Interview mit Wolfram Jost, Vorstandsmitglied der Software AG

»Digitale Geschäftsapplikationen schnell entwickeln«

22. April 2015, 16:13 Uhr | Werner Fritsch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Geschäftsprozesse und Datenstrukturen ändern sich, die Plattform-Funktionalität bleibt

CRN: War es nicht immer schon so, dass Unternehmen Routineaufgaben mit Standardsoftware abgedeckt, und wenn es um das Kerngeschäft ging, Individuallösungen vorgezogen haben?

Jost: Auch diese Individuallösungen waren nicht flexibel, sondern gewissermaßen eine intern entwickelte Standardsoftware. Die Grundidee, dass man Software für viele Jahre entwickelt, war dieselbe. Die Prozesse waren stabil. Heute entwickelt man Software für Prozesse, die es noch gar nicht gibt. Die Prozesse müssen ständig neu gestaltet werden. Das erfordert eine andere Art von Software-Entwicklung. Man kann nicht mehr sagen: Das ist der Prozess für die nächsten fünf Jahre und dafür wird Software entwickelt. Im digitalen Geschäft und in kundenorientierten Zusammenhängen fragt man sich zum Beispiel: Wie ist künftig Support zu leisten? Wie sieht der Prozess dafür aus? Die Software passt dann vielleicht nur für ein Jahr. Danach braucht man etwas neues, weil sich etwas wesentliches geändert hat. Man muss unterscheiden zwischen der Geschäftslogik, die sich verändert, und der Plattformfunktionalität. Prozesse integrieren und ausführen, Regeln abbilden, Daten speichern: das wird immer notwendig sein. Wie die Prozesse, Daten und Regeln aussehen: das ist sehr dynamisch. Darum entkoppeln wir das. Die Grundkomponenten kann man als Plattform verkaufen, aber die Geschäftslogik muss der Kunde für sein Business selbst entwickeln.

CRN: Es gibt dann also einen Trend zu Wegwerf-Applikationen: ein Jahr und danach wird etwas neues gebraucht.

Jost: Man kann es positiver auch Opportunity-getrieben nennen. Die Zukunft ist nicht mehr so vorhersehbar und deshalb die Haltbarkeit von Applikationen nicht mehr so wie in der Vergangenheit. Wenn wir über digitales Business oder das Internet der Dinge reden, dann geht es nicht um Controlling oder Personalmanagement, sondern um Prozesse mit Kundenbezug, um Support, Marketing, E-Commerce oder Lieferantenmanagement.

CRN: Welche Bausteine umfasst denn Ihre neue Plattform?

Jost: Erstens gehören dazu die Werkzeuge für das Managen der Transformation. Denn neue Prozesse führen zu neuen Organisationseinheiten und Möglichkeiten. Mit unserer Modellierungssoftware Aris unterstützen wir die Transformation und die Governance der Geschäftsprozesse. Auf der IT-Seite entspricht dem das Applikationsportfolio-Management durch unsere Produktlinie Alfabet. Bei den Runtime-Systemen und Entwicklungswerkzeugen haben wir mit Terracotta einen In-Memory-Datastore, mit Webmethods Werkzeuge für Anwendungsintegration und Geschäftsprozessabbildung, ferner mit Apama Entscheidungsunterstützung in Realtime und mit Visual Analytics. Wir haben Software für Daten, Integrationen, Prozesse und Entscheidungen.

CRN: Das ist Software, die Sie schon viele Jahre im Portfolio haben, größtenteils zugekauft.

Jost: Ja, aber jetzt ist das zu einer Plattform zusammengewachsen. Außerdem haben wir das Management des Entwicklungsprozesses – Design, Implementierung, Test, Deployment, Provisioning, Updates – im Sinn eines umfassenden Lifecycle-Management dazuentwickelt.

CRN: Was ist die Rolle der Partner, der Reseller und Dienstleister, im Hinblick auf diese neue Technologie?

Jost: Partner sind wichtig, um Adaptive Applications fall- und branchenspezifisch zu entwickeln. Wir haben selber nicht das Domänen-Knowhow. Partner können als Berater mit ihren Kunden zusammen solche Anwendungssoftware entwickeln. Das können Systemintegratoren oder ISVs sein. Für die Partner gibt es Schulungen und Marketing-Unterstützung zur Digital Business Platform. Wir sind nicht alleine im Markt, darum müssen wir da etwas tun.


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