Ein Jahr und 23 Ausgabe der zunächst 14-tägig erscheinenden CRN (ab 1998 wöchentlich) später, zieht die Chefredaktion zur CeBIT 1996 ein positives Fazit. »Wir sind einen Riesenschritt weiter. Inzwischen hat es sich in der Branche herumgesprochen, daß auch der Fachhandel ein Recht auf gezielte und vor allem objektive Informationen hat«. Hersteller und Distis hätten gelernt, nicht nur wohl klingende Produktfeatures aneinanderzureihen, sondern dem Fachhandel strategische Dimensionen einer Zusammenarbeit zu erläutern und jenseits des Produktverkauft Zusatzgeschäfte für Reseller aufzuzeigen. Zögerlich, aber immerhin, beginnen die im Channel tätigen Unternehmen mit der Fachpresse zu kommunizieren und sie als wichtige Multiplikatoren einzubeziehen. Wo eine proaktive Informationspolitik fehlt, sieht sich die CRN in der Pflicht, nachzuhaken und wo nötig, den Finger auf manche Wunden zu legen. Oberstes Gebot dabei und stetiger Leitfaden journalistischer Arbeit eines CRN-Redakteurs: Ad fontes – zu den Quellen! Die Stellungnahme eines Akteurs oder eines in die Kritik geratenen Unternehmens ist einem Gerücht oder einer Spekulation vorzuziehen. In Zeiten der schnellen, vermeintlich abrufstark zu erwartenden Nachricht, die angesichts sich belauernder Channel-Redaktionen heute nach sofortiger Öffentlichkeit schreit, kann man nicht oft genug Gründlichkeit vor Schnelligkeit betonen.
Binnen eines Jahres hat sich CRN im deutschen Markt fest etabliert. Der Fachhandel schätzt eine meinungsstarke, unabhängige Presse. Herstellern und der Distribution wiederum bieten CRN und in Folge auch anderen Print-Publikationen mit Channel-Ausrichtung, denen der Erfolg der CRN nicht verborgen bleibt, eine zielgerichtete, reichweitenstarke Werbeplattform. Das Konzept einer Publikation, die als closed circulation an Wiederverkäufer und nicht an Endanwender adressiert ist, sichert die Verbreitung der CRN ausschließlich im Handelskanal. Der Vertriebs- und Marketingdruck indes ist Mitte der 90er Jahre in der von Expansion und Verdrängung beherrschten IT-Branche so stark, dass jeder Verleger einer kostenlosen Channel-Publikation auf Vertriebserlöse im Abonnement zugunsten opulenter Werbebudgets verzichten kann. Die Refinanzierung allein einer fast 20-köpfigen CRN-Redaktion samt Layout, zu der noch Mitarbeiter im Anzeigenverkauf, der Herstellung und Vertrieb hinzukommen, basiert zum großen Teil auf diesen Werbeeinnahmen. Eine nicht unproblematische Konstellation, denn Versuche der Werbekunden und ihrer Agenturen in die redaktionelle Arbeit einer renommierten Fachpublikation »einzugreifen«, gab und gibt es immer wieder. Eine Fachhandelszeitschrift wie CRN, die heute nach wie vor zu den größten 20 deutschen Fachmedien unter rund 3.800 B-2-B-Publikationen hierzulande zählt, wäre schlecht beraten, ihr redaktionelles Profil zugunsten eines Werbespiegels einzutauschen.
Viele Hersteller, Distributoren, Kooperationen und Systemhäuser, die auf ihren Messen, Roadshows sowie nationalen wie internationalen Pressekonferenzen die Präsenz der Channel-Presse schätzen, wissen indes um den Wert sach- und fachkundiger Berichterstattung in den ITK-Handelsmedien. Auch oder gerade wegen der publizistisch-kritischen Begleitung ihrer Strategien und Sales-Aktivitäten haben Fachzeitschriften keinen geringen Anteil daran, dass der deutsche ITK-Handel aus der chaotischen Goldgräberstimmung der Anfangszeit den Weg zu schlüssigen, funktionierenden und vertrauensvollen Vertriebsstrukturen gefunden hat. Ein Prozess hin zu einer Channel-Kultur, die CRN maßgeblich mitgeprägt hat und weiter publizistisch begleiten wird. Denn mit der unglaublich hohen Dynamik, die seit 2010 die ITK-Branche erfasst, ändern sich auch rasch Mechanismen des Markzugangs und damit die Vertriebsstrategien aller im Channel tätigen Unternehmen. Eine Fachpublikation, die stets »das Ohr am Markt« hat, muss diesen Wandel in der täglichen Arbeit reflektieren und Raum für Analysten und somit Orientierung schaffen.