Impulsgeber Start-up

Sparring auf Augenhöhe

31. Oktober 2023, 15:35 Uhr | Interview: Sabine Narloch
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Um die Digitalisierung von Prozessen in Produktionsunternehmen voranzutreiben, können Start-ups wichtige Impulsgeber sein. Gregor Gimmy von 27pilots erläutert im connect professional-Interview das Venture-Client-Modell und wie er das Zusammenspiel von Start-ups im Produktionsumfeld sieht.

connect professional: Denkt man an Fertigungsunternehmen, erscheinen vor dem inneren Auge Produktionshallen mit modernen Robotern; gleichzeitig tun sich Fertigungsstraßen auf, die sich nicht von heute auf morgen verändern lassen. Wie innovationsfreudig ist der Manufacturing-Sektor in Deutschland?
Gregor Gimmy: Innovation ist heute wichtiger denn je, das gilt auch für das produzierende Gewerbe, und das sehen wir auch in unseren Kundenprojekten mit Vertretern der Branche. Diese Offenheit für neue Ideen und Ansätze ist eine wichtige Voraussetzung, um im internationalen Vergleich angesichts der Vielzahl an Krisen und des zunehmenden Kostendrucks konkurrenzfähig zu bleiben. Dabei nimmt sogenannte Outside-Innovation einen immer größeren Stellenwert ein.

connect professional: Welche Rolle spielen dabei im Fertigungsbereich Start-ups?
Gimmy: Eine immer wichtigere! Wenn man an Start-ups denkt, denkt man zunächst an Produktinnovationen. Start-ups helfen jedoch auch dabei, Prozesse effizienter zu gestalten und Kosten zu senken. Wir sehen daher zunehmend den Einsatz von Start-ups im produzierenden Gewerbe. Themen rund um Robotik, prädiktive Wartung und KI sind hier maßgebliche Treiber. Start-ups sind in diesem Kontext deshalb so interessant für Unternehmen wie Bosch, Siemens oder BMW, weil sie für eine spezifische Lösung über mehr Kapital verfügen, als die Unternehmen in ihre Forschung und Lösung stecken können.

connect professional: Haben Sie ein Beispiel?
Gimmy: Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Automatisiertes Fahren im Werk“ (AFW) der BMW Group: Das wird seit vergangenem Jahr in Zusammenarbeit mit zwei Start-ups realisiert und soll die Effizienz der Neufahrzeuglogistik in Werken und Vertriebszentren steigern.

connect professional: Unternehmen, die im großen Stil fertigen, gibt es meist schon mehrere Jahrzehnte. Wie begegnen solche etablierten Unternehmen den Start-ups? Und wie steht es dabei um Aspekte wie den Dialog auf Augenhöhe, Skepsis gegenüber dem technischen Können der Start-up-Mitarbeiter:innen, Angst vor Veränderung seitens des Unternehmens durch zu viel Innovation?
Gimmy: Unternehmen und ihre Mitarbeitenden wollen konkrete Herausforderungen lösen. Meist können Start-ups hier effizient helfen, weil sie eine einzigartige Technologie anbieten. Das begeistert vor allem Ingenieure – und die sind im produzierenden Gewerbe ja stark vertreten. Eine anfängliche Skepsis lässt sich schnell überwinden, wenn Mitarbeitende sehen, welche Patente, Erfahrung, Finanzierung oder Referenzkunden ein Start-up hat.

connect professional: Nun haben etablierte Fertigungsunternehmen meist ihre eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Wird die Notwendigkeit, Ideen von außen hereinzuholen, überhaupt gesehen? Wie begegnen sich F&E und Start-up: mit Konkurrenzgedanken oder eher mit Offenheit und Teamgeist?
Gimmy: Wenn wir uns die organisatorische Zusammensetzung der Venture Client Units bei unseren Kunden ansehen, dann sieht man deutlich, dass viele Einheiten eine enge Beziehung zu Research & Development (R&D) haben oder sogar direkt bei R&D eingegliedert sind. Hier ergibt sich eine sehr gute Symbiose: Mitarbeitende in R&D sind oft von neuen Technologien getrieben und möchten hier ein Sparring auf Augenhöhe. Oftmals inspiriert man einander zu neuen Ideen. Zudem bieten Start-ups mit den Milliarden-Invest-ments von Venture Capitalists quasi kostenloses R&D-Budget für diese Abteilungen. Und die wenigsten Start-up-Technologien konkurrieren mit dem Kerngeschäft der Unternehmen, die meisten erweitern oder verbessern diese.

connect professional: Gibt es spezielle Fertigungssegmente, in denen Start-ups besonders aktiv sind? Welche Rolle spielen dabei digitale Themen?
 Gimmy: Digitalisierung ist der große Treiber in der Produktion. Start-ups sind hier besonders aktiv: Ob Künstliche Intelligenz, um beispielsweise Fehler in der Produktion von Bauteilen zu erkennen, Cloud-Anwendungen, um unternehmensweite Analysen in Echtzeit durchzuführen oder Software für das Ersatzteilmanagement – die Bandbreite ist groß. Wenn wir uns allein das Start-up-Ökosystem für prädiktive Wartung ansehen, sind hier über 240 Start-ups mit einer Finanzierung von mehr als einer Milliarde US-Dollar gelistet. Das birgt enormes Potenzial für alle Unternehmen.


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