800GbE steht vor der Tür

Jenseits von 400 GBit/s

7. Juli 2022, 7:00 Uhr | Harry Jacob/jos

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Standardisierung

Die IEEE 802.3 Ethernet Working Group hat die P802.3df Task Force ins Leben gerufen, die Standards für 800-GBit/s- und 1,6-TBit/s-Ethernet definieren soll. Davon abgeleitet soll es auch zusätzliche Standardisierungen für die 200- und 400GbE-Varianten geben.

Die Weiterentwicklung der Ethernet-Technik ermöglicht einen Leistungszuwachs jeweils auf zwei Wege. Wo bislang 400 GBit/s über acht Lanes mit je 50 GBit/s (oder brutto: 56 GBit/s) möglich waren, lassen sich bei 800GbE acht Lanes mit je 100 GBit/s (brutto: 112 GBit/s) nutzen. Alternativ ermöglichen die neuen Standards, 2 x 400GbE zu einem 800GbE-Datenstrom zusammenzufassen. Zugleich wirken sich die Neuerungen auch auf die vorangegangenen Ethernet-Varianten aus. Mit Transceivern neuer Generation wird auch 400GbE mit 4 x 100 GBit/s möglich. Und die nächsten Schritte stehen bereits an. Im kommenden Jahr soll 1.6TbE realisiert werden, dann mit 200 GBit/s je Lane (brutto: 224 GBit/s), die auch ein 800GbE mit 4 x 200 GBit/s verwirklichen.

Das Normierungsgremium International Photonics & Electronics Committee (IPEC) hat darüber hinaus Ende Januar die Basisspezifikationen für 800G DR8- und 2x400G FR4-Schnittstellen vorgestellt. In der zweiten Jahreshälfte sollen 800G DR- und FR-Standards folgen. Die PMD-Arbeitsgruppe des IPEC (Physical Media Dependent) arbeitet an einer Vielzahl von Netzwerkszenarien, darunter auch die 800G-Übertragung über 500 Meter, zwei und zehn Kilometer sowie 80 Kilometer.

Nahtloser Übergang bei den Schnittstellen …

Um diese Bandbreitenverbesserungen ohne großen Aufwand nutzen zu können, musste ein einfacher Übergang von Single-Port- zu Dual-Port-400G-Optik im 800G-Formfaktor hinzukommen, der es erlaubt, die installierte Basis von LC- und MTP/MPO-Glasfaseranschlüssen weiter zu nutzen.

Zwei konkurrierende Industriekonsortien von Transceiver-Herstellern haben entsprechende Spezifikationen vorgelegt, die auch die Stecker für die Glasfaserverkabelung des 800GbE betreffen. OSFP MSA (Multi Source Agreement) hat mit Revision 4.0 im Mai 2021 die Unterstützung von 800GbE mittels Dual-400G und Oktal-100G in seine OSFP Module Specification (aktueller Stand: Rev 4.1) eingefügt. Das Konsortium betont jedoch, dass auch mit der vorangegangenen Spezifikation bereits 800GbE möglich gewesen war. Zugleich starteten die Arbeiten am künftigen 1.6TbE, das mit Rev. 5.0 eingeführt werden soll.

Beinahe zeitgleich hatte die QSFP-DD MSA Group ihre Hardware-Spezifikation 6.0 erstmals um den Standard QSFP-DD 800 erweitert, der ebenfalls auf 2 x 400G oder 8 x 100G setzt und später mit 200 GBit/s je Lane auf 1,6 TBit/s erweitert werden soll. So soll der reibungslose Übergang von 400GbE zu 800GbE und 1.6TbE gewährleistet sein. 400- und 800GbE-Anwendungen sind auf vielseitige Weise umsetzbar. Dadurch steigt auch die Variabilität bei den Steckverbindern. Dieser Trend war bereits bei 400GbE erkennbar und setzt sich auch bei 800GbE-Lösungen fort.

… aber Diversifikation der Stecker

Durch diese Komplexität empfiehlt es sich, für RZ-Betreiber bei der Implementierung von 400- oder 800G-Applikationen von Verkabelungsspezialisten wie zum Beispiel Rosenberger OSI beraten zu lassen und jetzt schon einen Blick auf die Spezifikationen zu werfen. Denn bei der Wahl der richtigen Verkabelungslösung ist der individuelle Anwendungsfall entscheidend.

Beim Multimode-Standard 800G-SR8 für kurze Strecken (bis 50 m) wird zum einen die bisherige MPO/MTP-Technik zum Einsatz kommen, wahlweise in der Variante OM4 MPO/MTP 16 mit Schrägschliff (APC8°) oder als Dual MPO/MTP 4+4 (OCTO), mit geradem Schliff (PC0°). Daneben sind jedoch auch die brandneuen Very-Small-Form-Factor-Konnektoren (VSFF) wie der MDC oder der SN im Anmarsch. Insbesondere dem MDC (Miniature Duplex Connector) von US Conec, durch den sich die Port-Dichte deutlich erhöhen lässt, was Platz im Rack eingespart, misst man ein großes Potenzial für die Zukunft bei. Entwickelt als Media Dependent Interface (MDI) oder Optical Interface der neuen SFP-DD- und QSFP-DD-Transceiver könnte dieser dem Massenstecker LC-Duplex künftig den Rang ablaufen. So die Prognose. Für den Singlemode-Standard 800G-DR8 (bis 2 beziehungsweise 10 km) sind ebenfalls entsprechende MPO/MTP-Varianten zu erwarten, in dem Fall MPO/MTP 16 APC 8° oder als Dual MPO/MTP 4+4 (OCTO) APC 8°. Nicht zu vergessen auch die bereits erwähnten Steckverbinder MDC und SN. Bei der Variante 800G-DR4 für Strecken von einem bis zwei Kilometer sollen sogar ausschließlich der MDC oder der SN zum Einsatz kommen.

Mit den Standards 800G-FR8 und 800G-LR8 lassen sich ebenfalls bis zwei beziehungsweise zehn Kilometer überbrücken. Dort setzen die Hersteller weiterhin auf LC-Konnektoren, ebenso wie bei 800G-FR4, 800G-ZR und 800G-ZR-Lite. Aus der Reihe fallen 800G-2FR4 und 800G-2LR4, für die Dual-LC-Stecker zum Einsatz kommen, dazu noch in zwei unterschiedlichen Varianten: entweder als Sin-glemode LC-Duplex (LC-Compact) oder als Dual-Mini-LC, auch unter der Bezeichnung Mini-LC-Duplex zu finden.

Die Entwicklung von 800GbE ist noch nicht am Ende – weitere Standards sind angekündigt. Die Vergrößerung der Bandbreite mittels höherer Übertragungsgeschwindigkeiten je Lane oder neuen Kombinationen beim Bündeln von Lanes ist zum Teil auch in den Standards für 200GbE und 400GbE nachvollzogen. Was das für die Infrastruktur heißt, welche Stecker benötigt werden und wie es um die Rückwärtskompatibilität steht,  muss sich ein Nutzerunternehmen jeweils aktuell beantworten (lassen).

Harry Jacob ist freier Journalist aus Augsburg.

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