Werkzeuge zur Durchführung rechnergestützter Meetings ersparen Reisezeit und Kosten: Sie ermöglichen die Kommunikation über Länder- und Zeitgrenzen hinweg. Zudem warten Online-Meeting-Tools mit Funktionen für den Fernzugriff und das Application-Sharing auf. Dabei erfordern sie in der Regel keine Installation einer Client-Software: Die Teilnahme an einer Onlinekonferenz erfolgt im einfachsten Fall per Browser.
Remote Control, Desktop- und Application-Sharing sowie Online-Meeting-Tools sind im Prinzip
nichts Neues. Neu ist aber die verstärkte Integration dieser Funktionen in Suites, wie sie die hier
vorgestellten Lösungen bieten: Sie verknüpfen Funktionen für die Fernsteuerung, Instant Messaging,
Video Conferencing und E-Mail. Ihre Anwendungsmöglichkeiten reichen vom IT-Support bis hin zu CRM
(Customer Relationship Management): Sie dienen als Werkzeug für den IT-Helpdesk, um Benutzer bei
Problemen zu unterstützen, ferner als Kommunikationsplattform mit Kunden und schließlich als
Hilfsmittel zur Abwicklung virtueller Besprechungen, wie dies zum Beispiel Microsoft mit Netmeeting
seit Jahren offeriert. Derartige Tools enthalten teils Funktionen für die Aufzeichnung des Meetings
sowie das Auditing und Reporting mit Analysen und Statistiken über Besucher, Dauer, Zeiten und
Frequenz der Kommunikation.
Spezielle Softwaremodule bringen hier zwei oder mehr Kommunikationspartner über das Netz
zusammen. Gerade im Dialog mit Kunden oder Partnern wird es aber kaum vermittelbar sein, auf deren
Geräten vorab Kommunikationssoftware zu installieren, wie dies der Großteil traditioneller
Remote-Control-Werkzeuge verlangt.
Stattdessen gilt es, die notwendigen Codebausteine bei Bedarf schnell zum Zielgerät zu bringen.
Während geladene .exe-Module der regelmäßigen Kommunikation dienen, erfolgt die spontane
Konferenzteilnahme durch Browser-Plug-ins. Für den Benutzer lässt sich dies am einfachsten durch
einen Knopf auf einer Webseite hinterlegen. Die Kommunikation kann hier nur auf HTTP basieren, denn
eine Freischaltung zusätzlicher Firewall-Ports käme kaum in Frage.
Für diesen Bericht betrachteten wir die Produktfamilien von Net Transmit & Receive (NTR),
der Citrix Online Division, Webex und Pcvisit genauer. Die Einladungen zu Live-Meetings erfolgten
per E-Mail. Zur Internetanbindung diente eine DSL-Leitung, die parallele Telefonverbindung
ermöglichte die Telefonkonferenz. Um die Softwaremodule regelmäßig bei Bedarf zu laden, ist der
Internet Explorer temporär für Plug-ins freizuschalten. Die Tools verrichteten ihren Dienst
erwartungsgemäß, die Verbindung über die aktive Firewall hinweg bereitete keine Probleme. Nach dem
Einsatz der Tools waren auch keine Rückstände in der Registry oder der Systemkonfiguration
festzustellen.
Für den Vertrieb von NTRs Inquiero Technical Support v5 sorgt hier zu Lande die deutsche Tochter
namens Inquiero. NTRs Werkzeuge sind in erster Linie für die Onlinebetreuung von Partnern oder
Kunden konzipiert. Inquiero unterscheidet drei wesentliche Benutzergruppen und zugehörige Rollen:
den Administrator mit zentralen Verwaltungsfunktionen, den Kundenbetreuer, der Webanfragen
entgegennimmt und bearbeitet, und schließlich den Kunden oder Partner, der sich via Web an das
Unternehmen wendet. Über einen Link nimmt er Kontakt mit dem Berater auf. Dieser kann sich direkt
im Support-Center befinden oder aber per Internet als aktiver Partner angemeldet und so für die
Kunden sichtbar und erreichbar sein. Er kann parallele Verbindungen zu mehreren Gesprächspartnern
aufbauen und Support-Sitzungen an andere Bearbeiter weiterreichen. Das Tool beinhaltet einen
Fernzugriff auf PCs wie ihn die Systemmanagement-Tools bieten. Die Remote-Control-Funktion eignet
sich auch zur Steuerung von benutzerlosen Geräten. Dies erfordert die Installation von Code auf dem
Zielgerät, für dessen Aktivierung der entfernte Bearbeiter oder Systemadministrator sorgt.
Der Verbindungsaufbau erfolgt über die Inquiero-Website oder, falls ein Unternehmen den Dienst
intern anbietet, über dessen Netz. Bei Bedarf kann die Zentrale die Verbindung verhindern, zum
Beispiel um störende Kommunikationsversuche nörgelnder Kunden zu unterbinden. Die notwendigen
Kommunikationsbausteine für den Zugang von Fremdgeräten zum Beispiel in einem Internetcafé werden
bei Bedarf von der Website des Anbieters geladen. Bei eigenen Geräten legt ein Unternehmen sie
einmalig als .exe-Datei auf Desktops oder Notebooks ab. Die Kommunikation zwischen den Partnern ist
mit 256 Bit nach AES (Advanced Encryption Standard) verschlüsselt. Die Adressumsetzung (NAT) in
Firewalls berührt der Dienst nicht. Die Preise variieren zwischen 1200 Euro für einen ASP-Account
(Application Service Provider) und 1800 für eine Serverlizenz für einen Berater, der sich von jedem
beliebigen Arbeitsplatz aus einwählen kann.
Über diese Basisfunktionen hinaus bietet der Hersteller auch geschäftsspezifische
Anwendungspakete. In "Inquiero Helpdesk" sind rudimentäre Funktionen eines Helpdesk- oder
Trouble-Ticketing-Systems integriert. Das Tool umfasst die Priorisierung und Weiterleitung von
Anfragen, Sessions und Bildschirminhalten samt Systeminformationen, File-Transfer sowie Text- und
Voice-Chat (Voice over IP, VoIP). Neu im Portfolio führt der Anbieter ein Videokonferenzmodul sowie
statistische Auswertungen zum Anrufaufkommen. Geplant ist ferner die Integration in Microsofts
CRM-Werkzeug.
Die Online-Division von Citrix bietet drei Werkzeuge im Segment Fernzugriff und Kollaboration
an: Gotomeeting dient der Durchführung von Online-Meetings und -präsentationen, Gotomypc dem
Browser-basierten, ortsunabhängigen Fernzugriff auf einen Desktop-PC und Gotoassist dem Einsatz im
Helpdesk. Eingeschlossen sind die Umlenkung der Maus und Tastatur sowie die Kommunikation durch
Text-Chat, ein Whiteboard, der Dateiaustausch und Reporting-Funktionen.
Der gehostete Service Gotomeeting deckt die gängigen Funktionen für Präsentationen,
Sprachkommunikation und Application Sharing ab. Der "Meeting Organizer" richtet das Meeting ein.
Dieses lässt sich als Ad-hoc-Besprechung oder per Outlook-Kalender geplant durchführen. Die
Teilnehmer benötigen keine speziellen Meeting-Accounts. Die benötigten Codemodule werden zu Beginn
des Meetings geladen. Dazu erhalten die Teilnehmer entweder eine vom Initiator des Meetings
übermittelte URL, oder sie rufen die Gotomeeting-Website auf. Dies erlaubt den Zugriff aus der
E-Mail- oder einer Instant-Messaging-Anwendung heraus. Freigaben von Firewall-Ports erfordert dies
nicht. Citrix bietet Gotomeeting ausschließlich als ASP-Dienst mit einem Flatfee-Preismodell an.
Die Standardversion sieht maximal zehn, die erweitere Version bis zu 25 Meeting-Teilnehmer vor.
Die Lösung Gotoassist ist für den Online-Support gedacht. Sessions sind parallel und ohne
Begrenzung der Anzahl möglich. Die Initiative geht vom Unterstützung suchenden Partner aus: Er
aktiviert die Verbindung über eine URL oder Website. Die Software wird als Active-X-Control
geladen. Der Betreuer erhält daraufhin eine Benachrichtigung (Help Alert), generiert einen
Verbindungscode (Session ID) und übermittelt diesen an den Gesprächspartner. Implementiert sind die
gängigen Helpdesk-Funktionen wie Reboot, Dateitransfer oder verschiedene Markierungsmodi. Der
Bearbeiter kann Sessions bei Bedarf an einen Kollegen zum Beispiel im Second Level Support
übergeben.
Das Tool Gotomypc schließlich dient dem Fernzugriff eines Anwenders auf einen zweiten Rechner,
zum Beispiel auf seinen Arbeitsplatz-PC von zu Hause aus. Alle drei Module arbeiten mit
SSL-Verschlüsselung und AES.
Der Vertrieb der Citrix-Online-Tools erfolgt über das Internet. Für deutsche Geschäftskunden
soll dies jedoch über die deutschen Vertriebspartner laufen. Citrix ist derzeit damit befasst,
diese beiden Ansätze "unter einen Hut" zu bringen. Via Internet kostet Gotomypc Personal ab 19,95
Dollar im Monat mit Rabatten für Jahresabonnements und größere Stückzahlen, Gotomeeting für bis zu
zehn Teilnehmer 49 Dollar pro Monat. Die Preise für die Unternehmenslösungen Gotoassist und
Gotomeeting Corporate sind Verhandlungssache.
Webex bietet eine Familie von Diensten für die webbasierte Zusammenarbeit an. Auf der Grundlage
elementarer Kommunikationsbausteine vertreibt der Hersteller seine Funktionspakete zur
Unterstützung von Online-Meetings, zur Verwaltung von Events, für Training und Support sowie ein "
Presentation Studio". Mit dem Webex Meeting Center adressiert er vor allem die Bereiche
Onlinebesprechung sowie Web- und Videokonferenzen. Der Fokus des Tools liegt auf der gemeinsamen
Bearbeitung von Dokumenten zum Beispiel für Projektbesprechungen oder die Darstellung eines
Verkaufsangebots.
Eine Webex-Session weist in der Terminologie des Anbieters einen Host (Gastgeber), Presenter
(Präsentator) und Participants (Teilnehmer) auf. Sessions initiieren darf allein der Host. In der
Lösung enthalten ist Instant Messaging (Text-Chat), Application Sharing, der Dateitransfer und der
Fernzugriff auf Rechner. Per Webcam sind auch Videokonferenzen durchführbar. Teilnehmer können eine
Session aufzeichnen und anderen Personen via E-Mail zustellen. Die Kommunikation läuft immer über
einen Webex-Server. Um diesen ausfallsicher anbieten zu können, betreibt der Hersteller nach
eigenen Angaben 650 Server an zehn Standorten in den USA, Europa und Asien. Für parallele Gespräche
muss eine eigene Telefonverbindung bestehen. Das Unternehmen bietet in 30 Ländern gebührenfreie
Konferenznummern an. Die Kommunikation lässt sich aber auch in Webex integriert und über VoIP
abwickeln.
Auch Webex offeriert seine Funktionen als Dienst im Web. Die notwendigen Module lädt auch hier
der Partner beim Start von der Hersteller-Website. Damit stehen die Tools für alle gängigen Browser
zur Verfügung. Die Kommunikation erfolgt SSL-verschlüsselt. Zur Integration in CRM-, Marketing-
oder Callcenter-Applikationen stellt Webex eine Programmierschnittstelle bereit.
Webex verwendet verschiedene Preismodelle: Starter Packs, ein Pay-per-Use-Modell
(Gebührenabrechnung) sowie Monatsabonnements für individuelle Unternehmenslösungen. Das Starter
Pack Express kostet 375 Dollar pro Monat. Es beinhaltet die unbegrenzte Nutzung durch fünf
Teilnehmer und 200 Minuten Audiokonferenzen. Beim Pay-per-Use liegt der Preis bei 0,29 Euro pro
Minute und Teilnehmer. Ein 60-minütiges Meeting mit drei Personen kostet also 52,20 Euro. Für die
Unternehmenslösungen gibt es keine Standardpreise.
Pcvisit bietet ein Tool für den Fernzugriff auf Rechner. Ferner sind Funktionen für das Desktop-
und Application Sharing integriert. Zu den Zielgruppen zählen neben dem Helpdesk auch Training und
Vertrieb. Zum Verbindungsaufbau müssen die beteiligten Partner eine Verbindungsnummer telefonisch
austauschen und eintippen. Dann erhält der Gast im Desktop-Sharing eine Kopie des Bildschirms
seines Gastgebers. Die Blickrichtung lässt sich beliebig tauschen. Dies umfasst auch die aktive
Steuerung des jeweils anderen Geräts im Application Sharing. Jeder Zugriff auf das Fremdgerät muss
dessen Benutzer vorher explizit freigeben, ein Tarnkappenmodus ist somit nicht möglich.
Für den Aufbau einer Pcvisit-Session reichen bereits Geräte ab Windows 95 und eine
Internetanbindung ab ISDN-Geschwindigkeit. Der Verbindungsaufbau erfolgt per Gastmodul und Link auf
die Website des Anbieters. Das Kommunikationsmodul wird nach Bedarf als .exe-Datei geladen. Die
Kommunikation läuft über Port 80, die Übertragung erfolgt 128-Bit-verschlüsselt. Verfügbar ist
Pcvisit als Dienst über die Website des Anbieters. Eine weitere Option ist der Aufbau eines eigenen
Meeting-Dienstes und -Servers. Der Einstiegspreis liegt bei 249 Euro beziehungsweise im
Software-Leasing bei 67 Euro pro Monat. Einen ausführlicheren Praxistest von Pcvisit brachte die
LANline bereits in Ausgabe 11/2004 auf Seite 66.
Die Werkzeuge sind so unterschiedlich wie ihre Einsatzmöglichkeiten. Vorteilhaft ist bei ihrem
Einsatz, dass keine permanenten Änderungen am entfernten Partnergerät notwendig sind. Dies eröffnet
ein vielfältiges Anwendungsspektrum, das von der Fernwartung bis hin zu webgestützten
Vertriebstätigkeiten reicht – ohne dass der Anwender lange Wege und Reisezeiten in Kauf nehmen
müsste.