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Branchengeflüster: Das Datendilemma

Branchengeflüster: Das Datendilemma. Die Deutschen nehmen den Datenschutz ernster als viele andere Nationen.

Autor:Markus Bereszewski • 22.6.2005 • ca. 1:45 Min

Markus Bereszewski

Branchengeflüster: Das Datendilemma

 Im Gesundheitswesen beispielsweise wird das Thema Datensicherheit nicht erst diskutiert, seit es die Idee zur digitalen Patientenakte und Gesundheitskarte gibt. Dennoch schlagen hier die Wogen naturgemäß höher als in anderen Bereichen, denn welche Informationen über Menschen könnten intimer und daher schützenwerter sein, als die über den Gesundheitszustand? Vielen wird jetzt das Thema Geld und die damit verbunden Bankverbindung sowie Kreditkarteninformationen einfallen. Nicht etwa, weil diese Informationen noch intimer sind. Sie sind aber für den einen oder anderen sicher noch schützenwerter, weil die Gefahr des Missbrauchs viel unmittelbarer gegeben ist. Für die so Gesinnten dürfte der Vorfall, den der US-amerikanische Dienstleister Cardsystems Solutions soeben einräumen musste, wohl das GAU-Szenario darstellen. Bis zu 40 Millionen Kundendaten sollen Betrüger ergaunert haben. Sie dürften kaum Interesse an einer Veröffentlichung haben, aber für das Guinness Buch der Rekorde müsste das reichen. Der durch den konkreten (Rekord-)Fall entstandene, geschweige denn der im Allgemeinen durch Datenmissbrauch entstehende Schaden wird nie genau beziffert werden können. Fest steht nur, er ist immens hoch und daher ist die Diskussion darum und der Datenschutz selbst enorm wichtig. Mindest ebenso wichtig wie die Diskussion über die illegale Aneignung von Daten zu Missbrauchszwecken, ist meiner Ansicht die Debatte um den potenziellen (und womöglich nicht einmal gesetzeswidrigen) Missbrauch »legaler« Daten. Mit der seit gut anderthalb Jahren existierenden steuerrechtlichen Identifikationsnummer, mit der jeder Bürger eindeutig identifiziert werden kann, entsteht eine Art Zentralregister der Gesamtbevölkerung. Hier könnte man trefflich Daten anderer Institutionen wie etwa Meldeämter andocken beziehungsweise zusammenführen. Denkt man an beschlossene beziehungsweise in Diskussion befindliche weitere Maßnahmen wie die schon erwähnte Gesundheitskarte, die Berechtigung zur Kontenabfrage, biometrische Pässe oder die längere Speicherung von Telefondaten, so kann man die daraus entstehende Datenflut nur erahnen. Diese wird zumindest die Speicherhersteller frohlocken lassen. Das eigentliche Dilemma ist aber noch nicht die Datensammlung und die damit möglicherweise einhergehende Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes oder der Persönlichkeitssphäre. Es ist das Chaos, das bei der Zusammenführung der Daten passieren wird. Oder kennen Sie eine Datenmigration der größeren Art, die ohne auch nur einen ­kleinen Fehler abgelaufen wäre? Was droht dann bei dieser (!!!) Fülle? Eben! Nicht nur falsch verknüpfte Daten werden zu Fehlinterpretationen führen. Der Zweijährige, der verdächtigt wird eine Bank überfallen zu haben oder der altersblinde Greis, der zur Musterung bestellt wird, dürften den Gazetten schon bald keine (Schlag)Zeile mehr wert sein.