Von der deutschen Firma Deepinvent Software stammt eine simple Windows-Lösung für kleinere und mittelgroße Unternehmen. »Mailstore« besteht aus insgesamt drei Komponenten:
• Der Mailstore-Server beherbergt das Archiv,
• der Mailstore-Client gibt dem Endanwender darauf Zugriff.
• Der Mailstore-Proxy fängt eingehende und ausgehende POP3/SMTP-Nachrichten ab.
Der eigentliche Mailstore-Server gibt sich mit recht wenig zufrieden. Dem Programm genügt bereits ein Windows-XP-Rechner. Nach der Installation übernimmt ein eigenes Tool die Basiskonfiguration. Dort legt der Verwalter das Verzeichnis des Archivs fest und konfiguriert die IP-Ports.
Mailstore kommuniziert über Port 8460 mit seinen Clients. Zudem können Anwender ohne Client via Browser über http und https mit dem Server auf festzulegenden Ports eine Verbindung aufbauen.
Alle weiteren Konfigurationen wickelt der Mailstore-Client entweder auf dem Server-PC oder jedem beliebigen anderen Rechner im LAN ab. Mittels der Managementfunktion kann der Administrator von Hand lokale Benutzer mit jeweils mehreren Mail-Adressen anlegen. Zudem greift das Programm auf Wunsch auf ein bestehendes Active-Directory zu und extrahiert daraus die Benutzerkonten.
Der Server kann mehrere Speicherorte für das Archiv verwalten. Das ermöglicht es beispielsweise, pro Quartal ein Archiv anzulegen. Die Indizes machen dabei alle Archive durchsuchbar. Bei der Index-Verwaltung kann der Verwalter pro Benutzer zudem angeben, ob die Inhalte von Anhängen wie DOC- oder PDF-Dateien für die Suche indiziert werden.
Um SMTP-Mails abzufangen muss der Verwalter den Mailstore-Proxy auf der Mailstore-Server oder einer anderen Maschine einrichten. Dieser Proxy akzeptiert alle ankommenden Nachrichten und leitet diese unverändert an den Zielserver weiter.
Eine Kopie jeder Mail speichert der Proxy als eml-Datei, plus ein Textdokument mit den Header-Informationen in einem Verzeichnis. Ein SMTP-Routing für verschiedene Mail-Domains beherrscht der Proxy nicht.
Allerdings kann der Verwalter mehrere SMTP-Weiterleitungen auf verschiedenen Ports konfigurieren. Das heißt beispielsweise: Eingehende SMTP-Mail auf Port 25 geht an Mailserver1, während Mail über Port 26 dem Mailserver2 zugestellt wird.
Der SMTP-Proxy kann auch als transparenter POP3-Proxy zwischen Mailclient und dem Mailserver eines Providers fungieren.
Zu den Stärken dieser Lösung zählen die vielen Funktionen des Mailstore-Clients, um Nachrichten in das Archiv zu verfrachten. Die Software kann:
• Mailserver über POP3 oder IMAP4 abfragen,
• Outlook-PSTs auslesen,
• »rohe« Mail-Dateien (.msg oder .eml) importieren,
• sich per WebDAV mit Exchange 2003/2007 verbinden,
• Thunderbird/Seamonkey-Verzeichnisse importieren,
• Outlook-Express-Nachrichten einlesen,
• AVM-KEN-Mailboxen abfragen sowie
• Google-Mailkonten abrufen.
Mit diesen Funktionen kann der Administrator Profile pro Benutzer anlegen und diese einmalig oder als geplante Task regelmäßig ausführen. SMTP-Nachrichten fängt Mailstore dabei über die Funktion eml-Import und den SMTP-Proxy ein.
Der Verwalter kann festlegen, dass die über den SMTP-Proxy korrekt importierten Nachrichten gelöscht werden. Dabei bleiben die SMTP-Mails, mit denen Mailstore erst einmal nichts anfangen kann, zumindest im Proxy gesichert.
Im Test arbeiten nahezu alle geprüften Funktionen ohne Fehler. Lediglich ein Lotus-Domino-Server schafft es, den IMAP-Import von Mailstore auszuhebeln. Im Test trennt der Lotus-Server aus unbekannten Gründen immer bei einer besonderen Mail die IMAP-Verbindung.
Auf diesen Sonderfall ist der IMAP-Import von Mailstore leider nicht vorbereitet. Es fehlt eine Recovery-Funktion, welche die defekte Mail auslässt und alle anderen importiert. Der Task läuft stets nur bis zum Abbruch durch den Notes-Server.
Network Computing hat den Hersteller über dieses Problem informiert und Deepinvent will in einer der kommenden Programmversionen den IMAP-Import verbessern. Unter dem Strich ist der Fehler nicht so tragisch und lässt sich mit einer der vielen anderen Import-Funktionen umschiffen.
Im Test greift Network Computing einfach über einem Outlook-Client auf den IMAP-Dienst von Notes zu. Danach schickt der Mailstore-Client über den Outlook-Import-Filter die Nachrichten in das Archiv. Dabei fällt auch auf, dass Mailstore sehr zuverlässig Dubletten erkennt und entfernt. Auch wenn eine Mail über zwei verschiedene Pfade wie IMAP und Outlook-Plug-in an das Archiv gelangt, sichert das Archiv die Nachricht nur einmal ab.
Der Client-Zugriff erfolgt über das Web-GUI oder den Mailstore-Client. Der in Mailstore definierte Anwender kann hier komfortabel in allen ihm zugewiesenen Mailkonten nach Nachrichten suchen. Zudem gibt es eine gute Export-Funktion, die ausgewählte Nachrichten in Dateien sichert oder per SMTP versendet.
Mailstore 4 kann mit seinem großen Funktionsumfang überzeugen. Gut gefallen die vielen Import-Funktionen, die flexible Konfigurierbarkeit und die Option, pro Benutzer völlig unterschiedliche Mailkonten im Archiv zusammenzufassen.
Den guten Eindruck trübt nur der Fehler im IMAP-Import. Das flexible Konzept lässt zudem viel Raum für Sicherheitslücken. Der SMTP-Proxy lässt beispielsweise ungeschützte Kopien aller Nachrichten unverschlüsselt in einem XP-Verzeichnis liegen, im Zweifelsfalle sogar mit SMP/CIFS-Freigabe. Hier wäre eine Echtzeit-Proxy-Funktion, welche SMTP-Mails direkt bei Ankunft in das Archiv verfrachtet eine sicherere Lösung.
Mailstore 4 eignet sich für kleinste und kleine Unternehmen, die zu Beginn vielleicht noch nicht einmal einen eigenen Mailserver oder eine eigene Maildomäne verfügen. Dank der vielen und sehr flexiblen Funktionen kann Mailstore mit dem Unternehmen wachsen und sich an Änderungen der Infrastruktur anpassen.
Auch mittelgroße Installationen mit Kerio/Mdaemon- oder Exchange-Installationen und hunderten Benutzern können das Archiv verwenden. Für kommende Versionen hat der Hersteller Verbesserungen beim IMAP-Import und den Support von Linux als Mailstore-Server und -Client-OS angekündigt.