Europa gegen Facebook & Co

Die Geduld geht zu Ende

24. Mai 2018, 10:03 Uhr | Autoren: Michel Winde und Alkimos Sartoros, dpa / Redaktion: Axel Pomper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die soziale Verantwortung der Tech-Riesen

Fake News, Hassrede, Terrorpropaganda

Kindesmissbrauch, Falschnachrichten und Propaganda von Terroristen - auch das sind die Schattenseiten sozialer Netzwerke. Im Kampf dagegen setzt Brüssel bislang auf Freiwilligkeit. 2016 hatten sich die Online-Plattformen dazu verpflichtet, stärker gegen Hasskriminalität vorzugehen. Anfang März präsentierte die EU-Kommission weitere Empfehlungen für Facebook, Twitter und Co: Sie sollten gemeldete Propaganda binnen einer Stunde löschen und es müsse automatische Mechanismen zum Erkennen gefährlicher Inhalte geben. Für das Melden illegaler Inhalte brauche es einfache Regeln, bei Beweisen für eine schwere Straftat müsse eng mit den nationalen Behörden zusammengearbeitet werden.

Allerdings: Bislang sind das eben nur Empfehlungen. Doch auch hier zieht die EU-Kommission die Daumenschrauben an: Man wolle die Umsetzung genau verfolgen - und gegebenenfalls Rechtsvorschriften erlassen. Die könnten dann verbindlich sein. Die Internet-Konzerne scheinen sich zu bewegen: Mittlerweile werden nach Angaben der Kommission 70 Prozent der gemeldeten Hassbotschaften gelöscht, in mehr als 80 Prozent der Fälle geschieht das innerhalb von 24 Stunden.

Facebook kündigte zuletzt sogar an, seine Löschzentren deutlich auszubauen. In Berlin und Essen sei bis zum Jahresende eine Aufstockung von derzeit je 750 auf je 1000 Beschäftigte geplant. Weltweit werde die Zahl der Mitarbeiter, die Inhalte prüfen und sich um Sicherheitsthemen kümmern, von 15 000 auf mehr als 20 000 erhöht, hieß es. Hintergrund ist hier wohl ein deutsches Gesetz. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet Internet-Plattformen, strafbare Hassreden und gefälschte Nachrichten zu löschen - und droht andernfalls mit empfindlichen Strafen.

Brüssel hingegen setzt auch bei Falschnachrichten auf Freiwilligkeit. Eine EU-Expertenkommission empfahl im März etwa Selbstverpflichtungen der sozialen Netzwerke. In Zusammenarbeit mit Medien sollten sie die Inhalte glaubwürdiger Quellen besser sichtbar machen. Wenige Wochen später forderte die EU-Kommission einen Verhaltenskodex der großen Online-Unternehmen. Warum die EU keine Gesetze erlässt? Das Verfahren würde viel zu lange dauern, hieß es. Deshalb bleibt Europa an dieser Stelle wohl auf den guten Willen der Netzriesen angewiesen.

Wettbewerb

Eine, die bislang kaum vor großen Konzernen und politischen Befindlichkeiten Scheu zeigte, ist EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Apple, Google, Ikea - die Liste der von ihr ins Visier genommenen Großkonzerne ist lang.

Wegen irreführender Angaben bei der Übernahme des Dienstes WhatsApp verdonnerte sie den US-Konzern im vergangenen Jahr zu einer Strafe von 110 Millionen Euro. Dabei ging es um die Bündelung von Nutzerdaten zwischen dem sozialen Netzwerk Facebook und WhatsApp. Facebook hatte 2014 erklärt, nicht zum zuverlässigen automatischen Datenabgleich zwischen den Benutzerkonten beider Dienste imstande zu sein. Im August 2016 folgte jedoch genau dies: Telefonnummern der WhatsApp-Nutzer konnten mit den jeweiligen Facebook-Profilen verknüpft werden. Es ist nicht auszuschließen, dass Vestager noch weitere Pfeile im Köcher hat.

Angesichts der neuen EU-Regeln formulierte Facebook kürzlich seine Datenschutz- und Nutzungsbedingungen um. Klarer und transparenter sollten sie fortan sein, betonte das Netzwerk - und schrieb gleichzeitig die Grundlage für die geplante Einführung von Gesichtserkennungs-Funktionen in Europa rein. Hier waren sie nach Widerstand von Datenschützern bislang nicht verfügbar.

Nicht mehr verfügbar für den europäischen Rechtsrahmen sind künftig auch die Daten 1,5 Milliarden nicht-europäischer Nutzer. Bisher war ein Facebook-Ableger in Irland für das gesamte Geschäft außerhalb der USA zuständig. Jetzt sollen nur noch die zuletzt 370 Millionen Nutzer in Europa dort angesiedelt sein. Die Daten der restlichen Nutzer weltweit werden künftig in den USA gespeichert. Facebook betont, dies ändere nichts daran, dass neuen EU-Datenschutz-Werkzeuge künftig weltweit verfügbar sein werden.

Eine Einladung zur Anhörung im EU-Parlament schlug Zuckerberg zunächst jedoch aus und wollte einen seiner Politik-Verantwortlichen vorschicken. Parlamentspräsident Antonio Tajani insistierte: Es sei dringend notwendig, über die Rolle von Cambridge Analytica im Brexit-Referendum sowie bei anderen Wahlen in EU-Staaten aufzuklären.

Nach wochenlangem Hin- und Her erschien Zuckerberg doch persönlich und traf die Fraktionsspitzen im Europaparlament. Die Anhörung wurde allerdings stark kritisiert und hinterließ viele offene Fragen.

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