Die Absage und Trumps Äußerungen trüben die Aussichten auf eine baldige Einigung. Als Trump den Handelskrieg vor mehr als einem Jahr begonnen hatte, war er noch davon ausgegangen, ein solcher Konflikt sei »leicht zu gewinnen«. Die US-Regierung hat seither Strafzölle auf fast alle Importe aus China - Waren im Wert von rund 500 Milliarden US-Dollar - angekündigt oder bereits verhängt. Damit will Trump Peking Zugeständnisse abringen.
Ein früherer ranghoher chinesischer Wirtschaftsplaner enthüllte Details der US-Forderungen, die die Verhandlungen im Mai platzen ließen. Li Deshui, zuletzt Chef des Statistikamtes, sprach in einem Aufsatz, aus dem die Hongkonger Zeitung »South China Morning Post« zitierte, von nicht akzeptablen Bedingungen. Die USA hätten gefordert, dass China seine Gesetze ergänze. Auch hätten sie einen Mechanismus gefordert, mit dem sie jederzeit Sanktionen hätten verhängen können, ohne dass Peking hätte Vergeltung üben können.
Die USA hätten ferner versucht, Chinas High-Tech-Industrie und Staatsunternehmen zu beschränken, schilderte Li Deshui, früher ein prominenter Wirtschaftsplaner. China hätte seine Märkte und den Finanzsektor »bedingungslos» öffnen sollen. »Das ist ein völlig ungerechter Vertrag, der versucht, China zu kolonisieren«, benutzte Li Deshui eine Sprache, die an die Zeit des Imperialismus westlicher Mächte im 19. Jahrhundert erinnert.