In klassischen Industrienetzen unterscheidet man die drei Bereiche Leitebene, Zellenebene und Feldebene. In den einzelnen Ebenen hat sich Ethernet unterschiedlich stark durchgesetzt. In der Leitebene gibt es Ethernet schon sehr lange, unterscheidet sich diese Anwendung doch nicht von der gewohnten Büroumgebung. In der Zellebene hatten sich zunächst Feldbussysteme nach EIA-485 etabliert – etwa Profibus. Um aus der Zellebene in die Leitebene zu gelangen, musste man ein Gateway benutzen mit allen Problemen, die in der Gateway-Technik begründet sind: Funktionseinschränkungen, Zeitverluste und Kosten. Im Rahmen von Industrial Ethernet entstanden dann Ethernet-Geräte, die an industrielle Umgebungsbedingungen angepasst waren. Mit der Einführung von Profinet im Jahre 2000 hielt somit auch Ethernet Einzug in die Zellebene.
In der Feldebene halten sich nach wie vor Feldbussysteme nach EIA-485. Aber auch hier greift Ethernet an. Mit dem Advanced Physical Layer (APL) adaptiert Profinet die neue einpaarige Ethernet-Technik SPE (Single Path Ethernet). Zum ersten Mal erschien 2015 eine solche SPE-Technik mit 100Base-T1. 2016 folgte 1000Base-T1 und 2020 schließlich 10Base-T1. Speziell diese Techniken sollen Feldbussysteme nach EIA-485 ersetzen.
Automotive
So hartnäckig wie sich in den Industrienetzen Feldbussysteme nach EIA-485 halten, so halten sich im Automotive-Bereich der CAN-Bus und andere spezielle Automotive-Netze. Aber auch dort greift Ethernet ein. Eine speziell für den Automotive-Bereich entwickelte Kollisionsvermeidungs-Technik soll dabei helfen. Mit 10Base-T1 wurde PLCA (Physical Layer Collision Avoidance) definiert, mit dem bis zu acht Komponenten auf einen 15 Meter langen Ethernet-Bus zugreifen können. Koordiniert ist dieser Zugriff durch ein Slot-Verfahren. An dieser Stelle ist also ein Multi-drop-Verfahren wie CSMA/CD definiert, das man künstlich in die physische Ebene verlegt hat, um nicht mit CSMA/CD zu kollidieren. Das Argument für PLCA sind die Kosten, die jedoch meist angegeben sind, ohne die Netzstrukturen einzubeziehen. Stattdessen gibt es Pläne, PLCA zu erweitern – zum Beispiel auf 64 Teilnehmer, um es so im Schaltschrank verwenden zu können, statt dort existierende Back-plane-Techniken zu nutzen.
Die weitere Entwicklung geht ohne PLCA in Richtung höherer Geschwindigkeiten. 2,5 GBit/s, 5 GBit/s und 10 GBit/s befinden sich in der Entwicklung, um vor allem auch die Audio- und Videoanforderungen der Autoinsassen befriedigen zu können. Dies alles gelingt noch über Kupferkabel, weiter geht es jedoch über Glasfaser. Damit werden Bandbreiten bis zu 100 GBit/s für den Automotive-Bereich entwickelt, was bei der Realisierung von autonomen Fahrzeugen eine wichtige Rolle spielt.
Was 40 Jahre Ethernet gebracht haben
Ethernet ist zur zentralen Basis der weltweiten Digitalisierung geworden. Auch jene Experten, die glauben, dass Wireless-Konzepte beherrschend sein werden, müssen zugestehen, dass Funknetze ohne Ethernet nicht existieren können. Beispielsweise ist das Zugangsnetz zum 5G-Funknetz in Ethernet-Technik realisiert. Ethernet ist auch das Rückgrat aller WLANs, ob im Haus, im Büro oder in der Fabrik. Es musste sich dazu jedoch erst einmal in mehreren Stufen entwickeln: aus der CSMA/Periode bestehend aus Urzeit und Mittelalter und aus der Neuzeit mit der Eroberung der Anwendungen.