Amazon weniger mächtig als angenommen?

»Amazonisierung des Konsums«

26. Juni 2019, 10:07 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Amazon ersetzt Google und Preissuchmaschinen

Marktforscher vom IFH Köln sehen eher eine wachsende Bedeutung von Amazon in deutschen E-Commerce wie sie in ihrer Studie »Amazonisierung des Konsums« bereits darlegten. In einzelnen Produktkategorien, IHF nennt Freizeit & Hobby und CE & Elektro, vereine die Amazon-Plattform rund Dreiviertel der Online-Erlöse auf sich.

»Amazon ist nicht nur das größte Onlinekaufhaus der Welt, sondern etabliert sich auch immer mehr zur Produktsuchmaschine Nummer eins«, heißt es da weiter. Damit lenken die Marktforscher ohnehin den Blick weg auf reine Bilanzzahlen und hin auf den Trend, dass Verbraucher wohl zunehmend Google oder Preissuchmaschinen entbehrlich finden und ihnen Amazon bei ihrer Produktrecherchen offenbar genügt. Genau so wünscht sich Bezos Amazon: Eine Anlaufstelle für alle Einkäufe samt breiter Auswahl zu Preisen, bei denen Amazon sich mit seinen Händlern und die Händler untereinander unterbieten. Mit dem gravierenden Unterschied freilich, dass Amazon als Plattformbetreiber Herr der Nutzerdaten und Algorithmen ist und bleibt.

Amazonisierung funktioniert nur, wenn immer mehr Händler und Hersteller sich dem Marketplace von Amazon anschließen. Die Kompetenz des Einzelnen kommt in diesem Konstrukt in Summe nicht dem Schwarm zugute, sondern stärkt vor allem Amazon – dem Profiteur eines wachsenden Händlernetzes.

Deshalb hat der Amazon-CEO in seinem Aktionärsbrief im April eine Tabelle ganz nach vorne gestellt und dort den Umsatzanteil der bei Amazon angeschlossenen Händler im Vergleich zum direkten Erlösanteil seines Konzerns explizit aufführen lassen. Von 1999 (drei Prozent) auf mittlerweile 58 Prozent 2018 kletterte der Händleranteil jedes Jahr kontinuierlich.

Amazons Einfluss auf den deutschen E-Commerce ist über die Jahre stetig gestiegen und er wird weiter zulegen, dafür sorgen allein schon die Händler. Ob sie auch glücklich werden mit dem oft unberechenbaren Online/Riesen. Kernkonflikt: Wird ein Händler auf Amazon erfolgreich, besteht immer auch die Gefahr, dass Amazons Direktverkauf die Produkte für eigene Rechnung »kapert« - und zwar mit allen, auch unfairen Mitteln, eines mit Daten aus über 60.000 Händler-Shops bestens gerüsteten Plattform- und Shopbetreibers unter einem Dach.

Bezos Tabelle mit dem seit Jahren steigenden Umsatzanteil des Händlerökosystems und auf der anderen Seite die massive Behinderung einiger Händler durch Amazon ist ein Widerspruch, der nicht krasser sein könnte. Der im ITK-Vertrieb für diesen Dualismus geläufige Begriff »Channelkonflikt« ist bei Amazon augenfällig.


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