Monitore

Kabelsalat entwirrt

12. Oktober 2022, 7:30 Uhr | Autor: Edi Kopajtic / Redaktion: Diana Künstler
© Viewsonic

Geht es nach dem Willen der Europäischen Union, soll USB-C ab Mitte 2024 einheitlicher Standard für Ladebuchsen verschiedenster Elektrogeräte werden. Das System geht mit vielen Vorteilen und Potenzialen einher – und das auch beim Einsatz in Monitoren.

Der Artikel liefert Antworten auf folgende Fragen:

  • Was ändert die EU-Entscheidung zu USB-C?
  • Wie profitieren auch Monitore von der Entscheidung?
  • Welche Vor- und Nachteile haben USB-C-Monitore?
  • Was bedeutet die Entscheidung im Kontext mobiles Arbeiten?

Die Menge verschiedener Konnektivitäts- und Ladekabel in Haushalten und am Arbeitsplatz hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Denn einzelne Hersteller haben immer wieder versucht, sich mit eigenen Formaten vom Wettbewerb abzusetzen. Doch allzu viele Standards für ein und denselben Zweck sind weder verbraucherfreundlich noch nachhaltig. Und so landenten zahlreiche Ladekabel unbrauchbar in der Schublade, während sich andere mit jedem neu erworbenen Gerät anhäuften. Die EU sagt dem Kabelsalat bei Unterhaltungselektronik und IT-Hardware jetzt aber endgültig den Kampf an. Im Herbst letzten Jahres hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vorgestellt, auf den man sich jüngst einigte: So sollen ab 2024 in vielen Geräten nur noch Ladekabel mit dem USB-C-Standard zum Einsatz kommen.

Was die EU-Entscheidung zu USB-C ändert
Mit dem präsentierten Vorschlag für eine überarbeitete Funkanlagenrichtlinie durch die EU-Kommission vom September letzten Jahres wird USB-C zum Standardanschluss für alle Smartphones, Tablets, Kameras, Kopfhörer, tragbaren Lautsprecher und tragbaren Videospielkonsolen. Geplant ist der Entscheid ab Mitte 2024. Es gilt als Formsache, dass Parlament und EU-Staaten dem nun gefundenen Kompromiss noch formell zustimmen. Mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren ab der offiziellen Verabschiedung treten die Regeln dann in Kraft – mit Ausnahme von Laptops, für die 40 Monate vorgesehen sind. Das EU-Parlament hätte sich aber gewünscht, dass die Änderungen schneller kommen, konnte sich hier jedoch nicht durchsetzen. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton Breton rechnet aber damit, dass Hersteller ihre Geräte bereits früher anpassen werden.
Bei den vom Kommissionsvorschlag erfassten Produkten handelt es sich um die Geräte, die von einer großen Verbrauchergruppe am häufigsten genutzt werden und ähnliche Ladeeigenschaften aufweisen. Andere Produkte wie Ohrstöpsel, Smartwatches und Fitnesstracker wurden aus technischen Gründen im Zusammenhang mit ihrer Größe, den Nutzungsbedingungen und anderen Aspekten nicht berücksichtigt. (DK)

EU geht gegen unnötige Kabelvielfalt vor

Ein dringend notwendiger Schritt. Denn im Durchschnitt besitzen die Verbraucher laut Informationen der EU-Kommission etwa drei Ladegeräte für ihre Mobiltelefone, von denen sie aber nur zwei regelmäßig nutzen. Und sie geben jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro für separat erworbene Ladegeräte aus, die bei vielen elektronischen Geräten nicht im Lieferumfang enthalten sind. Und so häufen sich durch ungenutzte und entsorgte Ladegeräte jedes Jahr schätzungsweise bis zu 11.000 Tonnen Elektroschrott an.

Gründe zum Handeln gibt es also viele. Die EU-Kommission unterstützt aber bereits seit 2009 eine gemeinsame Ladelösung für Mobiltelefone und ähnliche elektronische Geräte. Im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung gelang es zudem bereits, die Zahl der bestehenden Ladelösungen für Mobiltelefone von rund 30 auf drei zu reduzieren. Und nach dem Auslaufen der Vereinbarung vor einigen Jahren wurde ein neuer Vorschlag der Industrie im Jahr 2018 als nicht zufriedenstellend angesehen. Denn Ziel ist es nach wie vor, eine gemeinsame Ladelösung durchzusetzen, die Verbraucherfreundlichkeit zu erhöhen und den Elektroschrott zu reduzieren.

Mit dem jüngst vorgelegten Gesetzesvorschlag für eine überarbeitete Funkgeräterichtlinie will die EU-Kommission Ladeanschluss und Schnellladetechnik jetzt final harmonisieren: USB-C wird zum Standardanschluss für Smartphones, Tablets, Kameras, Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und tragbare Videospielkonsolen. Darüber hinaus schlug die Kommission vor, den Verkauf von Ladegeräten vom Verkauf elektronischer Geräte zu entkoppeln. Das soll den Verbrauchern mehr Komfort bieten und den ökologischen Fußabdruck, der mit der Herstellung und der Entsorgung von Ladegeräten verbunden ist, verringern, um so den ökologischen und den digitalen Wandel zu unterstützen.

Auch Monitore profitieren

Die unterschiedlichen USB-Varianten im Überblick
Die unterschiedlichen USB-Varianten im Überblick
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Die Entscheidung für USB-C ist naheliegend, denn der zentrale Gedanke bei der Entwicklung von USB (Universal Serial Bus) war von Beginn an die Standardisierung von Anschlüssen. Veränderungen von Herstellerseite führten jedoch mit der Zeit zu unterschiedlichen Varianten (siehe Abbildung auf Folgeseite). USB-A und USB-B hatten jeweils zwei unterschiedliche Endstücke. Und somit war es nur möglich, Daten in eine Richtung zu senden. USB-C ist hingegen an beiden Enden identisch konzipiert, um Daten in beiden Richtungen transferieren zu können. Die Leistungsfähigkeit erlaubt es zudem erstmals, selbst hochauflösende Displays, Laptops und andere Endgeräte zu verbinden und zu bespielen. Und da das USB-C-Kabel auch die Stromversorgung übernimmt, ist ein Netzteil für den Betrieb der Geräte überflüssig.

USB-C ist aber nicht nur für Endgeräte, sondern auch für Monitore interessant. Denn hochauflösende Inhalte werden immer wichtiger, speziell im beruflichen Alltag. Auf 4K folgen bereits 5K- und 8K-Auflösungen, Letztere entspricht 7.680 x 4.320 Pixeln. Ältere Kabeltechnologien wie VGA oder DVI können die benötigte Datenbandbreite jedoch nicht mehr stemmen. USB-C ist hingegen bereits auf diese Anforderungen ausgelegt. Aktuelle USB-C-Docking-Monitore ermöglichen somit eine schnelle Datenübertragung von fünf Gigabyte pro Sekunde sowie die entsprechende Stromversorgung über ein Kabel. Mit USB-C ist es zudem einfacher möglich, einen weiteren Monitor anzuschließen oder mehrere Monitore in Reihe zu schalten. Das kann beispielsweise bei der Kreativarbeit relevant sein, um die Arbeitsoberfläche zu vergrößern oder grafikintensive Renderings zu teilen.

Die Möglichkeiten von USB-C-Monitoren

Bei Monitoren legen viele Nutzer vor allm Wert auf eine hohe Auflösung, Farbtreue und schnelle Bildwiederholraten. Der Anschluss an Computer oder anderen Endgeräte ist hingegen meist zweitrangig – kann aber durchaus zum Problem werden. So unterstützt ein älterer Monitor gegebenenfalls nicht die Schnittstellen des neuen PCs oder erfordert ein sperriges Netzteil samt weiterem Stromkabel am Arbeitsplatz. Wenn sich also USB-C künftig als Standard etabliert, wäre dies nicht mehr der Fall.

Zudem entfallen viele andere Kabel. Denn im Laufe der Jahre sind von der Industrie zahlreiche Anschlüsse wie zum Beispiel VGA, Scart, DVI, HDMI, DisplayPort und andere entwickelt worden. Viele dieser Kabel sind zwar auch heute noch in Gebrauch und erfüllen ihren Zweck. Andere, wie VGA, sind hingegen nicht mehr ganz zeitgemäß, da die teils hohen Datenübertragungsraten für die heutigen hochauflösenden Monitore nicht bedient werden können. Ein USB-C-Anschluss wird den verschiedenen Anforderungen gerecht und könne die anderen Anschlüsse ersetzen.  

Zudem ermöglicht USB-C auch die entsprechende Stromversorgung. Denn Kabel wie HDMI und DisplayPort sind zwar in der Lage, die für hochauflösende Displays erforderlichen Datenraten zu übertragen. HDMI schafft beispielsweise bis zu 48 GBit/s, während DisplayPort bis zu 80 GBit/s bereitstellt. Das ist auch ausreichend, um
4K-, 5K- und sogar 8K-Auflösungen darzustellen. Die Geräte benötigen jedoch immer noch eine separate Stromversorgung. Frühere USB-Versionen konnten bereits eine geringe Menge an Strom übertragen, jedoch nicht ausreichend, um größere Geräte zu betreiben. Ein entscheidender Vorteil von USB-C ist, dass die Kabel bis zu 100 Watt und 20 Volt unterstützen, was selbst für große Displays ausreichend ist. Darüber hinaus stockt der Standard auch bei den Datenübertragungsraten auf. So hatte jede USB-Generation unterschiedliche maximale Kapazitäten. Version 1.0 aus dem Jahr 1996 bot beispielsweise bis zu zwölf MBit pro Sekunde, neuere Versionen von USB-Typ-A und -Typ-B leisten hier schon deutlich mehr. USB 3.0 bietet beispielsweise bis maximal fünf GBit pro Sekunde und USB 4 schafft bereits 40 GBit pro Sekunde – wird aber noch nicht überall unterstützt. Dennoch dürfte sich diese Generation in Zukunft durchsetzen und sie ist nur mit einem USB-C-Stecker zu realisieren, der auch die Übertragung von 8K-Inhalten mit 60 Hz und auch Audioinhalten ermöglicht. Denn eines der großen Mankos herkömmlicher Videoverbindungen war bisher die Notwendigkeit eines separaten Audiokabels. USB-C löst auch dieses Problem. Der Standard bietet einen Audio-Accessoire-Modus, mit dem sowohl digitale als auch analoge Audiosignale übertragen werden können. Das macht ein weiteres Kabel überflüssig.

Diese Kombination macht USB-C zudem sehr zukunftssicher. Der Standard wurde zwar schon 2014 eingeführt, viele Monitor-Hersteller haben ihn aber erst in letzter Zeit adaptiert. Und darauf haben auch andere Anbieter reagiert. So sind bei den meisten Windows- und Apple-Geräten USB-C-Anschlüsse mittlerweile Standard. Ebenso finden sich in den neuesten Automobilmodellen vermehrt USB-C-Schnittstellen. Das macht USB-C mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer sicheren Langzeitanschaffung.

Und last but not least entfällt ein Punkt, der USB viele Jahre lang geprägt hat: Ständiges Verwechseln der Anschlüsse gehört mit dem USB-C-Standard der Vergangenheit an. In der Vergangenheit mussten Nutzer erst herausfinden, in welche Richtung und wie herum sie das Kabel anschließen müssen. Bei USB-C sind aber beide Enden gleich und der Stecker kann beliebig herum eingesteckt werden.

Nachteile von USB-C

Aber auch wenn der USB-C-Anschluss Vorteile bietet, sollten die Nachteile nicht außer Acht gelassen werden. Dazu gehört beispielsweise, dass der Standard nicht abwärtskompatibel mit älteren USB-Anschlüssen ist. Hier ist ein entsprechender Adapter erforderlich. Die Power-Delivery-Funktion der USB-C-Quelle geht bei dieser Kombination allerdings verloren beziehungsweise wird stark eingeschränkt. Hinzu kommt: Durch die Komplexität des USB-C-Anschlusses entstehen Missverständnisse in Bezug auf die jeweiligen Funktionen. Viele Anbieter bewerben meist eine schnelle Datenübertragungsrate und Power Delivery. Doch die USB-C-Kabel sehen alle gleich aus, beinhalten aber nicht immer automatisch alle Features. So gibt es reine Datenkabel, die Power Delivery nicht unterstützen oder auch reine Ladekabel ohne Datenfunktion. Der Kauf eines geeigneten USB-C-Kabels ist also nicht einfach. Nutzer müssen die jeweilige Ladeleistung und auch den Datenübertragungsstandard beachten. Des Weiteren hat sich der USB-C-Standard noch nicht bei allen Peripheriegeräten durchgesetzt, sodass gegebenenfalls eine entsprechende USB-C-Dockingstation zum Einsatz kommen muss.

Mobiles Arbeiten 2.0

Der USB-C-Standard ist grundsätzlich leistungsfähiger als bisherige Technologien und auf eine schnelle Datenübertragung ausgerichtet. So kann ein entsprechend ausgestatteter Monitor unter anderem mit mehreren Geräten – wie PC, Smartphone oder Tablet – verbunden werden und die jeweiligen Inhalte anzeigen, ohne dass der parallele Einsatz zu einem spürbaren Verlust der Bild- und Wiedergabequalität führt. Das kann beispielsweise bei Präsentationen oder Dokumenten mit kleinem Text hilfreich sein. Gleichzeitig lassen sich Endgeräte mit dem gleichen Kabel über die Stromversorgung des Monitors laden. So reicht auch beim mobilen Arbeiten gegebenenfalls ein USB-C-Kabel, das alle wichtigen Funktionen abdeckt.

Edi Kopajtic, freier Fachjournalist


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