Ein Blick auf die Lüftungsanlagen zeigt, wie komplex die Technik ist. Immerhin handelt es sich um die größte Tunnelbelüftung, die weltweit bisher gebaut wurde. Die Leistung der Lüftung beträgt 15,6 MW. ABB hat die Geräte für die Stromversorgung, die Antriebe für die Ventilatoren, die Ansteuer- und Kontrollgeräte, die gesamte Tunnelsensorik, darunter die Brandorterkennung, und die dafür erforderliche Kommunikationstechnik geliefert. Das Belüftungssystem ist redundant aufgebaut und entspricht deshalb den hohen Sicherheitsanforderungen im Tunnel. Dabei sind die Anforderungen, die ein Tunnel an die Robustheit der Ausrüstung stellt – seien es nun Trafos, Schaltanlagen, Umrichter oder schlicht Kabel – sehr hoch. Das fängt bei der Verschmutzung durch Salzeintrag, Staub und Rußpartikel an. Dazu kommen sehr hohe Druckschwankungen, denen das Material ausgesetzt ist. Denn wenn die Züge durch den Tunnel rasen, dann kann der Druck schnell um ±10 hPa pendeln.
Aufwändig hierfür ist vor allem der Test, um sicher zu sein, dass die Anlagen die Anforderungen aushalten. »Wir haben in speziellen Anlagen 100.000 Zyklen simuliert, um sicher zu stellen, dass sich die Anlagen dadurch nicht verändern. Das dauert aber immerhin drei Monate!«, erklärt Rüfenacht. Allerdings lohnt sich der Aufwand. Insgesamt tragen alle Infrastruktur-Elemente für den Tunnel dazu bei, dass er nicht nur sehr energieeffizient betrieben werden kann, sondern auch sehr zuverlässig: Selbst Stromausfälle des öffentlichen Netzes können ihm nichts anhaben. Rüfenacht: »Dieser Eisenbahntunnel steht in Punkto Sicherheit keinem Straßentunnel nach.«
Doch auch wenn die Dimensionen des Gotthard-Projekts für ABB neu waren, so konnte das Unternehmen doch auf die langjährige Erfahrung im Bau von Eisenbahntunneln zurückgreifen. »In diesem Jahr können wir sogar den hundertsten Geburtstag unserer Partnerschaft mit der SBB feiern«, freut sich Rüfenacht. »Seit 1906 arbeiten wir beim Bau von Tunnel zusammen.«