Special: Fehlersuche im Tetra-Funknetz

12. August 2009, 0:00 Uhr | Willi Minnerup

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Messungen im Feld

Einfacher kommen Netzbetreiber und auch Kunden mit Messempfängern an die relevanten Leistungsdaten. Der entscheidende Vorteil dabei ist, dass bei einer Messung über Funk, also direkt an der Luftschnittstelle, echte Betriebsdaten aus dem laufenden Funkbetrieb aufgenommen und analysiert werden können. Handelt es sich beim Messempfänger um ein kalibriertes Messgerät und nicht nur um ein einfaches Funkgerät, so können auch Aussagen über die Funkversorgung des jeweiligen Netzes gemacht werden. Diese wird entweder direkt über den Empfangspegel gemessen, oder es wird ein Kennwert über die Dekodierbarkeit des Empfangssignals bei einer bestimmten Feldstärke ausgegeben. Grundlage dafür ist eine Messung der Bitfehlerrate. Einfache Funkgeräte beherrschen diese Funktionen nicht, da sie über keine geeigneten Empfänger verfügen und weder diese noch die verwendeten Antennen kalibriert werden können. Verknüpft man einen Messempfänger mit einer PC-basierten Messdatenerfassung, können versorgte Bereiche einfach auf Landkarten dargestellt werden. Abhängig vom verwendeten Messempfänger kann auch gleichzeitig das Signal der Basisstation und das Signal der sendenden Mobilteile gemessen werden, denn Spitzenmodelle verfügen über zwei kalibrierte Messempfänger, die synchron abgefragt werden können.

 

Einen noch tieferen Einblick in Abläufe und den Betriebszustand eines Funknetzes bekommen Betreiber durch die Nutzung von Protokollanalysatoren, etwa dem Tetra Air Analyzer von Willtek. Zusätzlich zum einfachen Messempfänger, der lediglich Vorhandensein und Stärke eines Funksignals anzeigt, können diese Geräte die Kommunikation an der Luftschnittstelle umfassend demodulieren und anzeigen, und zwar getrennt nach Signalisierungsdaten, also gewissermaßen den Steuerungsnachrichten zwischen Basisstation und Funkgerät, und Nutzdaten, also der übertragenen Sprache und Daten. Spätestens hier kommt die verwendete Verschlüsselung von Tetra-Netzen zur Sprache. Ist im Funknetz die Verschlüsselung der Luftschnittstelle (Air Interface Encryption) aktiviert, muss das Messgerät nämlich die jeweiligen Verschlüsselungsalgorithmen und die Schlüssel kennen, ansonsten kann keine Dekodierung stattfinden. Die Air Interface Encryption verschlüsselt nämlich auch die für die Analyse wichtigen Signalisierungsbefehle. Die Ende-zu-Ende-verschlüsselten Nutzdaten bleiben der Analyse aus Sicherheitsgründen ohnehin verborgen. Ihre Verschlüsselung ist auch dem Netz nicht bekannt, sondern nur den jeweiligen Kryptogeräten an den Endpunkten. Unverschlüsselte Nutzinformation, also auch Sprache, kann jedoch durchaus mit den entsprechenden Messgeräten abgehört und aufgezeichnet werden.

 

Liegen Algorithmus und Schlüssel vor oder handelt es sich um unverschlüsselte Kommunikation (Tetra Clear Mode), kann nun mit einer umfassenden Analyse des Tetra-Protokolls begonnen werden. Der Protokollanalysator empfängt alle in einer Funkzelle stattfindenden Ereignisse wie Rufaufbauten und -beendigungen, Zellwechsel, ein- und ausbuchende Geräte, aber auch Gesprächsabbrüche und fehlerhafte Signalisierungen und speichert diese in einer Datenbank. Aus diesen Daten kann nun ein statistischer Überblick über die Dienstegüte innerhalb der beobachteten Funkzelle gewonnen werden, die sich aus aussagekräftigen Parametern wie Rufaufbauzeiten, Anzahl abgebrochener Rufe, Kanallast auf Signalisierungs- und Verkehrskanälen und vielem mehr zusammensetzt. Sinnvollerweise wird man diese statistischen Parameter nicht nur momentan, sondern in einer Langzeitanalyse über mehrere Stunden oder Tage beobachten.

 

Protokollanalysatoren erlauben darüber hinaus die Analyse problematischer Ereignisse bis auf das einzelne Bit. Fehlfunktionen, wie laufend signalisierende Funkgeräte, die von der Basisstation keine Antwort bekommen und so den verfügbaren Funkkanal deutlich einschränken oder sogar überlasten, können sicher und schnell identifiziert werden. Da die Tetra-Norm beim Protokoll den Herstellern wesentlich mehr Spielraum lässt, als dies zum Beispiel bei GSM der Fall ist, kommen solche Ereignisse durchaus häufiger vor, als man das vermuten möchte. Die Prüfung der Interoperabilität (IOP) hat bei Tetra deutliches Potenzial zur Optimierung!

 

Auch fehlerhaft oder grenzwertig eingestellte Netzparameter werden in einer detaillierten Protokollanalyse über die Funkschnittstelle offenbar. Access-Parameter, die das Funkgerät anweisen, wann es die Zelle zu wechseln hat, sind häufig zu hoch eingestellt, so dass sehr viele Zellenwechsel stattfinden. Das Funkgerät findet dann gelegentlich auf Grund fehlender Nachbarkanalinformationen - auch diese können messtechnisch erfasst werden - nicht mehr zurück ins Netz, sondern muss einen zeitraubenden Suchlauf starten.

 


  1. Special: Fehlersuche im Tetra-Funknetz
  2. Messungen an Netzkomponenten
  3. Messungen im Feld
  4. Fazit

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