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Gebrauchtsoftware: BGH drückt sich um klares Urteil

18. Juli 2013, 10:46 Uhr | Lars Bube
Der BGH hat mit einem schwachen Urteil enttäuscht. (Bild: senk, fotolia.com)

Auch wenn der BGH die Vorgaben des EuGH zu gebrauchter Software akzeptiert, haben die obersten deutschen Richter erneut die Chance vertan, für Klarheit im Markt zu sorgen.

Sowohl die Softwarehersteller als auch die Händler von gebrauchter Software hatten seit Monaten mit Spannung auf das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) im Fall Oracle gegen Usedsoft (I ZR 129/08) gewartet. Zur gestrigen Verhandlung haben sich dementsprechend Vertreter fast aller großen Anbieter beider Seiten dieses Streits im Gerichtssaal eingefunden, so dass sogar zusätzliche Sitzplätze installiert werden mussten. Sie alle hofften auf eine klare Ansage der obersten Richter, wie die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der dem Gebrauchtsoftwarehandel im vergangenen Sommer klar den Rücken gestärkt hatte, in Deutschland umzusetzen sei. Das Bundesgericht wollte ihnen diesen Gefallen jedoch nicht tun und verpasste trotz der langen Vorbereitungszeit einmal mehr die gute Chance, dem Markt klare Regeln vorzugeben. Zwar haben die Richter anhand des konkreten Falls die europäischen Regeln grundsätzlich voll anerkannt, sich dabei allerdings um die allseits erhoffte weitergehende Entscheidung gedrückt. »Auch wenn es dem Senat sichtbar schwer gefallen ist, so bin ich doch froh, dass die Richter die Vorlagen des EuGH akzeptieren und übernehmen. Nachdem der Senat fast ein Jahr für die "Übersetzung" des EuGH Urteils in das Verfahren benötigte, hatte ich befürchtet, dass dem Softwarehersteller ein Hintertürchen angeboten würde, um den Verkauf von gebrauchter Software zu verhindern«, kommentierte der Gebrauchtsoftwarehändler Axel Susen die schwache Entscheidung. Ähnlich enttäuscht sehen dies in ersten Reaktionen die meisten Vertreter dieses Branchenzweigs, sowie auch der Softwareindustrie auf der anderen Seite.

Konkret ging es im gestrigen Streitfall um die Anfechtung eines Urteils des als besonders anbieterfreundlich bekannten Oberlandesgerichtes (OLG) München aus dem Jahr 2008. Darin hatten die bayerischen Richter den Handel mit gebrauchter Software auf Basis des Urheberrechts generell für unzulässig erklärt. »Die Rechtslage ist klar und eindeutig und bedarf weder einer Bestätigung durch den EuGH noch durch den BGH«, so das Credo nach der damaligen Verhandlung, das bei vielen Rechts- und IT-Experten für großes Erstaunen gesorgt hatte. Wie falsch das OLG mit dieser Einschätzung tatsächlich gelegen hatte, zeigte sich spätestens im Juli 2012, als der EuGH den Weiterverkauf von Software inklusive Volumenlizenzen und Downloadsoftware eindeutig für rechtmäßig erklärte. Ein Jahr nach diesem richtungsweisenden Urteil und fünf Jahre nach dem strittigen Verfahren nahm der BGH auf dieser Basis nun gestern die Entscheidung der Münchner Kollegen zurück und erkannte, wenn auch eher widerwillig, die Rechtsprechung des EuGH an. Der vorsitzende Richter Joachim Bornkamm brachte dabei zum Ausdruck, dass ihm die europäische Vorgabe nicht so recht schmecken will: »Das EuGH hat sich über die dogmatischen Grenzen des Urhebergesetztes hinweg gesetzt«, so Bornkamm. Statt selbst die erhoffte Klärung über die deutsche Umsetzung des EuGH-Urteils zu bringen, verwiesen er und seine Kollegen den Fall einfach zurück nach München. Immerhin, »Das Urteil gegen usedSoft wurde aufgehoben. Das OLG München muss nun auf Grundlage des EuGH-Urteils neu entscheiden. Der BGH hat sich damit dem EuGH-Urteil, nach dem der Software-Gebrauchthandel grundsätzlich legal ist, in vollem Umfang angeschlossen«, freut sich Usedsoft-Chef Peter Schneider in einer ersten Reaktion gegenüber www.connect-channel.de.


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  2. Verschieben statt entscheiden

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