Servicerufnummern

0900

25. November 2011, 13:59 Uhr | David Buch, Produktmanager DTMS

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

0900-Geschäftsfeld für alternative Anbieter weiterhin interessant

Die meisten Anbieter, insbesondere die Verbindungsnetzbetreiber (VNB), im 0900-Markt sind Spezialisten, das heißt sie haben sich auf Mehrwertdienste fokussiert und die eigenen Geschäftsmodelle wie auch die technische Infrastruktur auf dieses Spezialgeschäft ausgerichtet. Diese Anbieter haben also völlig andere Voraussetzungen, um 0900-Dienste bereitzustellen. Zudem haben sie auf Grund der besonderen Anforderungen in diesem Markt ihre Systeme (insbesondere Abrechnungssysteme) auch entsprechend flexibel ausgestattet, so dass beispielsweise auf technische aber auch auf regulatorische Änderungen schnell reagiert werden kann.

Einige Anbieter/Netzbetreiber sind bereits seit der Marktöffnung 1998 im Mehrwertdienstesegment tätig. Sie verfügen über eine langjährige Erfahrung im Betrieb von Offline-Rufnummern insbesondere der 0900-Gasse. Zudem sind bei diesen Anbietern ausgeklügelte Prozesse und Systeme zur Vermeidung von Forderungsausfällen im Einsatz. Ein weiterer Bestandteil der Netzbetreiber-Leistung sind die Routingfunktionalitäten. Dabei machen die klassischen Funktionen, wie etwa eine reine Rufnummernübersetzung oder die Verteilung der Anrufe nach Zeit oder Herkunft, nur einen kleinen Teil des Funktionsumfanges aus. Viel interessanter ist die Einbindung von Datenbanken oder von kundeneigenen CRM-Systemen auf deren Basis die Anrufverteilung erfolgen kann. Und damit nicht genug. Selbst die Tarifierung kann abhängig von Eigenschaften des Anrufers in der Kundendatenbank sein. So sind Szenarien im Einsatz, bei denen beispielsweise TOP-Kunden (A-Kunden) – diese werden während des Anrufes durch einen Datenbank-Aufruf im CRM des Kunden identifiziert – geringere Preise für eine Support-Hotline zahlen, als B- oder C-Kunden.

Die im TKG angedachten Änderungen bringen ebenfalls einige Herausforderungen mit sich. Sie beziehen sich sowohl auf Routingfunktionalitäten als auch den Austausch von Daten mit den Teilnehmernetzbetreibern (TNB). Hierbei geht es vornehmlich darum, dass Anrufer besser über die auf ihrer Telefonrechnung befindlichen Beträge informiert werden. Dies zieht zum einen Änderungen in der Schnittstelle (F&I-Schnittstelle) zwischen VNB und TNB aber auch Änderungen in der Verarbeitung der Datensätze beim VNB nach sich. Auch hier sind die VNB durch ihre Spezialisierung in einer komfortablen Situation. In einer großen Zahl von Fällen liegen die notwendigen Informationen vor und müssen nur noch gemäß den kommenden gesetzlichen Vorgaben „formatiert“/“geprüft“ (Diensteanbieter ja/nein) bereitgestellt werden. Konkrete Erfahrungen zur Umsetzbarkeit fehlen allerdings noch. Das Gesamtvolumen an 0900-Verkehr sinkt seit einigen Jahren leicht aber stetig. Dies liegt vor allem an einzelnen Unternehmen, die versuchen, überholte Geschäftsmodelle erneut zu strapazieren und das „schnelle Geld“ zu machen. Darunter leidet natürlich das Image dieser Gasse, was einige Diensteanbieter, vor allem im Business-Bereich, davon abhält, die Rufnummer als Kommunikations- und Abrechnungsmittel einzusetzen. Dabei hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) in den vergangenen Jahren einige sehr erfolgreiche Mechanismen eingeführt, um Missbrauch zu unterbinden und die Gasse somit sicherer zu machen. Die Bandbreite reicht von Inkassierverboten (auch nachträglich) bis hin zur Unterbindung der Neuzuteilung von Rufnummern für auffällige Anbieter. Die Maßnahmen zeigen Wirkung und nicht zuletzt der Anrufer/Nutzer selbst ist wesentlich „mündiger“ geworden und zeigt Missbrauchsfälle sehr schnell an, so dass diesen auch zeitnah nachgegangen werden kann.

Der Betrieb von 0900-Rufnummern ist durchaus profitabel. Die Margen sinken zwar leicht, dies wird aber durch Zusatzfunktionen in Verbindung mit der flexiblen Abrechnung zum Beispiel bei Tarifwechsel wieder wett gemacht. Auch wenn die Telekom, nach eigener Aussage, das eigene 0900-Produkt nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll anbieten kann, wird das Produkt bei den alternativen Anbietern weiterhin Bestand haben, und dies zweifellos rentabel.

Es lohnt sich demnach nicht nur für die Netzbetreiber, sondern natürlich auch für die Diensteanbieter, die bestehenden Diens-te weiter anzubieten. Alle Rufnummern können sehr einfach und nach vorhergehenden Absprachen in der Regel ohne Unterbrechung der Erreichbarkeit zu anderen Netzbetreibern portiert werden. Dafür exis-tieren automatisierte Prozesse, die von allen VNBs beherrscht werden. Auch spezielle, bei der Telekom implementierte Routing- oder Abrechnungsszenarien sowie Spezialstatistiken können von den meisten Anbietern abgebildet werden und sind somit ohne Weiteres migrierbar. Es wird allerdings empfohlen, diese speziellen Lösungen und Wünsche auch rechtzeitig beim neuen Netzbetreiber bekannt zu machen, so dass dieser entsprechende Vorkehrungen treffen kann.

Es existiert eine Vielzahl von Anbietern, die um die Telekom-Kunden buhlen. Es werden sich allerdings nur die durchsetzen, die qualitativ (in allen Prozessschritten des Offline-Billings) überzeugen können. Etablierte Anbieter haben hier wahrscheinlich einen klaren Vorteil, da eine sehr große Datenbasis existiert und das bestehende Know-how zur Forderungsausfallprävention so optimal angewendet werden kann und nicht mithilfe der gewonnen Telekomkunden erst aufgebaut werden muss, dies ginge im Zweifel zu Lasten der Diensteanbieter.

0900 bleibt weiterhin interessant für die Bezahlung von Beratungs-, Support- und Mehrwertdiensten. Das oft gewünschte einheitliche Rufnummernkonzept sowie die Bereitstellung einer einzigen Rufnummer in der Kundenkommunikation, und das für alle angebotenen Dienste, kann derzeit nur über die 0900-Gasse realisiert werden.


  1. 0900
  2. 0900-Geschäftsfeld für alternative Anbieter weiterhin interessant
  3. Kommunikationsinstrument 0900 eine gute Wahl?!
  4. Zu welchen Konditionen wird angeboten
  5. Alternativen zu 0900
  6. Expertenkommentar Multiconnect
  7. Expertenkommentar Questnet
  8. Expertenkommentar Versatel
  9. Glossar: 0900, Online- und Offline-Billing

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