Der Branchenverband IVD sieht vor allem die Piraterie als Wurzel des geschäftlichen Übels – es werde zu wenig getan gegen illegale Downloads und Abrufe im Internet. »Ohne eine stärkere Bekämpfung der Piraterie wird es nicht wieder aufwärts gehen«, moniert Jörg Weinrich, Geschäftsführender Vorstand vom IVD.
Andere Experten halten hingegen die Internet-Konkurrenz für den Hauptgrund des Niedergangs. Florian Kerkau von der Strategieberatung Goldmedia sagt, durch die Online-Anbieter hätten stationäre Verleiher ihre Existenzberechtigung am Markt verloren. »Das Geschäftsmodell der Videotheken wurde eins zu eins ins Internet übertragen – anstatt in ein Geschäft zu gehen, eine DVD auszuleihen und später zurückbringen zu müssen, reichen heute ein paar Klicks.«
Hermann-Dieter Schröder vom Hans-Bredow-Institut an der Hamburger Universität sieht es ähnlich. «Videotheken werden durch Online-Dienste substituiert», sagt er. Früher sei ihr Vorteil gewesen, dass Konsumenten den Zeitpunkt für eine Filmsichtung selbst wählen konnten, unabhängig vom Fernsehprogramm. »Durch das Internet ist das zur Selbstverständlichkeit geworden.« Und die Perspektiven? «Bleiben düster», sagt Experte Kerkau. »Der Videothekenmarkt wird in der Bedeutungslosigkeit versinken.« Fachmann Schröder meint gar, in 10 Jahren werde die Zahl der Videotheken in Deutschland gegen null tendieren. »Die Branche liegt im Sterben.«
Ein Videothekenbesitzer meldet sich dann doch noch zu Wort: Silvio Neubauer setzt in seiner Filmgalerie Berlin auf ein künstlerisch anspruchsvolles Programm und hat sich damit einen Namen gemacht. Vor dem Abwärtssog hat ihn das aber nicht bewahrt - seit 2008 sank der Umsatz um 70 Prozent. »Ohne drastisches Sparen bei Raumkosten und Personal sowie ein gerütteltes Maß an Selbstausbeutung würden wir […] nicht mehr existieren«, sagt Neubauer.
Er rümpft die Nase über die Streaming-Konkurrenz, die »inhaltlich schwachbrüstig« sei. Deren »Leitbild eines algorithmisch hochgezüchteten Kommerzangebotes« sei schlecht für das kulturelle Angebot - »mit langfristig schwer abschätzbaren Schäden auch im Bereich der Bildung«. 27 000 Titel zählt die Mediensammlung der Filmgalerie, die will Neubauer auch künftig erhalten. Aber wie? Er nennt den Staat: Nach seiner Überzeugung sind Videotheken für ein unabhängiges Kulturangebot enorm wichtig - für ihren Erhalt könnten Fördermodelle »vielleicht der einzige Ausweg sein«.