Die Vorstellung eines Third-Network durch das MEF hat in der Branche für allerlei Diskussion gesorgt. Der wohlwollenden Zustimmung von allen Seiten hinsichtlich der Vision stehen allerdings Fragen bezüglich der notwendigen Schritte zur Realisierung gegenüber. Wo sind die potenziellen Einsatzfelder und welche Schritte sind notwendig, um aus der Idee praktikable Anwendungen zu entwickeln? Für das MEF selbst steht das Thema LSO, Lifecycle-Service-Orchestration im Mittelpunkt.
Die Veranstaltung GEN14 in Washington Ende des vergangenen Jahres war der erste Prüfstein für das Konzept des Third-Network und gleichzeitig auch Show-Case der ersten Anwendungen. 1.100 Netzwerkexperten nutzen die Gelegenheit, die neuen Ideen zu diskutieren und sich gleichzeitig über bereits verfügbare Anwendungen zu informieren, die auf den neuen Prinzipien aufbauen. Die Marsch-richtung war klar: Die Branche benötigt eine Zusammenarbeit, um aufbauend auf den Stärken des Internet und von Carrier-Ethernet 2.0 eine Service-Lifecycle-Orchestration zu definieren und NFV- und SDN-Implementierungen zu entwickeln, die ein flexibles, gesichertes und orchestriertes Network-as-a-Service liefern.
Die MEF-Vision basiert auf NaaS-Prinzipien, die gegenüber dem Nutzer den Eindruck eines eigenen virtuellen Netzes vermitteln. Das ermöglicht es dem Anwender, dynamisch und bedarfsabhängig Services via Customer-Web-Portals oder Software-Applikationen zu erstellen, zu modifizieren und zu terminieren. Dies ist analog zu Cloud-basierten Services wie etwa Infrastructure-as-a-Service, bei denen etwa Rechen- oder Speicherressourcen dynamisch definiert werden können. Das Ziel ist es, flexible Netzwerke zu schaffen, die gesicherte Konnektivität orchestriert über Netzwerk-Domains hinweg zwischen physikalischen oder virtuellen Service-Endpunkten bereitstellen.
Das MEF will dieses Ziel aufbauend auf der Carrier-Ethernet-2.0-Basis durch die Definition der Anforderungen an die Lifecycle-Service-Orchestration sowie durch APIs für Service-Bestellung, Bereitstellung, Performance, Anwendung, Analysen und Security über Multi-Operator-Netzwerke hinweg erreichen.
Beispielhafte Anwendungen
Das MEF hat zunächst drei Einsatzbereiche für den Einsatz des Third-Network definiert: Business-Services, Cloud-Services sowie Services für individuelle Nutzer. Hinsichtlich der Services für Unternehmen hat CE 2.0 bereits die Grundlage für nahtlose On-Demand-Connectivity über mehrere Provider hinweg geschaffen. Allerdings kann es nach wie vor einige Zeit dauern, bis die gesicherte Verbindung bereitgestellt wird, vor allem dann, wenn mehrere Provider involviert sind.
In einem konkreten Szenario verfügt etwa ein Unternehmen über drei Büros und ein Rechenzentrum, die über drei verschiedene Netzwerkbetreiber miteinander verbunden sind, die Multipoint-Connectivity garantieren. Ein zweites Netzwerk liefert Point-to-Point-Konnektivität zwischen der Unternehmenszentrale und dem Rechenzentrum. Wenn das Unternehmen nun ein neues Büro zum Multipoint-Service hinzufügen möchte, werden via Web-Portal ein Auftrag erstellt sowie Informationen über den neuen Endpunkt übermittelt. Ist das neue Büro durch den Service-Provider direkt erreichbar, wird der Service auch durch diesen SP orchestriert und aktiviert. Ist dazu ein zweiter SP notwendig, so wird dieser auf Anforderung des ersten SP die Aktivierung der Service-Endpunkte durchführen. Mittels einer automatisierten Service-Bestellung und Aktivierung kann die Verbindung innerhalb von Minuten hergestellt werden.
Die MEF-LSO umfasst die Automation des gesamten Service-Lifecycles, beginnend mit der Bestellung. Diese Automation ermöglicht Interaktion zwischen den Betreibernetzen via MEF-APIs. Als Ergebnis können neue Geschäftsmodelle fernab der langfristigen Miete von Netzwerkverbindungen entstehen. Die MEF-APIs können zudem einen Überblick über den Betriebsstatus der Services in Echtzeit liefern. Hinzu kommen Statistiken für das Personal sowohl der Provider als auch der Anwender. Und schließlich werden auch dynamische Modifikationen zur Integration der Netzwerk-Connectivity-Services mit anderen Cloud-Services wie IaaS, PaaS oder SaaS vorgenommen werden, bis hin zu Unified-Communications.