Strom und Klima im Zusammenspiel

Optimale Energiewerte

1. Juni 2012, 6:00 Uhr | Birger T. Aasland/jos, Geschäftsführer bei Arvato Systems.

Steigende Energiekosten werden immer mehr zum wirtschaftlichen Faktor für Rechenzentrumsbetreiber, die Kunden gleichzeitig sensibler. Daher entschloss sich Arvato Systems im Jahr 2011, eine ganzheitliche und zukunftsfähige RZ-"Energiestrategie" umzusetzen für ein optimales Zusammenspiel der Bausteine Klimatisierung und Stromversorgung in Verbindung mit einer modernen Technik- und Gebäudelösung. Im Zentrum stand dabei die vollständige Überarbeitung der Klimalösung, da dort bei stark steigendem Bedarf der höchste Energieverbrauch zu verzeichnen war.Ziel des neuen Energiekonzeptes war es, Energie und Ressourcen so effizient und zukunftsfähig wie möglich einzusetzen und so den Gesamtverbrauch konsequent und nachhaltig zu senken. Nach Prüfung vieler verschiedener Klimatisierungslösungen, unter anderem auch durch Erdwärme oder Grundwasser, wurde letztendlich die freie Kühlung für die Größe und den Bedarf des hauseigenen Rechenzentren als optimal befunden, um die Server zu kühlen. Ziel war es dabei, die Betriebsstunden und somit den sehr hohen Stromverbrauch der Kompressionskältemaschinen auf ein Minimum zu reduzieren und den größten Teil der Kühlung durch den Einsatz der freien Kühlung, also mithilfe der natürlichen Ressource Außenluft und eingesetzten Ventilatoren, klimaschonend zu realisieren.

Die Techniker setzen dazu auf eine moderne Freikühlungsanlage nach dem Thermosyphonprinzip für ideale klimatische Bedingungen. Die Anlage hat eine Kälteleistung von 600 kW und ist n+1-redundant aufgebaut, um Störfälle auszugleichen. Innerhalb dieser Anlage ist kein Plattenwärmetauscher nötig. Stattdessen kommt eine so genannte hydraulische Weiche zum Einsatz, um die Verlustleistung so gering wie möglich zu halten. Die Anlage kühlt ausschließlich mit Wasser, der Einsatz von Glykol ist nicht nötig, sodass dadurch auch keine Leistungsminderung eintritt.

Der Betreiber hat folgende Vorteile der Thermosyphonfreikühlung ausgemacht:

Das Prinzip funktioniert ohne Rückkühlwasserpumpen ausschließlich mit gepumptem Kältemittel,

für die Rückkühlung sind keine weiteren Wasserrohrsysteme erforderlich,

ebenso sind keine weiteren Rückkühlerbausteine erforderlich,

die Kühlung arbeitet ohne einen Plattenwärmetauscher, somit entsteht kein Verlust aufgrund von Temperaturdifferenzen im Wasserkreislauf,

Glykol im Kreislauf ist nicht nötig. Somit entfallen spezielle Umweltschutzerfordernisse, und es entsteht auch keine Leistungsminderung.

Der konsequente nächste Schritt war die Einhausung der Kalt-Warm-Gänge, um so die kalte Luft gezielt an die Systeme zu leiten. Kalte und warme Luft sind so getrennt, dass sich Leistungen bis zu 8 kW nur mit Luft abführen lassen. Um dabei die höchste Energieeffizienz zu erzielen, nutzt Arvato Systems regelbare EC-Ventilatoren in den Klimaschränken, die nur so viel Luft wie benötigt umwälzen. Allein durch diese Maßnahme lässt sich die benötigte Antriebsenergie der Ventilatoren um etwa 70 Prozent senken. Alle Maßnahmen lässt der Betreiber nach eigenen Angaben von einem Energieeffizienz-Manager umsetzen und vorab immer in einer Testlaborumgebung prüfen, um nur die effektivsten Maßnahmen innerhalb der Gesamtstrategie für alle Rechenzentren einzusetzen.

Auch die USV-Anlagen modernisierte der Betreiber entsprechend seiner Strategie. Bei älteren USV-Anlagen lag der Wirkungsgrad bei rund 80 Prozent, der Rest wurde in Wärme umgesetzt. Arvato Systems setzt nun auf neue USV-Anlagen, die durch die IGBT-Technik (Insulatedgate Bipolar Transistor) keine Verlustleistung durch Netzfilter aufweisen und somit einen höheren Wirkungsgrad von bis zu 98,7 Prozent ermöglichen. Die geringere Abwärme spart dann bei der Kühlung der Anlage.

Die ganzheitliche Energiestrategie beginnt bei den Zulieferern: Der Energielieferant beispielsweise erzeugt 18 Prozent seines Stroms in einer umweltverträglichen Koppelproduktion. Zudem tauscht sich Arvato Systems regelmäßig mit anderen Unternehmen über das LEEN-Programm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zum Thema erneuerbare Energien für das Rechenzentrum aus. Bei aller Energieeffizienz steht die Gewährleistung von Hochleistungsfähigkeit und Ausfallsicherheit ganz oben. Um beides zu gewährleisten, sind alle Versorgungskomponenten wie Transformatoren, Generatoren, USV-Anlagen, Kälteerzeugung oder Umluftklimaschränke in n+1-Redundanz aufgebaut.

Durch weitere Maßnahmen wie eine Betonkernaktivierung lässt sich die beim Betrieb der Server im RZ entstehende Wärme zusätzlich zur Beheizung oder Kühlung (Wärmetauscher) der Büroräume nutzen. Die Einsparungen im Gasverbrauch der Gebäudetechnik liegen so bei etwa 60 Prozent. Der Austausch von Leuchtstoffröhren von T8 auf T5 im RZ spart zusätzlich circa 30.000 weitere kWh oder 18 Tonnen CO2 pro Jahr.

Permanentes Messen der Verbräuche in den RZ und Server-Räumen prüft den Fortschritt der neuen Maßnahmen und optimiert die Reduzierung der Energiekosten und Kapazitäten. Dies ermöglicht eine bessere Kapazitätsauslastung und verhindert Fehlinvestitionen und Ausfälle. Stromverschwendung lässt sich zudem nun aufdecken und beseitigen, kontinuierliche Verbesserungen schneller umsetzen. Besonders bei neuen technischen Anpassungen, etwa über Virtualisierung, sind die Kenntnis und das Optimieren des Energieverbrauchs unumgänglich geworden. Über verbrauchsoptimierte Hardware sowie über die konsequente Abschaltung alter Geräte und granulare Rack-Auslastung lassen sich weitere ressourcenschonende Effekte erzielen. Die Systeme für Klima und Strom sind zudem skalierbar, um sich den Marktgegebenheiten anzupassen, sodass permanent eine optimale Auslastung möglich ist. Dies reduziert auch Wartungsarbeiten, die Bereitstellung von Stand-by-Strom entfällt nahezu. Den Erfolg der Maßnahmen überprüft der Betreiber anhand von Kennzahlen, Messwerten und tatsächlichen Verbräuchen. Galt vor Umsetzung der Maßnahmen ein PUE-Wert von 1,60 in den RZs, so haben die Techniker im Jahr 2012 einen PUE-Wert von unter 1,4 realisiert. Waren es in den vergangenen zwei Jahren noch gut 100.000 eingesparte KWh, so spart man nach eigenen Angaben heute jährlich insgesamt ca. 1,2 Millionen kWh ein. Die neuen Kaltgangeinhausungen sparen etwa 50 Prozent bei den Klimastromkosten. Trotz starken Wachstums bei der Anzahl der Server, bei Netzwerk und Storage konnte man mittels der ganzheitlichen Energiestrategie einen Rückgang des Gesamtstromverbrauchs in den Rechenzentren von über vier Prozent erzielen.

Ausblick in die nahe Zukunft

Die freie Kühlung hat sich für die Rechenzentren als ideal erwiesen und wird laut dem Betreiber daher weiter ausgebaut. Mit der systematischen Erweiterung der freien Kühlung soll es dann möglich sein, 100 Prozent Leistung schon ab 8°C Außentemperatur zu realisieren.

Auch im Rack-Management werde es in diesem Jahr noch Optimierungen geben. Dazu installieren die Techniker eigens ein Tool, das die Rack-Auslastung kontrolliert und optimiert. Denn nur mit optimal oder voll ausgenutzter Fläche sind beste Werte erzielbar. Des Weiteren erhöht der Betreiber den Einsatz von Blade-Technik stark. Dies hat das Ziel einer besseren Systemauslastung durch Virtualisierung und weniger Stellflächen im Rechenzentrum bei gleichzeitig höherer Leistung.

Einfach, aber enorm wirkungsvoll: Das Sparpotenzial einer Kaltgangeinhausung lässt sich nicht bestreiten.

Freikühlung bildet die Basis für eine effiziente RZ-Klimatisierung. Arvato setzt eine Thermosyphonfreikühlung ein.
LANline.

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