Neben dem Zugang zu verschlüsselten Messenger-Diensten wie Telegram oder Signal hat das Bundesinnenministerium bei seinen Überlegungen für eine Reform des Verfassungsschutzgesetzes auch diese Foren im Blick. Der Entwurf für die Gesetzesnovelle ist aktuell noch Gegenstand von Diskussionen zwischen dem Innenressort und dem Justizministerium, das eine Ausweitung der Befugnisse mit einem Mehr an parlamentarischer Kontrolle verbinden will.
Auch der mutmaßliche Täter von Halle scheint sichtbar fasziniert von Videospielen. Für den Live-Stream seiner Tat suchte er sich die Web-Plattform Twitch aus, die zu Amazon gehört. Hier streamen vor allem Gamer ihre Computerspiele, darunter Spiele wie »League of Legends«, »World of Warcraft«, »Fortnite«, aber auch Sportsimulationen wie »Fifa 20« und andere Spiele.
Mick Prinz, der sich bei der Amadeu-Antonio-Stiftung mit rechter Propaganda auf Gaming-Plattformen beschäftigt, sieht im Manifest von B. viele Parallelen zu Videospielen: Er setze sich dort Ziele (»Achievements«) und beschreibe seine Mission. Dass er am Ende zwei Menschen tötet statt wie beabsichtigt Dutzende, steht dem nicht entgegen. »Auch für erste Schritte gibt es in einigen Videospielen "Achievements" – beispielsweise für das Kreieren eines eigenen Gaming-Charakters«, sagt Prinz. »Stephan B. greift diese Thematik auf. Schon das Hochladen seines Dokuments wertet er als Erfolg. In anderen Achievements formuliert er konkrete Gewaltakte und Tötungsfantasien.« Damit schafft er auch Vergleichbarkeit für mögliche Nachahmer.
Auch die Selbstbeschimpfungen B.s, die zur Schau gestellte Improvisation, passen in dieses Bild. Seine Waffen beschreibt er als »billig«, die Ausrüstung als »unzuverlässig«, und wie es im Gebäude aussieht, das er angreifen will, weiß er auch nicht. »Was könnte schon schief gehen?«, fragte der mutmaßliche Attentäter von Halle sarkastisch in seinem online veröffentlichten Ablaufplan.