. Gegenüber Windows XP biete Vista aggressivere Default-Settings für das Power-Management und bessere Kontrolle über diese. Zudem können Vista-Anwendungen die Power-Managementvorgaben nicht überschreiben. "Obwohl Vistas Power-Managementtechnik hilfreich ist," so Mingay, "erfordert ein umfassendes Energiesparprogramm zudem, Menschen und Prozesse ebenfalls zu berücksichtigen." Er rät deshalb zu Aufklärung und Motivation der Benutzer mit dem Ziel, XP-Stromsparmechanismen tatsächlich zu nutzen. Dazu zählen so grundlegende Schritte wie das allabendliche Herunterfahren des PCs, das Abschalten von Screensavern oder auch die Vorgabe der Einstellung, dass der Monitor nach zehnminütiger Inaktivität in den Standby-Modus schaltet. Der Gartner-Analyst verweist auf sehr positive Resonanz von Anwenderseite, sofern der Arbeitgeber solche Maßnahmen als Teil eines breit angelegten Energiesparprogramms propagiert.

Mingay warnt zudem, dass Umweltschutzgruppen in zunehmendem Maße kritisch beäugen werden, ob Softwareanbieter die Anwender nötigen, für Software-Upgrades bestehendes Hardwareequipment vorzeitig zu ersetzen - ein weiterer Seitenhieb auf den Redmonder Softwaregiganten, dessen OS Vista als Ressourcenfresser gilt. Der Gartner-Mann fordert deshalb: "Software-Companies sollten dem Beispiel der Mobiltelefondesigner folgen und Anwendungen mit einem deutlich geringeren ökologischen Footprint entwickeln."

Produktionsweg und Entsorgung

Zur Ökobilanz eines Clients zählen neben dem Stromverbrauch beim Arbeitseinsatz weitere Aspekte der Umweltverträglichkeit, vor allem der Material- und Energieverbrauch bei Produktion und Logistik sowie der Anteil recyclingfähiger Bestandteile. Laut der Umsicht-Studie schneiden Thin Clients beim Materialverbrauch selbst im Worst Case um den Faktor 2,5 besser ab als PCs. Hier macht sich positiv bemerkbar, dass TCs aus deutlich weniger Komponenten bestehen als PCs.

Die Herstellung von PCs und TCs sowie deren Komponenten erfolgt großteils in Asien. Dies bringt einen in ökologischer Hinsicht ärgerlichen, aber angesichts einer globalen Wirtschaft kaum vermeidbaren Logistikaufwand mit sich. So ist es ökologisch hilfreich, dass TCs aufgrund geringerer Volumina wesentlich weniger Platz in Containern beanspruchen als PCs: Umsicht nennt für TCs Transportvolumina zwischen 10,9 und 15,8 dm3, für PCs zwischen 78,3 und 116,5 dm3. Einschließlich des Serveranteils beanspruchen TCs laut der Studie im Vergleich zu PCs nur zirka 18 bis 30 Prozent des Transportvolumens und 35 bis 40 Prozent des Transportgewichts. Entsprechende Vorteile ergeben sich bei der Entsorgung. Zudem sind laut Igel 76 bis 99 Prozent der TC-Bestandteile recyclingfähig. Eine detailliertere Studie, die auch den Material- und Energieverbrauch der Zulieferer beim Produktionsprozess berücksichtigt, wäre ein sinnvolles Thema für eine Folgestudie. Laut Igel wird es aber schwierig sein, bei den Zulieferern hierzu verlässliche Daten zu erheben.

Der Energieverbrauch der IT wird künftig eines der zentralen Themen für Unternehmen sein. Mit TCs lässt sich der Verbrauch auf Client-Seite deutlich senken. Auf jeden Fall aber gilt es, die Mitarbeiter in Energiesparprogramme einzubinden. Der Umweltschutz kann nur mit ihnen funktionieren.


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