funkschau: Breitband-Internet-Verbindungen gelten im Vergleich zu MPLS als weniger zuverlässig. Trifft das zu?
Nick Applegarth: Auch mit einem SD-WAN lässt sich eine Verfügbarkeit und Performance wie bei MPLS erreichen. Die Voraussetzung ist, dass Qualitätsprobleme vermieden werden, etwa durch zu hohe Latenzzeiten und Paketverlustraten oder durch Datenpakete, die in der falschen Reihenfolge übermittelt werden. Das lässt sich mithilfe von Techniken wie Forward Error Correction oder Packet Order Correction beheben. Hinzu kommt, dass ein SD-WAN eine Art Overlay-Netzwerk ist. Fällt eine Internet-Verbindung aus oder ist sie überlastet, wird innerhalb kürzester Zeit auf eine alternative Route umgeschaltet.
funkschau: Welche Eigenschaften sollte ein modernes Enterprise WAN noch aufweisen?
Nick Applegarth: Wichtig ist, dass Netzwerkmanager jederzeit die volle Kontrolle über den Cloud-Traffic und die Anwendungen haben, die über das Unternehmensrechenzentrum bereitgestellt werden. Zudem müssen sich für einzelne Anwendungen Policies definieren lassen. Geschäftskritische Applikationen erhalten beispielsweise Vorrang vor anderen Anwendungen, die ebenfalls WAN-Ressourcen benötigen. Wichtig ist außerdem eine dynamische Wahl des Pfades: Jede Anwendung sollte automatisch die optimale Verbindung wählen: Internet oder MPLS. Auch das lässt sich mithilfe von Policies steuern. Um die jeweils beste Route zu ermitteln, sind Analysen der Netzwerkqualität erforderlich, und diese in Echtzeit.
funkschau: Wie ist es um die Sicherheit bestellt, Stichwort Verschlüsselung?
Nick Applegarth: Dies ist ein zentraler Punkt. Eine durchgängige, also Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aller Daten beim Transport über ein Enterprise WAN ist unverzichtbar. Kein Unternehmen und keine öffentliche Einrichtung kann es sich leisten, dass Geschäfts- oder Kundeninformationen in falsche Hände geraten.
funkschau: Zum Abschluss noch die Frage, über welche Funktionen wird das Unternehmens-WAN der Zukunft verfügen?
Nick Applegarth: Es zeichnet sich ab, dass Software-Defined-Techniken im Weitverkehrsbereich zum Standard werden. Solche SD-WANs werden in absehbarer Zeit in der Lage sein, sich automatisch und dynamisch an Änderungen der Netzwerkinfrastruktur und der Übertragungsbedingungen anzupassen. Dasselbe gilt für die Anforderungen von Applikationen: Das SD-WAN erkennt selbstständig, welche Bandbreite, Latenzzeiten und Performance-Daten eine Anwendung benötigt und wählt die passende Verbindung aus. Ein Software-Defined WAN kann sich somit jederzeit an geänderte Bedingungen anpassen, egal, ob diese die Netzwerkinfrastruktur, Anwendungen oder Geschäftsprozesse betreffen. Und das ist im Zeitalter der Digitalisierung unverzichtbar.