Weil die Wissensgesellschaft die Industriegesellschaft inklusive ihrer Werte und Normen abgelöst hat, viele Firmen jedoch noch in letztgenannter feststecken, werden weiterhin selbst Konzerne und Marken, die das Leben mehrere Generationen begleiteten, scheinbar über Nacht Konkurs gehen und Start-ups im gleichen Zeitraum groß und mächtig werden. Der Grund ist meist die fehlende Umsetzung von Visionen und Innovationen, trotz R&D-Abteilungen, Business-Development-Managern und jeder Menge Marktforschung. Nikolaus Franke, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien sagte hierzu Anfang des Jahres: „Wir neigen oft reflexhaft dazu, bei einer Innovation eher das Zerstörerische zu sehen, nicht das Schöpferische. Dafür gibt es gute Gründe. Die Lobby derjenigen, die Angst haben, etwas zu verlieren, ist gut entwickelt. Für das Neue fehlt sie meist.“ Tradierte Vorstellungen, der Respekt vor der eigenen Größe und eben jene so trefflich beschriebene Angst, haben selbst Größen wie Microsoft und Nokia sichtlich geschadet.
Doch zurück zum „neuestem Schick“, der Videotelefonie: Es wird Zeit, die Ernten einzufahren! Bereits vor einiger Zeit war es das Thema, oder anders ausgedrückt: Die Technik funktionierte erstmalig. Viele Unternehmen sahen nun eine schöne Lösung der Kundenkommunikation und -bindung. Leider sah der Endkunde es anders und die teuren Telefone mit Bildschirm lagen wie Blei in den Regalen, großangelegte Marketingkampagnen blieben erfolglos. In heutiger Sicht durchaus logisch, waren doch weder Preis noch Leistung ausgereift. Durch die heutigen Kostenlos-Modelle von Facebook, Google und Apples „Facetime“ (I-Phone 5) mit einer Abdeckung von mindestens 70 Prozent in der Bevölkerung sowie der Tatsache, dass jedes Smartphone und jeder neuere handelsübliche PC ein geeignetes Übermittlungsmedium darstellt, wird sich nun eine breite Masse damit auseinandersetzen. Die Voraussetzungen sind also in beiden Bereichen gegeben: Technik und Kultur. Nutzen Sie es!
Bleibt nur noch abzuwarten, wie die großen Carrier den Vorstoß sehen. Denn mit dem geschilderten Szenario wird tief in das Geschäftsmodell der deutschen Netzbetreiber eingegriffen. Bestreiten sie doch immer noch mit der klassischen Handy-Telefonie einen Großteil ihrer Einkünfte, die Datennetze sind aufgrund der horrenden Ausbaukosten durch deren starke Verwendung keine positive Erlösquelle. Also werden im Moment vermutlich (und hoffentlich) die Innovationsabteilungen mit Hochdruck an Visionen arbeiten. Die dann hoffentlich umgesetzt werden, denn ansonsten verschwindet möglicherweise bald wieder eine bekannte Marke von der Bildfläche.