Wo bleibt der Protest gegen Datenmissbrauch?

Vom schweigsamen Bürger

6. April 2018, 16:20 Uhr | Jona van Laak
Protest (Foto: Photocreatief - Fotolia)

»Verdatet und verkauft« – mit Slogans wie diesen entrüsteten sich vor 30 Jahren viele Bürger gegen die Volkszählung. Heute geht niemand mehr gegen millionenfachen Datenmissbrauch auf die Straße. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. Ein Kommentar.

Tausendfach klebten Protestler die Personenbögen der Volkszählung an die Berliner Mauer, dazwischen gesprayte Slogans mit »Lasst euch nicht erfassen« oder »Meine Daten gehören mir«. Die Volkszählung löste 1987 massive Proteste in der Bevölkerung aus. Viele zweifelten am Nutzen der Befragung oder bangten um die Sicherheit der gesammelten Daten, die erstmals mit Hilfe von Computertechnik ausgewertet und gespeichert werden sollten. Auf den Plakaten der Grünen und der FDP prangten entkleidete oder im Einmachglas eingeweckte Körper – mit dem Slogan »Verdatet und verkauft« warnte etwa die FDP vor einem gläsernen »Bürger ohne Selbstbestimmung« und fragte zynisch »Böse Zukunftsvision oder Wirklichkeit der modernen Computertechnik?«.

Etwa 30 Jahre später wird man diese Frage wohl mit letzterem beantworten müssen, vergeht doch kaum ein Monat, in dem es Datenmissbrauch oder Datenverluste im großen Stil nicht auf die Titelseiten schaffen. Denn während kleine und mittelständische Unternehmen die steigenden Datenschutzauflagen zu erfüllen versuchen, entziehen sich die global Player ihrer Verantwortung. Bedauerlicherweise ist Mark Zuckerberg mit seiner Strategie des Aussitzens erstaunlich erfolgreich, besonders auch deshalb, weil die wenigsten Nutzer aus dem Fehlverhalten des Konzerns Konsequenzen ziehen. Mittlerweile sind weltweit potenziell bis zu 87 Millionen Nutzer davon betroffen (310.000 in Deutschland), aber es gibt keine ernsthaften Proteste oder Austritte aus dem Netzwerk – wobei letzteres auch gar nicht möglich ist, denn die einmal zur Verfügung gestellten Daten werden wohl nie vollständig gelöscht. Aber man möge sich einmal kurz fragen, welcher CEO eines KMU bei einem derartigen Datenleck mit plakativen Aussagen wie »Ich will nicht, dass jemand unglücklich ist« oder »Wir sind ein idealistisches Unternehmen« davon käme?

Aber Facebook ist eben nicht nur zu einem Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung, sondern vor allem zu einem der mächtigsten gesellschaftspolitischen Akteure geworden. Ein Akteur, der weltweit die zwischenmenschliche Kommunikation steuert, Nutzer vermisst und zu Adressaten von Werbebotschaften macht und immer engere Bande zu politischen Entscheidern knüpft. Es ist eben kein Zufall, dass bei Wahlkämpfen oder Referenden wie dem Brexit in sozialen Netzwerken fleißig Meinungsmache für politisch einflussreiche oder vermögende Personen betrieben wird. Und wie sich im Zuge der NSA-Affäre (FISC gegen Verizon / Prism Programm) gezeigt hat, greifen auch Geheimdienste massenhaft private Datensätze ab – finanzielle Gegenströme sind natürlich vorhanden.


  1. Vom schweigsamen Bürger
  2. Herrschaft beruht auf Anerkennung

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