Eine der größten Herausforderungen beim Thema SD-LAN liegt darin, Unternehmen dazu zu bewegen, ihr Netzwerk anders zu managen. Sie ist vergleichbar mit der Transformation von traditioneller Telefonie (PBX) zu IP-Telefonie (IPT) vor 20 Jahren. PBX war überholt, lief aber stabil. Erst mit der zunehmenden Anforderung an Collaboration und im Zuge der Ausdehnung von Unified Communications konnte sich IPT durchsetzen. Die gleiche Situation gilt nun bei der Transformation von LAN zu SD-LAN: Viele Unternehmen sind zufrieden mit dem, was sie haben – auch, weil die Vorteile von SD-LAN zwar sichtbar, aber noch vage sind. Doch das wird nicht immer so sein. Eine 20 Jahre alte Technik wird nicht ausreichen, um die Herausforderungen der Zukunft im Netzwerk zu meistern. Selbst wenn Cloud-basiertes Netzwerk-Management weiter zunimmt, wird SD-LAN dennoch relevant sein. Denn es wird immer Daten geben, die ein Unternehmen selbst hosten will.
Eine SD-LAN-Migration ist kein kurzfristiges Projekt – der minimale Zeitaufwand beträgt in der Regel zwölf Monate. Ein „Soft Change“ bietet sich an, bei dem man nach und nach altes LAN-Equipment durch SD-LAN-Switches, -Lizenzen und -Tools ersetzt. Dies vermeidet, dass später alles auf einmal zu verändern ist. Dafür benötigen Unternehmen aber heute schon eine Vision, wie ihre Infrastruktur in zehn bis 15 Jahren aussehen wird, um darauf hinzuarbeiten. Natürlich schreckt viele auch der finanzielle Aufwand ab. Aber die Anbieter von SD-LAN-Equipment und -Tools geben derzeit attraktive Konditionen und Rabatte, wenn Unternehmen sich jetzt auf den Weg hin zu einer vollständig SDN-basierten Infrastruktur machen. Langfristig angelegt gleicht eine SD-LAN-Migration eher einer Evolution als einem harten Cut. Unternehmen, die jetzt diese Entwicklung angehen, werden in Sachen Infrastruktur und Digitalisierung besser für die Zukunft aufgestellt sein und die Transformation besser managen als solche, die später einen harten Schnitt machen müssen. Die folgenden Tipps helfen auf dem Weg zum SD-LAN:
Unternehmen, die zu den Early Adopters gehören, sollten sich genau ansehen, was SD-LAN heute schon kann und wohin die Reise gehen wird. So können sie heutige Vorteile und zukünftige Benefits ausschöpfen. Kostensenkung sollte nicht das Hauptargument für SD-LAN sein. Ein weiterer Tipp lautet: „Klein starten, um groß zu werden“ – beispielsweise erzielt man an Produktionsstätten, wo es auf das nahtlose Zusammenspiel von IT und OT ankommt, schnell gute Ergebnisse mit SD-LAN. Mit Pilotprojekten und Proof-of-Concepts ist man hier auf der sicheren Seite.
Unternehmen sollten einen Business Case für SD-LAN entwickeln – sowohl finanziell als auch technisch. Auch die User Experience könnte ein Business Case für viele Unternehmen sein. Der naheliegendste ist aber wohl die höhere oder integrierte Sicherheit von SD-LAN und der geringere Management-Aufwand. Zudem sollte man nicht zu lange warten mit SD-LAN, sondern die SD-LAN-Migration als Evolution betrachten. Ein seismischer Wechsel ist hier weder möglich noch zielführend. Zu bedenken ist, dass der Daten-Tsunami auf jeden Fall kommen wird. Mit einer durchdachten SD-LAN-Strategie kann man sich optimal darauf vorbereiten. Zu bedenken ist, wie man Data Lakes zusammenbringen und hybride Cloud, WAN, RZ, Sicherheit und LAN am besten durchgängig korrelieren kann. Wer berücksichtigt, dass die SD-LAN-Strategie darauf einzahlt, sichert sich Vorteile und gute Ergebnisse. Und zuletzt gilt: Kritsch bleiben! Es gibt Anbieter, die beispielsweise 90 Prozent Kostenreduzierung beim Service-Management mit SD-LAN versprechen. Dies ist aber nur realistisch, wenn das bestehende LAN sehr viel Management-Aufwand erfordert. Schaffen es Unternehmen, SD-WAN-, Datacenter- und LAN-Infrastrukturen durchgehend aufeinander abzustimmen und die aktuelle Silostruktur abzubauen, dann kommt das SDN-Konzept richtig zum Tragen und ebnet den Weg für die weitere Digitalisierung.
Uwe Becker ist Head of Business Services Germany, Austria and Eastern Europe bei Orange Business Services, www.orange-business.com.