Servervirtualisierung gehört bei immer mehr Unternehmen zu den wichtigsten Projekten, können sie doch so Energie- und Verwaltungskosten sparen, aber auch die Hardware besser ausnutzen. Eine Hürde bei der Virtualisierung ist die Migration der physischen Server zu virtuellen Maschinen. Diesem Problem widmet LANline deshalb eine Testserie. Den Anfang macht Powerconvert 7.0 des im März von Novell übernommenen Anbieters Platespin.
Bei der Virtualisierung bestehender Server spricht man von einer P2V-Migration (Physical to
Virtual). Der Ablauf ist bei dieser Art von Migration grundsätzlich immer gleich: Die
Betriebssystempartition eines physischen Servers wird als Image gesichert und auf einem virtuellen
Server wiederhergestellt. Systemverwalter müssen die Daten des Quellservers kopieren sowie Treiber
und Anwendungen installieren, wenn diese nicht bereits übernommen sind. Abschließend steht der Test
der virtuellen Maschine mit den notwendigen Applikationen an. Problematisch sind bei dieser
Migration häufig die notwendigen Konvertierungen von IDE- zu SCSI-Treibern oder umgekehrt sowie
Server, die mit mehreren Betriebssystemen laufen. Auch das Wechseln der Prozessoranzahl bereitet
oft Schwierigkeiten, ebenso spezielle Hardware wie zum Beispiel Einsteckkarten für ISDN oder
Dongles. Bei näherer Betrachtung ist also schnell klar, dass eine Migration zu virtuellen Servern
oft kein einfacher Weg ist und zusätzliche Serverlösungen helfen müssen.
Aus diesem Grund greifen Unternehmen gerne zu Migrationswerkzeugen, die sie bei dieser
Umstellung unterstützen. Will ein Unternehmen nur einzelne Server virtualisieren, ist der Einsatz
solcher Lösungen nicht notwendig, hier kommen Systemverwalter oft schneller mit Handarbeit ans
Ziel. Besteht aber die Notwendigkeit, zahlreiche Server oder gar eine ganze Serverlandschaft von
physischen zu virtuellen Servern zu migrieren, sind Anwendungen wie Powerconvert eine wertvolle
Hilfe.
Powerconvert selbst ist eine Serverlösung, die vor der Umstellung auf einem eigenen Server
installiert sein will. Natürlich kann dafür auch ein virtueller Server dienen. Die Software
unterstützt die Konvertierung physischer Festplatten zu den verschiedensten
Virtualisierungslösungen. Vmware Server, ESX, aber auch Xen und Microsoft Virtual Server gehören zu
den unterstützen Produkten. Allerdings unterstützt Powerconvert nicht Xen Enterprise Server mit
internen Netzwerkkarten. Nach der Installation des Tools zeigt die Verwaltungsoberfläche alle
vorhandenen physischen Server sowie die möglichen virtuellen Zielserver an. Mit der
Verwaltungsoberfläche steht damit ein zentrales Interface zur Verfügung, um die Images der
physischen Server zu verwalten und einem beliebigen virtuellen Server zuzuweisen.
Neben der Unterstützung der gängigen Windows-Betriebssysteme als Gast ist ein großer Vorteil von
Powerconvert die Möglichkeit der Migration von Linux-Systemen mit Red Hat 7 oder 8 sowie Suse Linux
Enterprise Server (SLES) in den Versionen 8, 9 und 10. Die Übertragung von Linux-Servern, bei denen
die Kernel angepasst und neu kompiliert sind, garantiert der Hersteller aber nicht. Hier sollten
Systemverwalter ausführlich testen, ob die Übertragung gelingt. Leider unterstützt Powerconvert in
der aktuellen Version 7.0 offiziell weder Windows Server 2008 noch Microsofts neue
Virtualisierungslösung namens Hyper-V. Unternehmen, die planen, im Rahmen ihrer Migration zu
Windows Server 2008 gleichzeitig zu virtualisieren, sollten also auf eine der nächsten Versionen
warten, die dann sicherlich Windows Server 2008 unterstützen werden.
Auch mit der Übertragung von Windows-NT-4.0-Systemen hat Powerconvert noch etwas Probleme. Diese
äußern sich darin, dass Berechtigungen von Dateien während der Übertragung verloren gehen können.
So sollten also auch Unternehmen, die ältere Server virtualisieren wollen, die Migration gründlich
testen und vor allem Dateiberechtigungen im Auge behalten oder besser gleich aktualisieren.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Powerconvert nicht nur selbst erstellte Images lesen kann.
Unternehmen, die Images mit Acronis True Image 8 und 9.1 oder mit Symantec Livestate 3 und 6
erstellt haben, können diese Images für die Migration zu virtuellen Servern verwenden. Auch
Symantec Ghost unterstützt das Tool in den Versionen 2001 und 2003. Daneben unterstützt
Powerconvert auch verschiedene Backup-Archive, zum Beispiel Doubletake. Allerdings unterstützt es
nicht alle Versionen dieser Produkte. Auch hier sind also vor der tatsächlichen Migration
ausgiebige Tests angesagt. Nützlicherweise verfügt Powerconvert über eine
Disaster-Recovery-Funktion für den Fall, dass bei der Migration etwas schiefgeht.
Auch die Migration von einem virtuellen Server zu einem anderen virtuellen (V2V) unterstützt
Platespin, zudem lassen sich physische Server auf andere physische Server migrieren. Natürlich
besteht auch die Möglichkeit, virtuelle Server wieder zurück zu physischen Servern zu migrieren. In
der neuen Version 7.0 unterstützt Powerconvert zudem 64-Bit-Server als Gast.
Auch inkrementelle Images lassen sich mit der neuen Version jetzt erstellen. Die Übertragung der
Daten führt Powerconvert auf Wunsch blockbasiert durch, was wesentlich schneller abläuft als die
Übertragung einzelner Dateien vom Quell- auf den Zielserver. Leider sind die Statistikfunktionen in
der Anwendung bei dieser Art der Übertragung noch fehlerhaft, sodass die angezeigten Daten nicht
mit der tatsächlich übertragenen Datenmenge übereinstimmen. Die Übertragung lässt sich dateibasiert
durchführen, wenn das für einzelne Server gewünscht ist.
Vor der Migration virtueller Server mit Powerconvert steht zunächst die Installation des
Produkts auf einem eigenen Server an. Die notwendigen Daten zur Migration speichert das Tool in
einem Microsoft SQL Server 2005 Express Edition. Diese Datenbank lässt sich bei der Installation
von Powerconvert automatisch mitinstallieren. Außerdem benötigt der Server noch den IIS ab Version
5, das Dotnet-Framework 2.0 sowie ASP Dotnet. Nach der Installation und der notwendigen Aktivierung
über das Internet oder per Lizenzdatei zeigt eine übersichtliche Verwaltungsoberfläche automatisch
alle physischen Server im Netzwerk an. Auch manuell lassen sich einzelne Server integrieren.
Jede Konvertierung zu einem virtuellen Server bezeichnet die Anwendung als "Job". Beim Start
eines solchen Jobs lassen sich Einstellungen wie Zielmaschine, Netzwerke, Laufwerke und
Betriebssystem in der grafischen Oberfläche anpassen. Den Fortschritt der Konvertierung zeigt
Powerconvert an, eine Automation ist möglich. Ist eine solche automatisierte Konvertierung
abgeschlossen, benachrichtigt Powerconvert Systemverwalter auch per E-Mail.
Die Dauer einer solchen Migration hängt in erster Linie vom Datenvolumen des Quellservers, der
Netzwerkgeschwindigkeit und natürlich der Geschwindigkeit der Zielmaschine ab. In unserem Test hat
die Übertragung von etwa 8 GByte auf einen virtuellen Zielserver zirka 1,5 Stunden gedauert.
Natürlich lassen sich mehrere Konvertierungen parallel durchführen. Durch die zentrale
Verwaltungsoberfläche haben Unternehmen dann die Konvertierung aller physischen Maschinen zentral
im Blick.
Ein großer Vorteil der Lösung ist, dass die Quellserver für das Übertragen der notwendigen Daten
produktiv bleiben können: Powerconvert erstellt Images im laufenden Betrieb, auch ohne dass auf den
Servern ein spezieller Agent installiert sein muss. Bei Exchange- sowie bei SQL-Servern stoppt
Powerconvert allerdings die Systemdienste, sodass Anwender nicht mehr auf diese zugreifen
können.
Vor allem bei Servern, die ohnehin schon stark ausgelastet sind, kann die Liveübertragung der
Daten die Systemlast deutlich erhöhen. Schon allein aus diesem Grund bietet sich eine Übertragung
der Daten außerhalb der normalen Geschäftszeiten an. Praktischerweise erlaubt es das Tool,
Konvertierungen per Zeitplan zu steuern. So lassen sich Server in den Abendstunden übertragen, wenn
keine Anwender mit dem produktiven System verbunden sind.
Nachdem ein Übertragungsjob per Schedule geplant ist, benötigt die Anwendung keinerlei Eingaben
mehr und führt die Übertragung zur virtuellen Maschine selbstständig durch. Windows-Server lassen
sich bei der Liveübertragung auch per Snapshot übertragen. Hierzu nutzt Powerconvert den
Schattenkopiedienst (Volume Shadow Service, VSS) von Windows Server 2003.
Neben der Liveübertragung lassen sich die Daten der Quellserver aber auch im so genannten
Take-Control-Transfer übermitteln. In diesem Modus bootet Powerconvert den Quellserver mit einer
speziellen Boot-Umgebung. Für Windows-Server basiert diese Umgebung auf Windows PE (Pre-
Installation Environment), für Linux-Server verwendet das Tool eine Linux RAM-Disk. Diese
Übertragung empfiehlt der Hersteller, da hier die Datenintegrität und -konstistenz gewährleistet
sind. Bei dieser Methode sind keine Dateien auf dem Quellserver in Benutzung, sodass keine Fehler
aufgrund gesperrter Dateien auftreten.
Platespin stellt zwar einiges an Dokumentation bereit, eine deutsche Übersetzung fehlt
allerdings: Die Anwendung sowie die Dokumentationen und Anleitungen stehen nur in englischer
Sprache zur Verfügung. Vor allem Systemverwalter, die sich mit dem Thema Virtualisierung noch nicht
allzu intensiv beschäftigt haben, können dadurch schon etwas ins Straucheln kommen, wenn bei der
Konfiguration der Software oder der Konvertierung etwas nicht läuft wie geplant. Das englische
Handbuch ist dafür mit fast 170 Seiten einigermaßen umfangreich und deckt die wichtigsten Fragen
ab. Lizenzierten Kunden steht zudem eine Knowledge Base zur Verfügung. Vor der ersten Migration
sollten Anwender jedoch das Handbuch durcharbeiten, da es einige Punkte behandelt, die ansonsten
untergehen. Beispiele sind die optimale Übertragung von Exchange-Servern sowie notwendige Vor- und
Nacharbeiten zur Migration. Für ein so komplexes Unterfangen wie die Virtualisierung von Servern
wäre ein deutsches Handbuch allerdings eine wesentlich bessere Unterstützung.
Abhängig von der eingesetzten Powerconvert-Version kann es zu Problemen bei der Installation der
Anwendung kommen. Diese äußern sich darin, dass sich die SQL Server 2005 Express Edition nicht
installieren lässt, sondern mit einer Fehlermeldung abbricht. Dem liegt ein Fehler in der
Konfigurationsdatei "Powerconvert.hta" zugrunde, die mit deutschen Servern Probleme hat. Der
Hersteller tauscht in neueren Versionen diese Datei aus, die sich im Installationsverzeichnis
befindet. Wer Probleme mit der Anwendung hat, erhält auf Anfrage eine angepasste
Installationsdatei.
Probleme bereitet Powerconvert außerdem noch die Übertragung von Servern, die gleichzeitig als
Domänencontroller und als Exchange-Server dienen. Eine Lösung für das Problem ist noch nicht
verfügbar. Deutschsprachige Server lassen sich generell problemlos übertragen, hier bestehen
lediglich die beschriebenen Hürden.
Einzelmigrationen starten preislich bei 175 Euro, Dauerlizenzen bei 475 Euro und Disaster
Recovery bei 975 Euro. Ein Assessment mit Virtualisierungsplanung gibt es schon ab 1,75 Euro pro
Server und Tag, zum permanenten Einsatz für 395 Euro pro Workload.
Info: Novell/Platespin Tel.: 0211/5631-0 Web: www.platespin.com