Ähnlich verhält es sich beim Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dieser besteht neben den entstandenen Ermittlungskosten auch aus den Kosten für das durchgeführte Auskunftsverfahren. Den Großteil des Aufwendungsersatzes aber machen die Gebühren für Rechtsanwalt und Abmahnkanzlei aus, die von dem Abgemahnten eingefordert werden. Auch hier schließen sich die Richter in ihrem aktuellen Urteil der gebräuchlichen Auffassung an und setzen die Verjährungsfrist bei drei Jahren fest. Abmahnkanzleien dürfen also auch weiterhin ihre eigenen Kosten nach drei Jahren nicht mehr gegenüber dem Abgemahnten geltend machen. Anders gestaltet sich der Fall lediglich, wenn ein ergangener Mahnbescheid der Verjährungsfrist im Weg steht.
Zum dritten Anspruch, den des Lizenzschadensersatzes, äußerte sich der BGH nun erstmalig und warf mit seiner Einschätzung die Ansicht vieler Anwälte als auch Gerichte über den Haufen. Zahlreiche Amtsgerichte, beispielsweise aus Bielefeld, Kassel oder Hamburg, hatten die Verjährungsfrist in früheren Urteilen auf drei Jahre festgelegt. Auch bei WBS war man laut Solmecke bis dato davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Ersatz eines Lizenzschadens ebenfalls nach drei Jahren verjährt. Die »Abmahnindustrie« hatte indes stets die Verjährungsfrist auf zehn Jahre festgelegt. Bis zum nun veröffentlichten Urteil des BGH hatte es in dieser Frage noch keine höchstrichterliche Entscheidung gegeben. Jetzt steht fest, der BGH geht von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus und stärkt so die Position der Rechteinhaber bei Filesharing-Prozessen deutlich.
Im aktuellen Fall ging es um die Rechte am Titel »Everytime we touch« der Gruppe »Cascada«. Die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Rasch hatte einen Familienvater wegen Filesharing von Musikaufnahmen abgemahnt und schlussendlich verklagt. Dabei wurden insgesamt 809 Audiodateien gefunden, die über »Bearshare« heruntergeladen worden waren. Der 2007 abgemahnte Anschlussinhaber wehrte sich gegen den Vorwurf und argumentierte, sowohl die Ehefrau als auch seine beiden minderjährigen Kinder hätten Zugriff auf den Rechner gehabt. Zudem sei er selbst zur fraglichen Zeit nicht am Rechner gewesen und überhaupt treffe die heruntergeladene Musik nicht seinen Geschmack. Dem BGH aber reichte die Argumentation des Vaters nicht aus. Dieser werde seiner sekundären Darlegungslast erst gerecht, »wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen«. Damit dürften in den nächsten Jahren deutlich mehr Schadensersatzklagen trotz sogenannter »Familienanschlüsse« für die Rechteinhaber erfolgreich sein. Hier hatten in der Vergangenheit viele Gerichte die Klagen abgeschmettert, weil die Täterschaft nicht eindeutig hatte bewiesen werden können.