Integrierte Systeme versus Standard-Server

Welchen Server hättens denn gern

1. Juni 2012, 14:44 Uhr | Michaela Wurm

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Andreas Zilch, Senior Vice President Experton Group: »Integrierte Systeme sind Nischenprodukte«

Andreas Zilch, Senior Vice President Experton Group: »Integrierte Systeme sind Nischenprodukte«

CRN: Der weltweite Ausbau der Data Center hat die Nachfrage nach Servern im vergangenen Jahr wieder leicht ansteigen lassen. Laut Gartner sind in Westeuropa die Umsätze von vor der Wirtschaftskrise aber immer noch nicht wieder erreicht. Wie hat sich der Server-Markt 2011 bis jetzt in Deutschland entwickelt?

Zilch: In Deutschland hat sich der Markt aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung und der höheren IT-Investitionen 2011 deutlich besser entwickelt. Diese gute Entwicklung hat sich 2012 fortgesetzt. Momentan ist alles im grünen Bereich. Die Auftragsbücher sind voll. Ob das das ganze Jahr hindurch so bleibt hängt natürlich sehr stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab.

CRN: Was sind hier die Wachstumstreiber?

Zilch: Das sind sicher Cloud Computing, aber auch Big Data, auch wenn letzteres noch nicht extrem viele Investitionen nach sich zieht. Sowie alles rund um Business Intelligence.

CRN: Laut Gartner wird der Replacementprozess durch die neuen Server-CPUs 2012 den Anbietern die Möglichkeit geben, den Konkurrenten Marktanteile abzujagen. Sehen Sie das auch so?

Zilch: Der Replacement-Prozess war in Deutschland schon 2011 im Gang und wird sich 2012 fortsetzen.

CRN: Wen sehen Sie als Gewinner in diesem Verdrängungswettbewerb und wne als Verlierer? Geht die Talfahrt bei Oracle weiter?

Zilch: Oracle muss man differenzierter sehen. Die letzten Quartalszahlen haben deutlich gezeigt, dass das Unternehmen kein Interesse mehr daran hat, im Low End zu verkaufen. Deshalb verbucht Oracle geringere Stückzahlen und Umsätze, ist aber in der Gewinnzone. Das Unternehmen verkauft nur noch dort, wo es entsprechende Margen realisieren kann und eine sie starke Kundenbindung besteht. Diese wirtschaftliche Strategie funktioniert durchaus, auch wenn dabei einige Kunden auf der Strecke bleiben.

CRN: Mit IBM Pure Systems folgt IBM Anbietern wie HP und Oracle, die bereits integrierte Systeme vorgestellt haben. Ist diese Entwicklung von den Unternehmen/Data Center-Betreibern getrieben oder von den Herstellern?

Zilch: Wachstumstreiber ist hier zu einem kleinen Teil sicher der Kundenbedarf nach einfach zu installierenden und zu verwaltenden Systemen. Zu 80 Prozent ist das aber eine von den Herstellern getriebene Strategie, weil sie damit mehr Geld verdienen können.

CRN: Welche Vorteile haben diese, schließlich auch nicht ganz billigen, Systeme für die Kunden, welche Nachteile?

Zilch: Der Kunde erhält dadurch natürlich alle Vorteile eines integrierten Systems, wie Schnelligkeit, Verfügbarkeit und Einfachheit – das ist für einige Kunden sicher interessant, aber sicher nicht für alle das Alleinseligmachende. Denn in einigen Fällen erhöht sich dadurch sogar die Komplexität. Das ist ein absolut zweischneidiges Schwert.

Ich sehe auch nicht, dass diese Systeme die Zukunft des Servermarktes sind. Im Gegenteil, sie sind eher ein Schritt zurück. Mich erinnern die IBM PureSystems an die AS400. Während die UNIX-Systeme langsam vom Markt verschwinden, weil die Kunden keine prorieretären Lösungen wollen, schaffen sich die großen Hersteller erneut proprietäre Plattformen. Bis jetzt haben von der Riege der Großen nur Dell und Fujitsu noch keine solchen Systeme vorgestellt. Entweder sind sie einfach spät dran oder sie setzen bewusst auf eine offene Strategie. Dell fehlen wohl auch einfach die Software-Komponenten dafür, HP und IBM sind da deutlich besser aufgestellt.

CRN: Was bringen integrierte Systeme für Systemintegratoren und Dienstleister. Nehmen sie ihnen Geschäft weg oder erschließen sie sich dadurch neue Geschäftschancen?

Zilch: Systemintegratoren brauche dafür ganz andere, höherwertige Skills als bisher, sie müssen auf einer deutlich höheren Ebene integrieren können. Viele Systemhäuser werden das nicht mögen. Andererseits gibt es gerade so viele Projekte am Markt, dass sie das erst einmal vernachlässigen können. Zudem werden sich diese Systeme nur sehr langsam im Markt durchsetzen und sicher nicht sehr schnell größere Marktanteile gewinnen. Ich glaube sogar, dass sie sich nur in absoluten Nischen durchsetzen werden oder wieder ganz vom Markt verschwinden.

CRN: Wird sich der Vormarsch hochgradig integrierter Systeme negativ für die kleineren Assemblierer auswirken, die »nur« einfache Server assemblieren oder wird es für diese Produkte immer einen Markt geben?

Zilch: Für sie wird sich nichts ändern. Es wird nach wie vor einen Markt für Server geben und den sicher nicht nur im Einstiegssegment.


  1. Welchen Server hättens denn gern
  2. Andreas Zilch, Senior Vice President Experton Group: »Integrierte Systeme sind Nischenprodukte«
  3. Sascha Denz, Business Development Server & Virtualization Fujitsu: »Wir beobachten zwei unterschiedliche Trends im Markt«
  4. Ulf Schade, Solution Manager Consulting Services - Dynamic Datacenter Computacenter: »Integrierte Systeme werden zunehmen«

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