Die Wiederherstellung von E-Mails oder ganze Postfächern ist für Exchange-Administratoren eine aufwändige Arbeit. Kroll Ontrack bietet mit Power Controls 3.1 eine elegante Möglichkeit, Daten aus PST- und EDB-Dateien zu retten, ohne dass dafür ein separater Exchange-Server aufgesetzt werden muss.
Es ist ja nicht so, dass Microsoft die Umstände bei der Wiederherstellung von Daten aus der
Sicherung von Exchange-Servern nicht bemerkt hätte: Von Exchange-Version zu Exchange-Version wird
der Aufwand für den Administrator geringer. Komfortabel allerdings ist der Vorgang bis heute
nicht.
Schon seit geraumer Zeit lässt sich immerhin die Aufbewahrungszeit von gelöschten E-Mails oder
Postfächern durch den Systemverwalter festlegen. Da Anwender in der Regel den Verlust wichtiger
Daten nicht sofort am Folgetag bemerken, lohnt sich hier ein großzügig bemessener Wert wie etwa 30
Tage, der allerdings vom vorhandenen Speicherplatz auf der Servermaschine abhängig ist. So bietet
sich schnell und einfach die Möglichkeit vermeintlich verlorene Daten wiederherzustellen.
Ist selbst ein üppig festgelegter Zeitraum nicht ausreichend, so bleibt mit den Bordmitteln von
Exchange-Servern vor Version 2003 zur Wiedergewinnung von E-Mails lediglich die Bereitstellung
einer identischen Backup-Maschine, auf der die Daten aus dem Backup eingespielt werden.
Anschließend müssen die Daten in eine PST-Datei ausgelagert und dann in Richtung Produktivmaschine
transportiert werden. Der jüngste Mailserver von Microsoft, der Exchange Server 2003, bietet hier
die Funktion "Recovery Storage Group" (RSG) und reduziert den Aufwand um die Backup-Maschine.
Einzelne Objekte lassen sich aber noch immer nicht aus einem Postfach zurückholen. Es muss immer
das ganze Postfach zurückgesichert werden.
Kroll Ontracks Power Controls gehen hier einen großen Schritt weiter und vereinfachen den
Zugriff auf die Objekte des Exchange-Servers. Die Software zeigt dem Administrator die Strukturen
in der bekannten Outlook-Ansicht. Wie bei einem Filemanager können Objekte zwischen zwei
Fensterhälften per Drag and Drop ausgetauscht werden.
Für diesen Test stellte uns Kroll Ontrack die Standard-Edition von Power Controls 3.1 zur
Verfügung. Die rund 15 MByte große Download-Datei konnten wir direkt von einem Webserver
herunterladen. Handbücher und Fallstudien sind als PDF-Datei ebenfalls im Internet erhältlich.
Während das neueste Handbuch lediglich in englischer Sprache verfügbar ist, werden sowohl der
Quick-Start Guide als auch das Handbuch der Vorgängerversion 3.0 in deutscher Sprache angeboten.
Die Handbücher sind sehr umfangreich und decken jedes einzelne Szenario in einer
Schritt-für-Schritt-Anleitung ab. Dies ist besonders dann von Vorteil, wenn das Programm frisch
gekauft wurde, um sofort eine Datenwiederherstellung durchführen zu können.
Die Installation selbst ist denkbar einfach und wird nicht, wie man erwarten könnte, auf dem
Exchange-Server selbst durchgeführt. Es ist lediglich ein Doppelklick auf die Setup.exe
durchzuführen und der Installationspfad anzugeben. Auf unserem Testrechner, einer Workstation mit
einem 2,4-GHz-Intel-Pentium-4-Prozessor und 768 MByte Arbeitsspeicher, dauerte die Installation nur
wenige Sekunden. Nach dem Abschluss des Setups findet sich im Startmenü von Windows ein neuer
Eintrag namens "Ontrack", der auf das Programm verweist. Neben dem obligatorischen Update-Programm "
Easyupdate" sind "Power Controls" und ein "Extract Wizard" aufgelistet. Während Power Controls die
eigentliche Anwendung mit dem Zugriff auf die Ordnerstrukturen darstellt, ist der Extract Wizard
bei der Wiederherstellung von Backup-Dateien auf der Workstation behilflich.
Die Systemvoraussetzungen für den Betrieb von Power Controls liegen weniger in einem hohen
Hardwareanspruch als in der Besonderheit der zu meisternden Aufgabe begründet. Soll direkt auf die
Exchange-Maschine zugegriffen werden, um beispielsweise wiederhergestellte Daten direkt in das
Postfach eines Anwenders zu befördern, so ist die Installation und die Konfiguration von Microsoft
Outlook 2000 oder höher auf der Arbeitsstation des Administrators erforderlich, da der Datenzugriff
in diesem Fall direkt über MAPI durchgeführt wird. Ohne den Mail-Client lassen sich Informationen
aus den Backup-Dateien ausschließlich exportieren. Neben diesen Gegebenheiten fordert Power
Controls lediglich eine CPU der Pentium-Klasse, 256 MByte Arbeitsspeicher, 5 MByte
Festplattenspeicher und eine Bildschirmauflösung von 800 x 600 Pixel.
Für den Test sicherten wir aus einem Test-Exchange-Server mithilfe von Microsoft-NT-Backup die
Ordnerstruktur "MDBDATA" in eine Datei. Es können auch Daten aus einer Exchange-Komplettsicherung
wiederhergestellt werden, aber es ist erforderlich, dass die Exchange-Datendateien innerhalb des
Backups zu finden sind. Die Datendateien sind an den Endungen "EDB" und "STM" zu erkennen. Die
EDB-Dateien sind im Rich-Text-Database File-Format angelegt und enthalten Daten, die durch das
Messaging Application Programming Interface (MAPI) in den Speicher aufgenommen wurden. Darüber
hinaus werden Datenbanktabellen, die die Mailboxen, Nachrichten, Ordner und Dateianhänge
definieren, in den EDB-Dateien abgespeichert. Jede Speichergruppe eines Exchange-Servers wird in je
einer EDB-Datei abgelegt.
Die STM-Dateien (Streaming Database Format) enthalten Daten im Multipurpose Internet Mail
Extension (MIME) Format. Dateien vom Typ STM wurden mit Exchange 2000 eingeführt und finden sich
dementsprechend nicht auf Exchange-5.5-Maschinen. Neben diesen beiden Dateitypen finden sind sich
noch die Transaktionsdateien vom Typ "LOG" mit einer Dateigröße von jeweils 5 MByte und die
Kontrollpunkt-Dateien vom Typ "CHK". Auf älteren Exchange-Servern bis zur Version 2000 SP1
existieren noch Seitenteilungsdateien vom Typ "PAT" (Patch), deren Funktionalität bei späteren
Versionen in die Logdateien überführt wurde.
Für eine Datenwiederherstellung mit Power Controls sind primär die EDB-Dateien notwendig, doch
steigt die Qualität der Wiederherstellung mit dem Vorhandensein der anderen Dateitypen. Nur so kann
das Programm sicherstellen, dass alle Daten in der korrekten Version vorliegen und es nicht zu "
corruption errors" kommt.
Die BKF-Datei aus der Microsoft NT-Backup-Sicherung öffneten wir mit dem Extract Wizard. Dieses
Programm extrahiert aus einer Sicherung die notwendigen Dateien und bietet die Änderung des
Zielverzeichnisses an. So werden die Informationen aus der Sicherung für den Zugriff mit Power
Controls aufbereitet. Liegen die gewünschten Dateien, beispielsweise aus einer
X-Copy-/Robocopy-Sicherung direkt vor, so kann auf diesen Zwischenschritt verzichtet werden.
Neben Microsoft-NT-Backup bietet Kroll Ontrack weitere Agenten zur Extraktion von Daten an.
Diese werden optional zum Basisprogramm lizenziert und sind kostenpflichtig. Die Extract Wizards
(EW) werden angeboten für Veritas Backup Exec 8.x und 9.x, Legato Networker 6.x und 7.x, Computer
Associates Brightstor Arcserve 9.xx und 11.x, Veritas Netbackup 4.5 und 5.x, IBM Tivoli Storage
Manager 5.1 und 5.2, Hewlett-Packard Openview Storage Data Protector 4.1 (OmniBack II), 5.0 und 5.1
und als PC Agent für PST-Ablagen von Microsoft Outlook 2000 oder höher. Damit auf ein Bandlaufwerk
direkt zugegriffen werden kann, ist es erforderlich, dass die jeweiligen Windows-Treiber für das
Laufwerk auf dem Rechner installiert sind. Eine Blockgröße von über 64 KByte bei Bändern wird vom
Extract Wizard nicht unterstützt.
Nachdem die Exchange-Sicherungsdateien auf dem lokalen Rechner abgespeichert sind, kann mithilfe
von Power Controls auf die Informationen zugegriffen werden. Wird das Programm gestartet, so muss
der Administrator zunächst die Quelldatei auswählen. Nun werden alle Mailboxen und Ordner aus der
Exchange-Sicherung in einer Baumstruktur dargestellt. Die bekannten Unterordner wie "Posteingang", "
Kalender" oder "Notizen" finden sich sofort wieder. Auch wenn das komplette Programm in englischer
Sprache gehalten ist, werden die deutschen Bezeichner angezeigt, sofern der Exchange-Server in
Deutsch betrieben wird. E-Mail-Texte und Dateianhänge können sofort eingesehen, gespeichert oder
weiterverarbeitet werden. Sollen die Daten erneut in eine Exchange-Infrastruktur überführt werden,
so bietet sich der Weg über eine bereits vorhandene oder neu zu erstellende .PST-Datei an, oder der
Exchange-Server wird als "Target" ausgewählt. Im letzteren Fall können die Objekte aus der
Sicherung direkt in das Exchange-Konto des Anwenders zurückgesichert werden.
Glücklichweise ist der Administrator bei der Rettung von Daten nicht allein auf die Angaben des Benutzers angewiesen. Eine Suchfunktion vereinfacht das Forschen nach den gewünschten Daten. Mit der "Advanced Find"-Option macht sich das Programm auf, in allen Mailboxen innerhalb der EDB-Archivdatei nach dem Schlüsselwort zu fahnden. Die Suche selbst kann nach beliebigen Kriterien erfolgen, neben Schlüsselworten etwa auch nach Betreff, Datum oder dem Anwendernamen als Suchkriterium.
Auch wenn sich die grafische Oberfläche dank der Anlehnung an die Outlook-Optik sehr gut bedienen lässt, kann es notwendig sein, den kompletten Wiederherstellungsprozess zu automatisieren - da ist der Luxus einer gestalteten Benutzerführung eher ein Hemmnis. Power Controls 3.1 lässt sich auch über ein "Command Line Interface" (CLI) aus einem Batch-Job heraus nutzen.
Power Controls wird in vier verschiedenen Editionen angeboten. Das Lizenzmodell ist auf die Anzahl der am Unternehmen zu findenden Mailboxen abgestimmt. Die Standard-Edition für 100 Mailboxen ist im Online-Shop von Kroll Ontrack für 1154 Euro zu haben. Die Business Edition für bis zu 250 Mailboxen schlägt mit etwa 1734 Euro zu Buche. Für größere Unternehmen werden die Enterprise- und Commercial-Editionen angeboten, deren Preise der Hersteller auf Anfrage mitteilt. Wächst das Unternehmen, so ist eine rechtzeitige Lizenzierung ratsam, da beispielsweise eine Business Edition keine EDB-Datei öffnet, in der sich mehr als die lizenzierte Anzahl von Mailboxen findet.
Die Enterprise-Edition dagegen öffnet nur eine EDB-Datei eines Servers, für den das Produkt mit dem Servernamen lizenziert wurde. Für das gewerbliche Wiederherstellen von Exchange-Informationen darf den Lizenzbestimmungen von Kroll Ontrack zufolge ausschließlich die mit einem USB-Dongle versehene Commercial-Edition verwendet werden. Die Extract Wizards kosten pro Server 574 Euro, und für die Wiederherstellung von Daten aus einer PST-Datei von Outlook 2000 oder höher verlangt der Hersteller pro Agent 1102 Euro.
Kroll Ontrack PowerControls 3.1 ist eine effektive und einfach zu bedienende Software zur
Wiederherstellung von Objekten aus Exchange-Servern. Auch ohne sich in die Tiefen eines Programms
einarbeiten zu müssen, kann ein Administrator binnen kürzester Zeit Daten wiederherstellen. Das
breite Spektrum an Extract Wizards macht den Einsatz der Backup-Software selbst nahezu unnötig,
verursacht jedoch auch einige Kosten.
Info: Kroll Ontrack Tel. 07031/6440 Web: www.krollontrack.de