Editorial CRN 19/2018

Arbeitskultur ist mehr als PR-Gewäsch

11. Mai 2018, 14:11 Uhr | Jona van Laak

Digitale Transformation und Arbeitskultur gehen mittlerweile Hand in Hand. Doch der Wandel der Arbeitswelt geht bis an die Wurzeln des unternehmerischen Selbstverständnisses und fordert ein soziales Miteinander.

Es ist ein Wettbewerb im Gange in Sachen Arbeitskultur und kaum etwas wirkt zur Zeit so innovativ, wie die visionären Ideen, die in Sachen Robotik, KI oder Digital Workplace zirkulieren. Das ist großartig. Allerdings wäre es vielleicht noch großartiger, wenn dabei die Arbeitsbedingungen von heute nicht in Vergessenheit geraten würden. Wie es nicht sein sollte, demonstrieren mal wieder die Branchenführer. Die Deutsche Post unterhält ein System von Endlos-Befristungen, bei denen die Anzahl der Krankheitstage oder die Geschwindigkeit bei der Paketzustellung über die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses entscheidet – manche Mitarbeiter berichten über mehr als 40 befristete Kettenverträge in Folge. Und Amazons Lageristen meiden den Gang zur Toilette, aus Angst vor Disziplinierungsmaßnahmen und dem Verlust des Arbeitsplatzes. Die Reaktion der Unternehmen: völliges Unverständnis über die öffentliche Kritik.

Die Politik will sich das jetzt nicht mehr bieten lassen. Bundesfinanzminister und SPD-Mitglied Olaf Scholz hat angekündigt, der Deutschen Post einmal deutlich zu erklären, wie das funktioniert mit gerechten Arbeitsbedingungen. Schließlich gehört das ja auch zu den sozialdemokratischen Kernkompetenzen, zumindest spätestens seit der Agenda 2010.

Die Frage der Arbeitskultur ist eben mehr als nur Hochglanzprospekte oder Image-Filmchen, wie der CRN-Schwerpunkt beleuchtet (Seite 18). Sie spiegelt ein historisch gewachsenes Verständnis wider. Und sie umfasst alle Mitarbeiter, vom Lageristen bis zum Manager. Da überrascht es wenig, dass nahezu alle Studien zu dem Ergebnis gelangen, dass die Mehrheit der Mitarbeiter Veränderungen positiv gegenüber steht. Manche werden sie vermutlich sogar sehnlichst erwarten – wenn sie nur ernst gemeint wären.

Mit besten Grüßen

Jona van Laak


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