Klar ist aber auch: Nicht nur Zalando versucht den Konsumenten durch künstliche Verknappung zum Kauf zu animieren. Im Gegenteil: Sowohl im Einzel- als auch im Online-Handel hat die Methode eine lange Tradition und wird auch heutzutage konsequent eingesetzt. Schon während des zweiten Weltkriegs beschrieb der amerikanische Psychologe Abraham Maslow, was die Angst vor möglichem Mangel mit dem Menschen anstellt. Sie löst Stress und einen verstärkten Kaufimpuls aus. Tschibo praktiziert die Methode mit seinen wöchentlich wechselnden Themenwelten perfekt, hier wird die Verknappung durch zeitlich begrenzte Erwerbsmöglichkeiten herbeigeführt. Auch Rabattaktionen wie bei Media-Markt sind eine Form der Verknappung. »Lieber Kunde, so günstig wie jetzt wirst du dieses Produkt so schnell nicht wieder erhalten. Schlage jetzt zu, bevor es ein anderer tut«, so die unterschwellige Botschaft. Bei Luxusartikeln wie Uhren oder Schmuck werden absichtlich oft nur geringe Stückzahlen produziert, um die Preise in die Höhe zu treiben – künstliche Verknappung, damit sich die Käufer einer elitären Schicht zuordnen können.
Doch nirgends funktioniert dieses Spiel so gut wie im Online-Handel, bei dem der Kunde sich nie sicher sein kann, wie viele mögliche Konkurrenten noch um das gleiche Angebot herumschleichen. Die Anbieter nutzen das aus: Vor allem Reiseportale spielen die »Nur noch ein Zimmer«-Karte, um den Kunden zum Kauf zu zwingen. Doch bei Zalando konnten die Kontrolleure sehr leicht nachweisen, dass der Etailer seine Kunden vorsätzlich mit falschen Informationen versorgte, indem sie einfach mehr Waren bestellten – und erhielten – als angeblich noch vorrätig waren. Eine Beweisführung, die bei Hotelzimmern mit wechselnden Aufenthaltszeiten nicht so leicht umsetzbar ist.
Gleichzeitig hatte die Behörde mit dem NDR einen Beschwerdeführer, den sie für offizielle Untersuchungen und daraus eventuell resultierende Abmahnungen benötigt. Zumindest hat Zalando jetzt reagiert und die umstrittene Floskel um zwei kleine Worte ergänzt: Nun sind »noch mehr als drei Artikel« verfügbar. Jetzt kann sich der modebewusste Zalando-Kunde also gemütlich zurücklehnen und den Kauf genau abwägen.