Der Fachkräftemangel ist Realität und fordert insbesondere die Arbeitgeber heraus. Arbeitnehmer hingegen finden sich in einer starken Position. Dieses neue Kräfteverhältnis zieht auch Veränderungen in Personalabteilungen nach sich.
Die Arbeitswelt wandelt sich: Geschäftsreisen um die halbe Welt erübrigen sich vielfach, da Gespräche per Videoanruf stattfinden. Frauen und nach und nach auch Männer gehen in Elternzeit. Und der Fachkräftemangel bringt zwar Arbeitgeber in Bedrängnis – für Arbeitnehmer bedeutet er aber in vielen Bereichen so etwas wie eine „freie Auswahl“. Denn bei einem großen Angebot an offenen Stellen müssen Arbeitnehmer nicht dort bleiben, wo es ihnen nicht gefällt, sondern sie können jederzeit wechseln.
Das gilt insbesondere für den Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte. Für das Jahr 2018 identifizierte der Bitkom ein Loch von 82.000 offenen Stellen in Deutschland. Das ist ein Anstieg um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – 2017 waren noch 55.000 Stellen vakant. Innerhalb dieses Segments sind vor allem Softwareentwickler gefragt, wie die WBS-Studie „Zum Stellenmarkt für IT-Fachkräfte“ vom März 2019 attestiert. (siehe Grafik 1). Dabei stehen den IT-Spezialisten viele Sparten offen (siehe Grafik 2). So schreibt zwar die Informations- und Kommunikationsbranche mit rund 44 Prozent die meisten Stellen für sie aus. Doch vom verarbeitenden Gewerbe über den Handel bis hin zur öffentlichen Verwaltung: Letztlich werden in jedem Bereich der Geschäftswelt IT-Fachkräfte gesucht. Wer die Herausforderung – oder auch nur einen Perspektivwechsel – sucht, wird praktisch überall mit offenen Armen empfangen. Schließlich werden Fähigkeiten in der Programmiersprache Java, im Bereich Web/Internet oder Apps überall gebraucht.
Starker Wettbewerb – für die Arbeitgeber
Diese Tatsachen setzen Arbeitgeber zunehmend unter Druck. Um bei der Mitarbeitersuche erfolgreich zu sein und die besten Fachkräfte zu finden und zu binden, müssen sich Unternehmen und Institutionen mittlerweile einiges einfallen lassen. Nur die Schaltung einer Anzeige und ein lieblos durchgeführter Bewerbungsprozess mit langen Wartezeiten auf Rückmeldung gehören der Vergangenheit an.
Dass der Jobsuchende mittlerweile eher wie ein Kunde behandelt wird, darauf könnte ein weiteres Ergebnis der WBS-Studie hindeuten: So werden bei der Personalsuche neben Online-Stellenbörsen und der Arbeitsagentur Personalvermittler immer wichtiger. Über sie waren im vierten Quartal 2018 demnach 47,8 Prozent aller Jobs für IT-Fachkräfte ausgeschrieben. Mit 54 Prozent nehmen auch Zeitarbeitsfirmen einen großen Anteil ein. Das menschliche Gegenüber beziehungsweise der Dienstleister, der dem Suchenden Angebote unterbreitet und den Kontakt zum potenziellen Arbeitgeber herstellt, scheinen somit wichtiger geworden zu sein.