funkschau: Wo sehen Sie denn hierzulande konkret noch Optimierungspotenzial, wenn es um die Digitalisierung von Fabriken geht, und welche Hürden gilt es dabei zu überwinden?
Fischer: Grundsätzlich wird Digitalisierung in unseren Augen zu kompliziert gedacht. Häufig verliert man sich in Buzzwords und langatmigen Strategien. Wir raten Fabriken immer, sich ganz spezifische operative Probleme herauszusuchen, die dann mit gezielten Softwarelösungen verbessert werden. Hinter Industrie 4.0 stecken dann neue Technologien, die es einfacher, günstiger und schneller machen, diese Potenziale zu heben. Technologie sollte nie ein Selbstzweck sein, sondern immer mit operativen Verbesserungen verbunden sein.
funkschau: Actyx‘ Kernlösung ist ein Betriebssystem für die digitale Vernetzung von Fabriken. Wie ist die Plattform-Architektur beschaffen?
Fischer: Unser Kernprodukt ist ActyxOS, ein Softwareprogramm, das direkt auf Endgeräten wie Tablets, Smartphones oder Gateways installiert wird. ActyxOS kümmert sich darum, dass Daten automatisch zwischen den Endgeräten ausgetauscht und gespeichert werden. Zudem bietet es eine Umgebung, um Apps direkt auf den Endgeräten laufen zu lassen. Die gesamte Kommunikation und Speicherung der Daten erfolgt dezentral – es wird kein zentraler Server benötigt. Dadurch ist das System ausfallsicher und gut skalierbar, beides ist für Fabriken sehr wichtig. Wir bieten zusätzlich Entwicklerwerkzeuge an, um Apps schnell zu entwickeln und einfach zu installieren. Wir wollen den Softwareentwickler maximal produktiv machen, damit er zuverlässige Softwarelösungen für Fabriken implementieren kann.
funkschau: Und wer konkret profitiert wie von diesem Lösungsansatz?
Fischer: Fabriken können schnell auf digitale Lösungen umsteigen und ihre Effizienz erhöhen. Ein Beispiel: Peri, einer unserer Kunden, der Gerüstsysteme herstellt und vermietet, hat bis dato seine Daten manuell erfasst. Das hat viel Zeit gekostet. Unsere Lösung hat die Datenerfassung digitalisiert. Inzwischen stehen an jeder Station Tablets, die Maschinen sind in das System eingebunden und es gibt eine Schnittstelle zu einem zentralen Server. Gegenüber anderen Lösungen, die zum Beispiel auf einem Cloud-System basieren, bieten wir außerdem ein geringeres Risiko. Fabriken bekommen schneller Lösungen und können klein anfangen.
funkschau: Was genau meinen Sie mit „klein anfangen“?
Fischer: Damit meine ich, mit einer Maschine und einem Tablet beispielsweise. Bei Peri waren wir zuerst nur an einem Standort aktiv, die Lösung konnte, nachdem sie erfolgreich im ersten Standort funktioniert hat, schnell in weiteren Standorten eingeführt werden. Bald sollen alle Peri-Standorte mit der Actyx-Lösung ausgestattet werden. Die Einführung dauert lediglich wenige Tage oder Wochen und ist kein Prozess von jahrelanger Arbeit. Auch die Programmierung individueller Lösungen dauert lediglich wenige Tage oder Wochen.
funkschau: Auf welche Partner setzt Actyx bei der Entwicklung der Anwendungen?
Fischer: Wir setzen auf Partner, die in ihrem Bereich Spezialisten sind. Wir stellen die Plattform und sorgen dafür, dass die Infrastruktur steht; unsere Partner sind Profis auf ihrem jeweiligen Gebiet. Sie kennen die Problematik und Abläufe der Fabriken genau und können Lösungen individuell anpassen. Wir arbeiten dabei mit Experten aus dem Bereich der Automatisierung zusammen, die sehr starke Expertise in der Anbindung und Digitalisierung von Maschinen haben. Zudem arbeiten wir mit sehr modernen IT-Dienstleistern die häufig nutzerzentrische Anwendungen für mobile Endgeräte entwickeln. Die Anwendungen ähneln in ihrem Design daher klassischen Smartphone-Apps, was die Bedienung erleichtert und die Akzeptanz erhöht.
funkschau: Als Gründer eines Start-ups muss man sich sicherlich mit vielen Fragestellungen auseinandersetzen, die für alle Beteiligten Neuland sind. Was raten Sie denjenigen, die vor der Frage stehen: Gründen oder nicht gründen?
Fischer: Das stimmt, man hat auf jeden Fall eine steile Lernkurve und ist ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Auch wenn der Stresslevel häufig hoch ist, kann ich jedem eigentlich das Gründen empfehlen. Man kann vorab nicht alles wissen und lernen, man ist nie perfekt vorbereitet darauf, man muss es einfach machen. Es gibt in meinen Augen keinen Beruf der so abwechslungsreich und erfüllend ist.