Interview: Zehn Jahre »I Love You« Virus

Wie der erste Supervirus die IT-Welt veränderte

31. Mai 2010, 12:14 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Nie dagewesene Infektionsrate

Wie lange dauerte es, bis Ihrem Expertenteam klar wurde, das man es hier mit einer völlig neuen Bedrohungslage zu tun hatte?

Fletcher: Uns war innerhalb von nur rund 30 Minuten klar, dass dies ein bis dato unerreicht massiver Virusangriff werden würde. Damals waren 30 Minuten die übliche Zeit zwischen den geplanten Updates des täglichen Viren-Zählers auf unserer Homepage. Und alleine in dieser Zeitspanne übertraf die Zahl der geblockten Angriffsversuche schon die Menge, die wir sonst an einem ganzen Tag hatten. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir zwar noch nicht, was der Virus auf befallenen Systemen alles anstellen konnte, aber alleine die Geschwindigkeit mit der er sich verbreitete, verursachte bei Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen riesige Probleme; Mailserver und Netzwerke auf der ganzen Welt ächzten unter der Last.

Als wir den Virus dann genauer analysierten, um sein Verhalten zu entschlüsseln, fiel uns auf, dass er außerdem eine ganze Menge Dateien überschrieb und sie damit im Endeffekt zerstörte.

War Ihnen damit auch gleich klar, dass dies nur der erste Vertreter einer wahren Flut neuer Viren- und Malware-Attacken auf Computer in aller Welt sein würde?

Fletcher: Zu dieser Zeit waren Viren hauptsächlich das Werk von so genannten »Skript-Kiddies« - es gab nur einige wenige Leute, die wirklich neue Angriffs-Techniken und -Methoden entwickelten; aber dafür gab es eine Menge andere Leute mit bedeutend weniger Fachwissen, die sich einfach schnappten was sie an (Schad)Code finden konnten, ihn modifizierten und dann weiter verteilten. Somit war uns zumindest sofort klar, dass es nur einige Tage dauern würde, bis auch von diesem Virus erste Varianten auftauchen würden. Dabei hatte sich der LoveBug so erfolgreich und schnell weiter verbreitet und solch eine große Aufmerksamkeit erzeugt, dass klar absehbar war, dass andere die ebenfalls auffallen wollten schnell aufspringen würden.

Wir wussten, dass die Welt sich verändert hatte. Obwohl »LoveBug« nicht der erste Email-Virus war, so war er doch einer der ersten und zu diesem Zeitpunkt definitiv derjenige, der sich am schnellsten verbreitete. Damit zeigte er uns allen deutlich, wie schnell und effektiv sich so etwas weltweit verbreiten lässt. Alleine in den ersten 10 Stunden nach seinem ersten Auftauchen hatte sich der Virus so weit verbreitet, dass jede 28. versendete Email damit infiziert war. Das war schlicht und einfach zu attraktiv für all jene, die nach schnellem zweifelhaftem Ruhm strebten.

Was wir bis dahin allerdings noch nicht bedacht hatten, war, dass es auch sehr interessant für die kriminellen Kreise war, die von diesem »Erfolg« inspiriert sehr schnell begannen, die Methoden dieses Angriffs auch für ihre Zwecke zu missbrauchen.


  1. Wie der erste Supervirus die IT-Welt veränderte
  2. Nie dagewesene Infektionsrate
  3. Das Versagen der Signaturen
  4. Neue Gefahren durch die Sozialen Netze

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