Mangelware Cybersicherheitsexperten

Eingefahrene Recruiting-Wege verlassen

14. Dezember 2021, 13:00 Uhr | Autor: James Legg / Redaktion: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Spezialisten weltweit suchen

Eine weitere Chance, technische Talente für ein Unternehmen anzuwerben, ist die länderübergreifende Suche. Viele Spezialisten leben auf unterschiedlichen Kontinenten und können dank kollaborativer Technologien mittlerweile auch aus der Ferne für ein Unternehmen tätig sein. Die Chance zur gezielten Einwanderung ist eine weitere Option, um dringend notwendige Cybertalente anzuwerben und damit den Standort zu sichern. Führungskräfte von Unternehmen sollten bei der Umsetzung von Schulungsprogrammen rund um die Cybersicherheit zudem mehr auf Diversität achten. Immer noch sind beispielsweise viel zu wenig Frauen in diesem Bereich tätig. Gezielte Schulungsprogramme, die Frauen in den Fokus stellen, können eine Bereicherung für den kreativen Prozess und die Problemlösung sein, da unterschiedliche Perspektiven oftmals zu unkonventionellen und innovativen Lösungen führen.

Bis verschiedene Initiativen allerdings greifen, bleibt der Mangel an Fachkräften im Bereich der Cybersicherheit akut. Die Rekrutierung ist schwierig: Einmal eingestellte Mitarbeiter sind oft mit einer enormen Arbeitsbelastung konfrontiert, was zu einer hohen Burnout-Rate führt. Das führt zu noch mehr offenen Stellen. Unternehmen aller Art sind von diesem Mangel betroffen. Das zeigt sich in der enormen Zunahme von Stellenausschreibungen im Bereich der Cybersicherheit, die in den USA inzwischen dreimal so hoch ist wie auf dem gesamten IT-Markt, obwohl die Cybersicherheit nur 13 Prozent aller IT-Stellen ausmacht.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Finanzspritzen von Regierungen

James Legg, Thycotic Centrify
James Legg ist Präsident des PAM-Spezialisten Thycotic Centrify.
© Thycotic Centrify

In den USA ist bereits Hilfe in Sicht. Der Zwei-Billionen-Dollar-Plan für amerikanische Arbeitsplätze von Präsident Biden sieht beispielsweise 20 Milliarden Dollar für Behörden auf kommunaler Ebene vor. Diese können damit die Cybersicherheitskontrollen für ihre gefährdeten Energiesysteme aktualisieren und verbessern. Zumindest ein Teil dieser Mittel könnte für die Rekrutierung und Ausbildung neuer Fachkräfte in diesem Bereich verwendet werden. Auch in Deutschland tut sich etwas in puncto Cybersicherheit. In einem Forderungspapier geht der Bitkom auf das Thema Fachkräftemangel im Bereich Cybersicherheit ein. Wie sehr die deutschen Firmen davon betroffen sind, zeigt die repräsentative Bitkom-Unternehmensumfrage zur Digitalen Souveränität 2021. Auf die Frage „In welche Technologien sollte Deutschland jetzt investieren, um technologisch unabhängiger zu werden?“ landete die Antwort „IT-Sicherheitstechnologien“ mit 96 Prozent auf dem erstem Platz.

Die Stärkung und strategische Nutzung des IT-Sicherheitsstandorts Deutschland sowie die existierende und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den europäischen und internationalen Partnern muss dem Bitkom zufolge auch ein Kernanliegen der kommenden Legislaturperiode sein. In seinen Handlungsempfehlungen schreibt der Branchenverband den Parteien der neuen Koalition einige Anregungen ins Stammbuch:

  • Bildung als Schlüssel zum Erfolg verstehen: Eine wesentliche Komponente sowohl von digitaler Souveränität als auch von Cybersicherheit ist die zukunftsfähige Bildung aller Menschen in Deutschland. Für eine aufgeklärte Informationsgesellschaft müssen Medienkompetenz und IT-Know-how spätestens ab der Grundschule in die Bildungspläne integriert werden. Es braucht nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der schulischen, universitären und beruflichen Aus- und Weiterbildung. Die Lehrpläne müssen umgebaut und Cybersicherheitskurse alters- und leistungsgerecht in allen schulischen, universitären und beruflichen Aus- und Weiterbildungsangeboten integriert werden. Informatik sollte ab der Sekundarstufe als Pflichtfach eingeführt werden.
  • Dem Fachkräftemangel entgegenwirken – insbesondere durch Frauenförderung: Dem Mangel an Fach- und Führungskräften in der IT-Branche generell und speziell im Bereich der Cybersicherheit muss dringend begegnet werden. Zur Abmilderung des strukturellen Mangels muss das Potenzial der gesellschaftlichen Vielfalt genutzt und vor allem die Förderung von Frauen gestärkt werden. Es braucht Empowerment, Anreize, Förderprogramme und Vorbilder auf allen Stufen eines persönlichen Karrierewegs. Gleichzeitig benötigt man neue Angebote für Quereinsteigende und deren Verankerung im Programm der Bundesagentur für Arbeit.

Noch wertvoller als alle Forderungen und Programme ist allerdings die Erkenntnis, dass IT-Sicherheit nicht allein Aufgabe der Sicherheitsexperten ist. Vielmehr handelt es sich um eine gemeinsame Verantwortung für jeden Einzelnen in der Gesellschaft. Sie sollte nicht als lästige Bürde empfunden werden. Der alljährliche „Cybersecurity Awareness Month“ im Oktober erinnert daran, dass jeder ein potenzielles Opfer ist. Wenn es gelingt, das Aufspüren und die Verfolgung von Betrügern und Kriminellen zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe zu machen – insbesondere auch für Nicht-IT-Fachleute –, könnte die Arbeit von Cybersicherheitsspezialisten deutlich einfacher werden.


  1. Eingefahrene Recruiting-Wege verlassen
  2. Spezialisten weltweit suchen

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu connect professional

Weitere Artikel zu Sicherheit

Weitere Artikel zu Viren-/Malware-Schutz

Matchmaker+