Die Telekom stellt das 0900-Geschäft ein. Was bedeutet das für Diensteanbieter? Welche Auswirkungen hat diese Maßnahme auf die Nutzer der Dienste, die Anrufer, und unter welchen Konditionen gibt es Alternativen?
Die Telekom stellt Anbietern von Premium-Diensten wie Beratungshotlines oder auch technischen Support-Hotlines seit Juli 2011 keine 0900-Rufnummern mehr bereit. Die Kündigung aller bestehenden Verträge erfolgte zum 31.10.2011.
Gründe für den Telekom-Rückzug
Der Rückzug der Telekom aus dem 0900-Geschäft und kurzfristige Kündigung aller mit diesem Produkt zusammenhängenden Dienstleistungen kam für die meis-ten überraschend, insbesondere für die Diensteanbieter. Die Stellungnahme der Telekom hierzu: „Die Telekom stellt ihr Produkt ‚Service 0900‘ zum 31. Oktober 2011 ein. Alle bestehenden Verträge über im Netz der Telekom geschaltete 0900-Rufnummern hat das Unternehmen zu diesem Termin gekündigt. 0900-Rufnummern in den Netzen anderer Anbieter sind für Festnetz- und Mobilfunkkunden der Telekom weiterhin erreichbar. Kunden, die ihre 0900-Rufnummern bislang bei der Telekom geschaltet haben, können diese zu einem anderen Anbieter portieren. Der Grund für die Entscheidung der Telekom, keine 0900-Rufnummern mehr im eigenen Netz zu realisieren, ist die stark rückläufige Volumenentwicklung der Services. In Verbindung mit den sich weiter verschärfenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den hohen Kosten beispielsweise für Inkasso und Mahnwesen lässt sich das Geschäft mit 0900-Rufnummern wirtschaftlich nicht mehr rentabel betreiben.“
Das Mehrwertdienstegeschäft scheint in dieser Ausprägung nicht mehr im Fokus zu sein und die angewendeten Geschäftsmodelle sind teilweise ebenfalls überholt. Der Markt hat sich weiter entwickelt und Prozesse, vor allem in Verbindung mit der Beitreibung von offenen Forderungen, sind komplizierter und vor allem aufwendiger geworden. Was die Marktentwicklung angeht, so verzeichnet die Branche speziell im 0900-Bereich abfallende Umsätze. Dies trifft aber nicht nur auf die Telekom zu. Gravierender sind aber wohl die anstehenden Änderungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG insbesondere bezüglich § 45h und § 45q – Rechnungsstellung und Auskunftsanspruch des Dienstenutzers). Zumindest waren beziehungsweise sind hier einschneidende Anpassungen geplant. So ist angedacht, dass – abweichend vom etablierten Prozess – „immer die konkrete Bezeichnung der in Anspruch genommenen Dienste angeben werden, was aber einen so tiefen Eingriff in den sehr komplexen F&I-Prozess bedeutet, dass die gesamte Abrechnung für Dritte und damit die vom Parlament […] „geforderte einheitliche Rechnungsstellung zugunsten der Verbraucher gefährdet wäre“, so die gemeinsame Positionierung der Verbände Bitkom, DVTM und VATM. Weiterhin war eine Erweiterung der Angaben zu Informations- und Reklamationsmöglichkeiten geplant. Auch hier ist sich die Branche darüber einig, dass es im Sinne der Verbraucher keine Überfrachtung mit zusätzlichen Informationen geben soll, die in den meisten Fällen nicht benötigt wird. Vielmehr soll dem Anrufer die Möglichkeit gegeben werden, die gewünschten Informationen kostenfrei abzurufen beziehungsweise zu erfragen.
Vereinfacht gesagt heißt das, dass mehr Transparenz bezüglich der genutzten Diens-te auf der Anruferrechnung sowie eine einfache Informations- und Reklamationsmöglichkeit für den Dienstenutzer bestehen soll. Die entsprechenden Verbände versuchen nun eine Einigung mit der Politik herbeizuführen, die sowohl die gewünschte Transparenz für den Verbraucher bringt, aber auch technisch und wirtschaftlich sauber abbildbar ist. Natürlich ist mehr Transparenz auch im Sinne der Diensteanbieter und Netzbetreiber, da so auch das Reklamationsaufkommen geringer wird. Die anstehenden Änderungen scheinen zu aufwendig in einem von der Telekom nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll abbildbaren Geschäftsbereich zu sein, auch wenn die originären Anforderungen voraussichtlich nicht in der Detailtiefe umgesetzt werden, wie ursprünglich vom Gesetzgeber geplant.
Fazit: Diensteanbieter, die ihre Rufnummern weiter betreiben wollen, müssen nun auf andere Anbieter ausweichen.