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Der Druck auf Assemblierer wächst

Der Selbstbau-PC in einer halben Stunde

Autor:Samba Schulte • 16.8.2006 • ca. 2:30 Min

Noch nicht ganz so weit, aber nahe dran, ist auch Dieter Mühlbauer, Geschäftsführer der Mücom e.K. in Neuenmarkt. »Ich überlege derzeit, ob wir uns in Zukunft vom Assemblieren trennen sollen«. Denn auch ihn drückt die Regulierungswut der Behörden. Dabei zählt Mühlbauers Unternehmen zu jenen assemblierenden Fachhändlern, die mit etwa 250 PCs pro Jahr im bundesdeutschen Schnitt der Assemblierer liegt. Bei einer Kundenverteilung von etwa zwei Drittel B-to-B und einem Drittel B-to-C konnte er aus dieser Tätigkeit ein durchaus lukratives Zusatzgeschäft generieren. Neben den ständig zunehmenden Auflagen sind für Mühlbauer auch betriebswirtschaftliche Faktoren ein Grund für die Aufgabe des Assemblierens: »Je nach Geräte braucht ein Techniker eine halbe bis eine Stunde für die Fertigung eines PC. Dabei kann ich auf den Rechnerpreis aber nur rund 20 Euro fürs fertigen aufschlagen. Dagegen stehen die Produkte der Hersteller, die häufig im Build-to-Order auch kundenindividuell ausgestattet werden können und für uns unterm Strich weniger Risiko bei Rückläufen bedeuten und trotzdem noch Geld einbringen.«

Mit solchen Überlegungen schlagen sich derzeit viele Fachhändler herum. Aus diesem Grund ist die Zahl assemblierender Reseller rückläufig. Noch vor einem Jahr gingen Langzeitstudien davon aus, dass etwa 50 Prozent aller Fachhändler mehr oder weniger intensiv assemblieren – vom Standard-PC bis hin zu Sonderanfertigungen für schwierige Einsatzbereiche. Während die Sonderanfertigungen nach wie vor im Trend liegen, ebenso bei Systemhäusern individuelle Serverlösungen, bröckelt auf der PC-Schiene die Begeisterung fürs Selber-Schrauben.

»Die Standardrechner gibt es doch heute schon in allen Leistungsstärken und Preisklassen. Warum soll ich mich damit noch unnötig herumschlagen«, sagt Amberg, der durchaus bei Sonderfertigungen seinen Techniker noch zum Schraubenzieher greifen lässt. »Wenn jeder Euro zählt, muss ich als Händler vernünftig kalkulieren und handeln«. Weshalb Amberg lieber BTO-gefertigte Produkte seinen gewerblichen Kunden, auch Behörden, anbietet. »Früher habe ich einen Mitarbeiter nur für RMA beschäftigen müssen. Was glauben sie wie viel Zeit draufgeht, wenn bei einem Reklamationsfall ein PC zurück kommt, dessen Komponenten von verschiedenen Distributoren geliefert worden sind.« Für ihn gibt es deshalb eine durchaus zukunftssichere Alternative: »Wir bieten umfangreichen und professionellen Service, und konzentrieren uns auf Spezialbereiche wie Netzwerke und Kommunikation.«

Ungeachtet dessen wird es immer Assemblierer geben. Dies bestätigt auch Mühlberger. »Aber es werden immer weniger werden.« Dies bestätigt auch Jürgen Rakow, Vorstand der Vobis AG und Geschäftsführer der Marke Yakumo. Allerdings würde er die bröckelnde Assembliererfront bei weitem nicht in so großem Maße sehen wollen. Denn aus seiner Sicht kann sich ein Fachhändler mit Eigenfertigung durch diese Tätigkeit profilieren. »Die Kunden wollen ein Sorglos-Paket haben. Da kann auch ein individuell gefertigter PC dazu zählen.« Allerdings ist Rakow skeptisch, ob die Assemblierung von Notebooks für Fachhändler sinnvoll sei. »Das ist ein komplexes Produkt, da kann nicht sehr viel individuell ergänzt oder ausgetauscht werden.« Und wenn doch, müsse bei Reklamationen mit Problemen bei der Garantie gerechnet werden. »Wird das Notebook wegen eines Fehlers an den Vorlieferanten zurück geschickt und der Hersteller stellt fest, dass der Händler zuvor schon das Gerät geöffnet hatte, dürfte es zu Schwierigkeiten kommen.«

Trotzdem gibt es eine große Gemeinde potenzieller Käufer von fachhandelsassemblierten PCs. Voraussetzung allerdings sei, dass der Händler nicht nur emotionaler Verkäufer, sondern auch ein guter Techniker sei, so Enrico Drilltzsch, Bereichsleiter Vertrieb bei der Vobis AG. »Assemblierer haben die Möglichkeit, dadurch ihre Marge am Produkt zu verbessern und zugleich ihre Kunden mehr an sich zu binden.«