Mürmann hat seine Drohne von der Wiese geholt. Jetzt steht sie vor ihm auf dem Feldweg, während er nach einer Ersatzbatterie sucht. Als er den Quadrocopter in die Hand nimmt, ist eine Metall-Plakette deutlich zu erkennen. Darauf ist Name und Adresse des Piloten notiert.
Damit folgt er den neuen Regeln zur Drohnennutzung, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale In-frastruktur erlassen hat. Sie sind seit April gültig und ab Oktober verpflichtend. »Die neue Verordnung finde ich sehr sinnvoll, denn sie nutzt allen. Immerhin gilt dadurch Safety first. Drohnen können gefährliche Waffen sein, wenn sie beispielsweise vom Himmel fallen«, betont Mürmann. Vor viereinhalb Jahren hat er bereits eine Schulung zum Drohnenpiloten absolviert. Dass eine solche jetzt auch Vorschrift ist, begrüßt der 43-Jährige sehr. »Jeder sollte wissen, was er bedient und was passieren kann«, erklärt er. Problematisch findet er es jedoch, dass viele Drohnenbesitzer nichts von ihren Pflichten und den Auflagen wissen, da bisher jeder selbst dafür verantwortlich ist, sich zu informieren. »Eigentlich sollten bereits die Hersteller die Regeln mitliefern, selbst wenn die Copter aus dem Ausland geschickt werden«, sagt der Drohnenpilot.
Mürmann hat die Batterie seiner Phantom gewechselt und der Quadrocopter ist wieder in der Luft. Plötzlich hält er inne: »Da!«, ruft der Drohnenpilot. Er hat etwas auf dem Bildschirm entdeckt. Ein kleiner pixelgroßer brauner Punkt inmitten all dem Grün. Sein Copter steht jetzt in der Luft. Revierleiter Steinhausen läuft sofort los: Tatsächlich, verborgen unter den langen grünen Grashalmen liegt ein gerade einmal zehn Stunden altes Kitz. Es ist 20 Zentimeter groß, verharrt an Ort und Stelle, bewegt sich nicht. Nur seine schnelle Atmung verrät die Panik des jungen Tieres.
Die Anwesenheit der Mutter ist spürbar. »Ich bin sicher, dass ich jetzt beobachtet werde«, sagt Steinhausen. Vorsichtig nimmt er das Jungtier mit Handschuhen und vielen Grasbüscheln hoch und setzt es in einen Karton. Dann bringt er es aus der Gefahrenzone, während Mürmann die restliche Wiese abfliegt. Er will sichergehen, dass nicht noch weitere Rehkitze im hohen Gras versteckt sind, denn schon rückt die Mähmaschine mit lautem Getöse an. Mit einer Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern kürzt sie das Gras in einem Umkreis von sieben bis neun Metern. Schließlich ist es geschafft.
Das Gras ist gemäht. »Jetzt bringen wir das Kitz wieder zurück an den gemähten Fundort«, kommentiert Mürmann das Geschehen. Dort angekommen, beginnt das Kleine lautstark zu fiepen. Die Mutter wartet bereits am Waldrand.