Kosten für IT-Klimatisierung transparent ermitteln

RZ-Modernisierung mit kühlem Kopf

12. Mai 2015, 6:00 Uhr | Tim Siegel, IT-Systemingenieur bei Rittal in Herborn. Kerstin Ginsberg ist dort PR-Referentin IT, www.rittal.de./jos

Bei der Modernisierung eines Rechenzentrums können Unternehmen durch die Wahl der richtigen Klimatechnik ihre laufenden Betriebskosten senken. IT-Verantwortliche benötigen dazu ein gewisses Detailwissen, um die Kosten für An-schaffung und Betrieb moderner Klimakonzepte für ihr Rechenzentrum zu kalkulieren. Ein ent-scheidender Punkt ist die Leistungsdichte, von der abhängt, welches Kühlkonzept das günstigste Ergebnis liefert.Rechenzentren sind langfristig angelegte Investitionen mit Betriebszeiten zwischen 15 und 20 Jahren. Für diese Zeitspanne muss auch die Infrastruktur ausgelegt sein. Wer diese Investitionen vernachlässigt, zahlt spätestens bei den Betriebskosten drauf. Denn: In den vergangenen Jahren sind trotz effizienterer Server Strom- und Kühlbedarf stark gestiegen, während die Virtualisierung der IT für eine deutlich höhere Auslastung der Server sorgt. Eine im Jahr 2014 von IDC im Auftrag von Rittal durchgeführte Untersuchung ergab ein Durchschnittsalter für Rechenzentren von sieben Jahren. Die von IDC befragten IT-Manager mittelständischer Unternehmen gaben an, ihr Rechenzentrum mit durchschnittlich 15,5 °C zu betreiben, in Deutschland sind es im Schnitt 18,4 Grad. So verwundert es nicht, dass fast 60 Prozent der Rechenzentren lediglich einen Power-Usage-Effectiveness-Wert (PUE) von 2,0 erzielen. Der PUE-Faktor ist ein Leitwert für die Energieeffizienz und liegt bei sehr guten Anlagen bei 1,2. Warum Rechenzentren hinter den Industrievorgaben zurückfallen, kann eine ganze Reihe von Gründen haben. Meist sind jedoch veraltete und ineffiziente Kühlsysteme daran beteiligt.   Grundlagen der Klimatisierung Die Kühlung von Rechenzentren geschieht heute noch sehr häufig über den Doppelboden. Die kalte Luft kommt aus einer zentralen Klimaanlage, die Verteilung übernimmt der Doppelboden. Das Konzept ist einfach und günstig umzusetzen und eignet sich für eine Verlustleistung von bis zu 5 kW pro IT-Rack. Sind Kalt- und Warmluftzonen durch eine Gangeinhausung baulich getrennt, ermöglicht dies auch Werte bis zu 10 kW Verlustleistung. Allerdings zieht dieses Raumkonzept einige Unzulänglichkeiten nach sich, die mit steigenden Stromkosten und der technischen Hochrüstung der Server immer deutlicher werden. Unter gewissen Bedingungen lässt sich die kalte Luft im Doppelboden nur ineffizient verteilen. Rohre, Träger, Kabelbäume und bauliche Hindernisse bremsen den Luftstrom und verursachen einen höheren energetischen Aufwand zur Umwälzung der Kaltluft - noch bevor sie überhaupt die Server erreicht. Das Fehlen einer Abtrennung von Warm- und Kaltluft oder Leckagen in dieser Abtrennung können eine Vermischung der Luftströme bewirken. Betreiber sollten dies bei der Planung berücksichtigen und die Verminderung der Kühlkapazität und eine geringere Effizienz des Gesamtsystems bedenken. Mehr Effizienz bietet bereits die Reihenklimatisierung, die ohne Doppelboden zur Luftführung auskommt. Dabei erfolgt die Kühlung einzelner Racks mit den in der Rack-Reihe aufgestellten Kühlgeräten, wobei eine Einhausung des Kaltbereichs vor den Racks oder des Warmbereichs hinter den Racks für die Trennung von kalter Luft an der Vorderseite und der ausgeblasenen Warmluft an der Rückseite sorgt. Das Prinzip eignet sich für Racks bis 15 kW Verlustleistung. Noch effizienter arbeiten Systeme basierend auf direkter Rack-Klimatisierung. Sie nehmen die entstehende Wärme direkt von der Rückseite der Racks auf, kühlen die Luft mit Wärmetauschern herunter und blasen sie wieder an der Front ein. Diese Systeme erzielen auch eine deutlich höhere Kühlleistung pro Quadratmeter. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für moderne Server-Systeme, die sehr viel Abwärme pro Flächeneinheit produzieren. Wer also höchste Rechenleistung mit einer heterogenen IT-Infrastruktur erreichen will, fährt mit diesem Klimakonzept sehr gut.   Kosten für die Anschaffung In die Entscheidungsfindung für eine IT-Modernisierung fließen auch die Anschaffungs- und Betriebskosten für die Klimatechnik ein. Dabei sind beispielsweise der Leistungsbedarf der in den Racks installierten IT-Komponenten und Server, die vorhandene Gebäude- und Klimatechnik sowie regionale Klimabedingungen zu berücksichtigen. Spezialanbieter für Rechenzentren haben dazu komplexe Berechnungsverfahren entwickelt. Es ist für Unternehmen daher sinnvoll, bei der Planung auf das externe Fachwissen dieser Anbieter zurückzugreifen. Vergleichsweise einfach sind die Anschaffungskosten zu bestimmen. An erster Stelle stehen die Aufwendungen für neue Klimageräte. Weiterhin fallen Kosten für den Leitungsbau an, um neue Rohre für das genutzte Kältemedium wie zum Beispiel Wasser zu verlegen. Eventuell sind auch die Anschaffungskosten für den Doppelboden oder die Gangeinhausung zu addieren. Zu den weiteren Installationsarbeiten zählen die Planung und Anbindung der Klimatechnik an die elektrische Stromversorgung und die Einbindung in die Gebäudetechnik. Hinzu kommen noch Kosten für die Anlieferung, den Aufbau und die Inbetriebnahme der gesamten Klimatechnik. Handelt es sich um einen Umbau der Infrastruktur, können zusätzlich auch Kosten für den Stillstand der IT auftreten. Ein weiterer Kostenblock ist das Monitoring von Temperaturen, um zu prüfen, ob die geforderte Kühlleistung auch tatsächlich an den Servern ankommt. Gerade bei der Umluftklimatisierung sind die Kühlaggregate oft recht weit entfernt von den Servern platziert. Daher sind meist zusätzliche Messpunkte direkt am Rack notwendig, um sicher festzustellen, dass ausreichend kühle Luft an den Servern ankommt. Schließlich ist das Monitoring in die bestehende Gebäudetechnik zu integrieren, damit das Kühlsystem automatisch Alarmmeldungen an die Gebäudeüberwachung sendet.   Betriebskosten im Blick Um die laufenden Betriebskosten zu ermitteln, ist vor allem die Leistungsaufnahme der Klimatechnik zu berücksichtigen. Dies sind die Klimageräte, die Chiller und Freikühler sowie die Pumpen. Individuell und abhängig vom Standort sind thermische Unterschiede der Jahreszeiten zu berücksichtigen. Weiterhin fließen in die Gesamtkalkulation thermische Parameter wie Vorlauf- und Rücklauftemperaturen ein. Diese sind sehr individuell, da sie sich aus den Betriebsparametern der IT-Komponenten sowie der installierten Klimatechnik ergeben. Ebenfalls variabel ist die Nutzung der IT-Landschaft und damit auch die benötigte Kühlleistung. Bei den meisten mittelständischen Unternehmen wird dies ein typischer Tag-/Nachtbetrieb der IT-Systeme sein.   Beispielrechnung Wie sich die Kosten für Anschaffung und Betrieb entwickeln, zeigt eine Beispielrechnung. Sie fußt auf drei Szenarien mit unterschiedlichen Klimakonzepten, die alle eine maximale Verlustleistung von 120 bis 125 kW erzeugen. Die gewählten Konzepte stehen als Beispiel für unterschiedliche Anwendungen mit unterschiedlichem Leistungsbedarf. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich diese Konzepte auch für alle Workloads der jeweiligen Leistungsklasse eignen - zu diesem Punkt sollte in jedem Fall eine individuelle Beratung stattfinden, da jede IT-Landschaft individuelle Eigenschaften aufweist. Die Umgebung 1 nutzt Raumklimatisierung mit einer Kaltgangeinhausung und arbeitet mit einer Verlustleistung von 7 kW pro IT-Schrank. In die Kalkulation für diese Umgebung flossen 18 Server-Schränke sowie vier Umluftklimageräte als CW-Geräte (Chilled Water; Kaltwasser) ein. CW ist ein Kältesystem, bei dem ein wassergekühltes Umluftklimagerät die Wärme der Raumluft aufnimmt. Hinzu kommen die Aufwendungen für die Kaltgangeinhausung, Rohrverlegung sowie Chiller und Freikühler. Die Anschaffungskosten sind vereinfacht mit exemplarisch rund 170.000 Euro berechnet. Das Szenario 2 für Reihenklimatisierung nimmt eine Verlustleistung pro IT-Schrank von 15 kW inklusive Kaltgangeinhausung an. Die Anschaffungskosten setzen sich zusammen aus acht Server-Schränken, sechs Reihenklimageräten, Kaltgangeinhausung, Verrohrung sowie Chiller und Freikühler. Die Gesamtsumme ist ebenfalls vereinfacht mit 210.000 Euro angesetzt. Das Szenario 3 setzt auf Rack-Klimatisierung und 25 kW Verlustleistung pro Schrank. Die Anschaffungskosten umfassen fünf Server-Schränke, sechs Rack-Kühlgeräte, Verrohrung, Chiller und Freikühler. Die Kosten: rund 195.000 Euro.   Fazit Zu den Vorteilen der Raumklimatisierung gehört, dass sich ganze Racks oder Schrankreihen im Rechenzentrum bewegen lassen, falls ein Umbau der IT notwendig wird. Bei der Reihen- und Rack-Klimatisierung ist der Betreiber weniger flexibel, da die Reihenklimageräte durch die Anbindung an Kaltwasserleitungen einen festen Platz haben. Raum-, Reihe- bis Rack-Klimatisierung unterstützen heterogene und homogene IT-Landschaften gleichermaßen. Gerade bei der Rack-Klimatisierung müssen sich Betreiber kaum Gedanken über heterogene Systeme machen. Bei dem Raumkonzept führen jedoch stark belastete Schränke zu Wärme-Hotspots. Dies bewirkt dann oft eine Überkühlung anderer Schränke, wodurch die Effizienz des Gesamtsystems sinkt und die Kosten steigen. Eine gute Lösung ist in diesem Fall der Aufbau eines Gesamtsystems: Dort sind die Klimakonzepte kombiniert, um so unterschiedliche Leistungsdichten effizient zu kühlen.

Die verschiedenen Klimatisierungskonzepte und ihre Eignung für variierende Verlustleistung pro Rack: Für den klassischen Mittelstand lohnt sich eine Reihenkühlung mit Gangeinhausung. Wer höchste Rechenleistung im Rechenzentrum bereitstellen muss, sollte auf Rack-Kühlung zurückgreifen.

Die Gegenüberstellung von Anschaffungs- und Betriebskosten zeigt, dass die klassische Raumklimatisierung auf Dauer wirtschaftlich weniger rentabel ist.

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