CRN-Interview zu gebrauchter Software

»Anstieg von dubiosen Anbietern«

18. März 2014, 16:03 Uhr | Lars Bube
Seit 1995 handelt Dirk Lynen mit gebrauchter Software. (Bild: 2ndsoft)

Dirk Lynen, Geschäftsführer von 2ndsoft, schlägt im Interview mit der CRN ein zentrales Software-Lizenzregister nach dem Vorbild der Grundbücher vor.

CRN: Herr Lynen, wie bewerten Sie als »alter Hase« der Branche mit 2ndsoft die aktuelle Umsetzung des BGH zum EuGH-Urteil über den Weiterverkauf gebrauchter Software?

Dirk Lynen: Ich bin kein Jurist, aber in den wichtigsten Punkten sehe ich, dass der BGH das EuGH-Urteil notgedrungen akzeptiert und übernommen hat. Was allerdings das Aufteilen von Volumenlizenzen angeht, scheint es noch keine klare Linie zu geben. Dass der BGH dem Erwerber von gebrauchten Lizenzen die Nachweispflicht dafür auferlegt, dass der Verkäufer seine Programmkopie(n) unbrauchbar gemacht hat, überrascht mich auch ein wenig. Schließlich hat der Verkäufer mit seiner Willensäußerung die Nutzungsrechte an der Lizenz abgegeben und hat somit selbst dafür Sorge zu tragen, dass er die Lizenz nicht mehr benutzt. Anderenfalls begeht er eine Straftat, für die der Käufer nicht zur Verantwortung zu ziehen ist.

CRN: Welche Punkte müssen aus Sicht des Handels evtl. noch geklärt werden?

Lynen: Es ist wie schon oben erwähnt, immer noch nicht jedem klar, ob und in wieweit Volumenlizenzen aufgeteilt werden dürfen. Leider existiert kein zentrales Lizenzregister, das nach Vorbild eines Grundbuches (bei Immobilien) zweifelsfrei klären könnte, wer an einer Lizenz zum Zeitpunkt das Nutzungsrecht besitzt.

CRN: Microsoft akzeptiert zwar, dass BGH und EuGH den Handel grundsätzlich erlauben, geht jedoch immer wieder gegen die einzelnen Formen des Handels vor - seien es notarielle Testate, COAs, Recovery-Datenträger, Pakete oder ähnliche Ansätze. Wie schaffen Sie Sicherheit für Ihre Kunden? Gibt es eine Bereitschaft zur direkten Zusammenarbeit seitens Microsoft?

Lynen: Wir übertragen Volumenlizenzen ohne notarielle Testate – stattdessen benutzen wir die vom Hersteller vorgegebene Methode (bei Microsoft beispielsweise das MSVLSC). Der Nachteil: wir müssen uns an die Einschränkungen der Hersteller halten, die wir teilweise gesetzlich nicht begründet sehen. Einzelbestandteile wie COAs oder Recovery-Datenträger handeln wir aus markenrechtlichen gründen nicht. Aufgrund von Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil aus dem Jahr 2011, bieten wir grundsätzlich seit 2011 auch keine vollständigen Recovery-Versionen mehr an.

Bei Paketen (Retail und OEM/Systembuilder) überprüfen wir im Ankauf JEDES EINZELNE STÜCK auf Echtheit und Vollständigkeit. Für den Endverbraucher ist es bei der erstaunlich hohen Qualität der heutzutage anzutreffenden Fälschungen fast nicht möglich, eine Fälschung als solche zu erkennen. Erst der unmittelbare Vergleich mit einem Original bringt letztendlich Gewissheit.

Im Zweifel kann der Kunde aber zumindest bei Microsoft-Software auch immer den Hersteller zu Rate ziehen, indem er das zweifelhafte Produkt zur Überprüfung einsendet. Leider ist die Zusammenarbeit mit Microsoft nicht immer befriedigend. Wichtige Informationen, mit denen man leicht schon früh neue Fälschungswellen erkennen könnte, werden eher sparsam herausgegeben.


  1. »Anstieg von dubiosen Anbietern«
  2. Der Markt profitiert von den Urteilen
  3. Die Klagewelle wird weitergehen

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