Smart Lighting

HCL ist nicht gleich „Tunable White“

30. September 2020, 15:43 Uhr | Antje Müller

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Arbeiten bei Licht zur falschen Zeit

Die Projektgruppe um SSL-erate entdeckte hierbei wirksam werdende Lichtrezeptoren, die sehr empfindlich auf Blauanteile im Licht reagieren. Diese Ganglienzellen sind verknüpft mit Nervenbahnen, die die geistigen Fähigkeiten stärken. Kommt jeweils zwei Stunden vor Zubettgehen oder Aufwachen ungünstiges künstliches Licht zum Einsatz, kann mit der behinderten Hormonausschüttung die innere Uhr aus dem Takt gebracht werden. Mögliche gesundheitliche Folgen wären kurzfristig Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, bis hin zur langfristigen Lahmlegung körpereigener Reparaturmechanismen und damit Stimmungsschwankungen, Schwächung des Immunsystems und Erkrankungen wie etwa Depressionen. In Anbetracht der aktivierenden und leistungssteigernden Wirkung betont Dieter Lang, Experte für HCL, Forschung und Entwicklung bei Ledvance, hier Abstand von der verbreiteten Haltung zu nehmen, dass HCL gleichzusetzen sei mit Doping: „Wenn ich in Innenräumen besseres Licht mache, ist das auch kein Doping.“ Das wäre es erst dann, wenn man mit heller, tageslichtähnlicher Beleuchtung jemand dazu bringen wollen würde, zwölf, 14 oder 16 Stunden fit und leistungsfähig zu sein, über seine natürlichen Grenzen hinaus. „Licht hätte das Potenzial, durch Missbrauch auch als Doping eingesetzt zu werden, aber genau das ist eben Human Centric Lighting nicht, weil es sich am natürlichen Tagesverlauf orientiert“.

Ledvance
Intelligente Lichtlösungen des ­Human Centric Lighting (HCL) sind an menschlichen Bedürfnissen ausgerichtet und orientieren sich an dem natürlichen Verlauf des Tageslichts
© Ledvance

Ein Problem in diesem Zusammenhang ist auch Schichtarbeit. Arbeiten bei Licht zur falschen Zeit, entgegen der inneren Uhr, bewirkt dem Ledvance-Experten zufolge das Phänomen des sogenannten „Social Jetlags“. Hiermit verbunden sind negative Begleiterscheinungen, die primär zu Schlafmangel und in Folge zu Schlafstörungen, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Problemen und ungesundem Verhalten wie Rauchen oder Alkohol- und Koffeingenuss führen. „Ein häufiges Problem bei Schichtarbeitern“, so Lang. „Schlaf ist so wichtig wie gesunde Ernährung. Wer auf die Dauer nicht genug Schlaf hat, wird krank.“ Gerade bei Schichtarbeitern sei es so, dass nur selten die ­Situation bestehe, dass sie ihrem eigenen Gefühl folgen können und dann schlafen, wann sie müde sind, um für die Arbeit fit und leistungsfähig zu sein. Es gäbe zwar viele Regeln und Arbeitsschutzrichtlinien für Schichtarbeiter, aber diejenigen, die das 15, 20 Jahre gemacht haben, seien mit einer sehr viel höheren Wahrscheinlichkeit krank. „Leider kann Licht hier nur eingeschränkt helfen“, betont Lang. „Während helles Licht am Tag positiv ist und den Tag-Nacht-Rhythmus auch bei Schichtarbeitern unterstützt, ist tageslichtähnliche Beleuchtung in der Nacht häufig kontraproduktiv. Sie kann den Social Jetlag sogar verschlechtern.“


  1. HCL ist nicht gleich „Tunable White“
  2. Lichtplanung und Anwendungsfelder
  3. Arbeiten bei Licht zur falschen Zeit
  4. Nutzen von Licht im gestalterischen Entwurf
  5. Gedanken um den Endnutzer machen

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