Auf diese Weise ist es möglich, eine Vielzahl an Anwendungsfällen und Funktionen abzubilden, da das Protokoll jederzeit erweitert werden kann. Momentan befindet sich beispielsweise eine Erweiterung in der Umsetzung, die den Namen „Qubic“ trägt. Sie bildet die zukünftige Grundlage für Dienste wie Smart Contracts, Outsourced Computing und Oracles. Bei den sogenannten Smart Contracts können etwa Bedingungen vorprogrammiert werden, die sich an eine Transaktion binden lassen. Mit Oracles steht hingegen eine Lösung zur Verfügung, die Informationen, die von außerhalb des DAG integriert werden sollen, für Smart Contracts bereitstellen kann. Der sogenannte „Quorum Consensus-Prozess“ gewährleistet dabei die Vertrauenswürdigkeit von Informationen, die in das DAG überführt werden. Mit dem sogenannten Outsourced Computing ermöglicht es das DAG, Rechenprozesse und -kapazität auszulagern, die von Geräten im IoT aufgrund der zu geringen Rechenleistung nicht lokal abgebildet werden können. Darüber hinaus ebnet Outsourced Computing den Weg für völlig neue Geschäftsmodelle: So wird es in Zukunft möglich sein, sich je nach Bedarf die benötigte Rechenkapazität bequem hinzuzukaufen. Zu diesem Zweck existiert bereits ein Datenübermittlungsstandard, der die Daten von der Feldebene verschlüsselt in das DAG sendet, wo sie dann gespeichert werden. Der Datenzugriff erfolgt bei diesem Masked Authenticated Messaging (MAM) mit einem Authentifizierungsschlüssel und ist so nicht nur steuerbar, sondern vereint zudem sicherheitskritische Faktoren wie Datenzugriffsmanagement, Datenschutz und -integrität. Hierdurch entsteht gleichzeitig die Basis für einen Datenmarktplatz, auf dem sich IOTA-Transaktionen vornehmen lassen. Bereits heute beteiligen sich weltweit 69 Unternehmen und Institutionen von Rang und Namen an diesem Transaktionshandelsplatz. Dieser „Marktplatz“ sorgt dafür, dass Daten weiterhin unverfälschbar bleiben und damit wertvoll und nutzbar. So schafft er eine echte Alternative zur klassischen Verwaltung von Daten in Silos, die keinen Mehrwert bietet. Denn auf der Handelsplattform stehen etwa Sensordaten nahezu jedem Mitarbeiter im Unternehmen zur Verfügung und so können diese auch für neue, datengestützte Anwendungen genutzt werden – so entstehen Innovationen.
Die digitale Zukunft beginnt
Am Ende des Tages bietet die Technologie vor allem enormes Potenzial für zahlreiche Anwendungsfälle im industriellen Kontext. Das derzeitige Interesse bezieht sich vor allem auf das autonome Fahren und effizientere Wertschöpfungsketten. Ein erstes konkretes Anwendungsbeispiel hat Fujitsu mit einem Proof of Concept (PoC) für die Smart Factory vorgestellt, der jedoch erst einmal in einem kleineren Rahmen auf Fertigungsstraßen angewendet wird. Teil des Konzeptes ist die Nutzung von Audit-Trails und Transaktionen, die dabei helfen, Produktionsdaten zu erheben, zu verarbeiten und visuell darzustellen – das sorgt für eine adäquate Fertigungskontrolle und mögliche Mikrotransaktionen zwischen verschiedenen Fertigungslinien, wobei jeder Teilnehmer nachverfolgbar ist. Damit gehören zusätzliche Überwachungsressourcen für die Produktion der Vergangenheit an. Die Daten lassen sich jederzeit über ein digitales Dashboard einsehen. Dieser Anwendungsfall macht eines deutlich: IOTA kann nicht nur die Arbeit von Maschinen überwachen, sondern auch die kostenlose Übertragung digitaler Zahlungsmittel und Kooperationen zwischen verschiedenen Unternehmen ermöglichen. Neben Industriekonzernen arbeiten jedoch auch internationale Institutionen an der konkreten Anwendung von IOTA, etwa die UN. Der IOTA-DAG soll beispielsweise in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh die Basis für eine Smart City bilden und somit die Stadt der Zukunft Realität werden lassen. Teil des Konzeptes ist unter anderem eine ID-Karte, die auf einem DAG basiert und kriminelle Ausprägungen wie Identitätsdiebstahl oder Wahlbetrug verhindern soll. Ein weiterer Punkt, der hierzulande jedoch kritisch betrachtet werden dürfte: Staatliche Stellen können dann die medizinische Historie und andere Daten einsehen.
Die Schönheit der Chance
Das Potenzial von IOTA spricht für sich. Nun liegt es an jedem einzelnen Unternehmen und jeder Institution, die Vor- und Nachteile der Technologie abzuwägen und eigene Erfahrungen zu sammeln. DAG und IOTA bieten die Chance eines Wettbewerbsvorsprungs, indem sie die produzierenden Unternehmen mehr Schnelligkeit, Sicherheit und Kostenkontrolle ermöglichen. Die ersten Beispiele aus der Praxis belegen jedenfalls, dass es sich dabei um mehr als einen kurzzeitigen Trend handeln dürfte.
Sebastian Rohr ist CEO von Accessec, Markus Soppa ist Research Consultant bei Accessec