Wie man vom trauten Heimbüro zurück in die Zukunft gelangt, diskutiert die IT-Branche lebhaft. „Home-Office während Corona ist nicht gleichzusetzen mit Home-Office in normalen Zeiten“, sagt Cortado-Holding-Vorstand Carsten Mickeleit, „einfach deshalb, weil jetzt alle gleichzeitig im Home-Office sind.“ Das Heimbüro habe zwar viele Vorteile, eigne sich aber nicht als Dauerzustand, ergänzt er und erinnert an die Beliebtheit von Coworking Spaces vor der Krise. Seine Forderung: „Fluent Work“, bei der die Grenzen zwischen Home-Office und Office verschwinden.
„Für echte ,New Work’ muss man die bestehenden Strukturen aufbrechen, anstatt den Büroarbeitsplatz in die Wohnung der Mitarbeiter zu ,verlängern’“, meint auch Citrix’ Deutschlandchefin Petra-Maria Grohs. Wirklich flexibles, ortsunabhängiges Arbeiten benötige ein umfassendes Cloud-Konzept mit modernen Tools und neue Sicherheitsansätze auf Geräteebene, so Grohs.
„Wer das ,Corona-Home-Office’ jetzt in ein dauerhaftes mobiles und flexibles Arbeiten verwandeln möchte, muss sich im Detail mit Ist- und Soll-Zuständen auseinandersetzen und anhand dessen einen mit der Belegschaft abgestimmten Fahrplan definieren und umsetzen“, rät AppSphere-Vorstand Frank Roth. Infrastrukturfragen seien dabei ebenso wichtig wie Arbeitsschutz und Arbeitsplatzkonzepte. Fachleute warnen davor, hier die Bedürfnisse der Belegschaft zu vernachlässigen: „Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, diese neue Form der Arbeit auch emotional leisten zu können“, sagt Geoffroy de Lestrange von Cornerstone OnDemand. Das Themenspektrum umfasse Stress-Management, Vorbereitung auf das Home-Office, Gestaltung von Lernprozessen und Collaboration-Tools.
„Aktives Vorleben durch die Führungsriege in der Nutzung von Collaboration-Tools sowie eine Schulung nehmen auch skeptischen oder technisch schwerfälligen Mitarbeitern Hemmungen“, ergänzt Ilogixx-Chef Christian Becker. Poly-Vertriebsleiter Henning Schäfer betont, die Unternehmen müssten dazu in professionelles Equipment investieren: „Qualitativ hochwertige Headsets und Kameras tragen dazu bei, bei virtuellen Interaktionen eine persönliche Nähe zwischen den Teilnehmern herzustellen.“
Mit ein paar neuen Headsets und Kameras wird es aber wohl nicht getan sein: Vorausschauende Firmenchefs spendieren ihrer Home-Office-Belegsschaft moderne Mobilgeräte, zusätz- liche DSL-Anschlüsse, sichere WLAN-Router und ergonomisches Büromobiliar. Schließlich werden viele Beschäftigte noch geraume Zeit von zu Hause aus arbeiten, und manche eben auch noch in ferner Zukunft – selbst wenn sie nicht gleich vollends im „Metaversum“ verschwinden.
Zwei Schritte vorwärts, einer zurück
Pandemiegetriggert haben viele Unternehmen einen Sprung nach vorn in Richtung digital gestützter Arbeitsweisen gemacht – und zugleich einen Schritt zurück ins gute alte Home-Office. Nun stehen sie vor der Aufgabe, vom Heimbüro zu einer strategischen Digitalisierung ihrer Arbeitsweisen zu kommen, die auch mittelfristig den Anforderungen einer zunehmend volatilen Arbeitswelt entspricht. Dies erfordert nach dem ersten Schrecksprung eine erneute, gründlicher geplante Innovationsbewegung. Auch Marty McFly schaffte es schließlich erst im zweiten Teil der „Back to the Future“-Trilogie, nicht nur in die 1950er-Jahre, sondern tatsächlich in die Zukunft zu reisen. Hoffen wir, dass für einen echten Aufbruch in die „Future of Work“ nicht erst eine zweite Krise nötig sein wird – und dass wir nicht, wie McFly im letzten Teil der Trilogie, auch noch den Umweg über den „Wilden Westen“ nehmen müssen. Das fänden IT-Security-Fachleute sicher gar nicht gut.