Jan Nast: Die Digitalisierung der Kultur ist für Orchester eine gigantische Herausforderung. Die Ära von Langspielplatte und CD ging mit der Ertragssteigerung für MusikerInnen einher. Die Digitalisierung fordert uns heraus, über vollkommen neue Geschäftsmodelle nachzudenken. In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass Streams keine Live-Konzerte ersetzen können. Umso wichtiger ist es, sich auf die Atmosphäre des Vor-Ort-Konzertes zu besinnen – auf die Location des Stephansdoms beim Adventskonzert, die Gespräche bei unseren Wohnzimmerkonzerten und vor allen Dingen: auf künstlerische Qualität. Diesen analogen Zauber von Menschen, Klang und Atmosphäre in die digitale Welt zu übersetzen ist unsere Herausforderung. Digitale Angebote sind für Orchester zu einer Visitenkarte geworden, die – wenn man sie nur ernst genug nimmt und in sie investiert – neue technische und visionäre Aspekte in die virtuelle Welt ermöglichen. Dabei denke ich an optimierte Klangqualität, neue visuelle Konzepte oder an hybride Konzert-Ideen.
Martin Nguyen: Digitale Technologien haben den Beauty-Einzelhandel tiefgründig verändert. Vor allem der Shift von physischen Stores zu Onlineshops ermöglicht ein ganz neues Einkaufserlebnis: Auf Knopfdruck wird KundInnen eine große Auswahl an Produkten mit immer kürzer werdenden Lieferzeiten geboten. Die Beratungsleistung wird durch Kundenreviews ersetzt, während die Informationslage bezüglich Funktionalität und Preis zu jeder Zeit transparent ist. Wer aufgrund fehlender Testmöglichkeiten beim online Beauty-Kauf früher zögerte, wird mittlerweile durch kostenlose Retouren überzeugt. Zudem rücken die persönlichen Bedürfnisse der UserInnen stetig mehr in den Fokus, etwa indem KIs individuell zugeschnittene Kaufempfehlungen aussprechen. Ebenfalls gewandelt hat sich die Art, wie sich Trends etablieren. Ob Micro oder Mega Influencer – Trends nehmen mittlerweile online und global ihren Anfang. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob eine Person in Berlin oder in Südkorea sitzt.
Andreas Breiter: In Universitäten finden sich verschiedene Geschwindigkeiten bei der Digitalen Transformation in den Dimensionen Lernen, Forschung und Verwaltung. Im Studium ermöglichen digitale Technologien hybride Lern-/Lehr-Arrangements und verändern die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden. Datengetriebene Methoden können in allen Disziplinen eingesetzt werden und verändern nachhaltig die Art und Weise der Forschungsarbeit. Die Konferenzen finden online statt und ermöglichen die Partizipation einer größeren Gruppe von WissenschaftlerInnen. Dateninfrastrukturen erlauben die Bereitstellung und Nachnutzung von Forschungsdaten. In der Verwaltung wird mit Hilfe der elektronischen Studierendenakte der Arbeitsablauf für alle Beteiligten nahezu papierlos. Digitale Technologien implizieren in allen Fällen Veränderungen organisationaler Prozesse und Strukturen – dies muss allen klar sein.
Sven Markschläger: Bier wird getrunken. Soviel scheint festzustehen – wird man auch in Zukunft so tun. Wie sich allerdings Marken und Unternehmen im Jahre ZweitausendundX präsentieren, in welcher Beziehung Menschen zu Marken stehen und wie die Marken geführt werden, ist höchstens eines: ungewiss. Märkte sind gesättigt. In nahezu sämtlichen Märkten und Branchen nimmt die wahrgenommene Markengleichheit dramatisch zu. Die Atomisierung der Medien führt zu sinkenden Reichweiten. Eine ganzheitliche Ansprache der Konsumenten wird immer schwieriger. Und nicht zuletzt wird Marken-Kommunikation häufig als störend empfunden. Unter diesen schwierigen Voraussetzungen hat die fortschreitende Digitalisierung den für mich größten Impact der letzten Jahre gebracht. Menschen können ganz individuell und ihren Bedürfnissen entsprechend angesprochen werden. Von der oberflächlichen Preiskommunikation bis hin zum digitalen Verkostungsabend mit intellektueller Bierdiskussion kann die gesamte Palette bedient werden.