Energieeffizienz

"Kommunikationsfähigkeit ist die entscheidende Grundlage"

22. Juni 2021, 10:30 Uhr | Interview: Antje Müller

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Konsequenzen beim Nachrüsten

Smarthouse Pro: Nachholbedarf gab es aus Sicht des Gesetzgebers beziehungsweise der Direktive europä­ischer Ebene vor allem in den Bereichen Regelung und Steuerung, für die es bisher wenig Anspruch an die Gebäudeautomation gab. Welche wirtschaftlichen Konsequenzen würden entstehen, wenn entsprechend erst beim Nachrüsten an die neuen Regulierungen gedacht wird?
Krödel: Nehmen wir als Beispiel dafür die Beleuchtung. Moderne Leuchten sollten das sogenannte Dali-Protokoll unterstützen. Damit ist die erwähnte Kommunikationsfähigkeit gegeben und Leuchten können gedimmt betrieben werden, unterstützen Lichtszenen und können mit deutlich weniger Verkabelungsaufwand installiert werden. Dabei kostet eine Dali-Installation im Grundausbau nicht mehr wie klassische Leuchten. Sie sind kaum teurer als nicht-Dali-fähige, aber dafür fällt bei der klassischen Installation ein deutlich höherer Verkabelungsaufwand an. Wenn in einem Gebäude zunächst klassische Leuchten installiert wurden, müssten sie bei der Umrüstung auf Dali komplett ersetzt werden. Man zahlt also doppelt. Ähnlich ist das zum Beispiel mit Tastern. Taster mit EnOcean-Technologie beispielsweise sind bei der Betrachtung von Komponentenkosten inklusive Einbau ähnlich teuer wie klassische Taster. Bei einer Umrüstung ist die intensive klassische Verkabelung nicht nutzbar. Erneut würde man doppelt zahlen. Nicht bei allen Gewerken ist das so extrem. Einige andere Gewerke lassen sich relativ günstig nachrüsten, so dass diese in ein Smart Building eingebunden werden können. Aber je frühzeitiger man den Zielstatus berücksichtigt, desto wirtschaftlicher kann das Ganze umgesetzt werden.

IGT
Zusammenhang zwischen den Vorschriften und den geltenden Richtlinien ab Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes.
© IGT

Smarthouse Pro: Welche Änderungen kamen aus Ihrer Sicht überraschend? Warum waren einige andere Anforderungen wiederum absehbar?
Krödel: Wenig überraschend im GEG war, dass die Anforderungen an die Automation stärker zum Tragen kommen. Dabei setzt das GEG zum 1. November 2020 nur einen Teil der Anforderungen der EPBD 2018 um. Das wiederum war überraschend. So kommt im GEG zum Beispiel das Stichwort „E-Mobility“ gar nicht vor, obwohl die EPBD fordert, Ladestationen intelligent beziehungsweise kommunikativ mit einzubinden. Auch der „Smart Readiness Indicator“, das heißt der Fähigkeitsfaktor des Gebäudes, sich auf den Nutzen einzustellen, fehlt im aktuellen GEG. Aber somit ist dann dafür jetzt schon klar, was in der nächsten Überarbeitung des GEG nachgezogen wird.

Smarthouse Pro: Wer Wohngebäude mit „Smart-Home-Funktionen“ für die Heizung, Lüftung oder Verschattung ausstattet, bekommt dies bei der Erstellung des Energieausweises positiv angerechnet und somit einen „besseren“ Energieausweis. Welche Konsequenzen hat die GEG für ein nachhaltiges Wohnen genau?
Krödel: Dadurch, dass der positive Aspekt der Gebäudeautomation auch gesetzlich honoriert wird, weckt das den einen oder anderen hoffentlich zunehmend auf, sich aktiv mit dem Thema Smart Home zu befassen. Denn je mehr Nutzer sich auch im privaten Wohnbereich mit diesem Thema ausein­andersetzen und Möglichkeiten angemessen nutzen, desto effizienter der Energieverbrauch – zum Nutzen des einzelnen aber auch der Gemeinschaft. Nicht ohne Grund wurde als Motivation für die Verschärfungen der EPBD 2018 angegeben, einen Beitrag zu den europäischen Klimazielen leisten und die Energieabhängigkeit Europas reduzieren zu wollen.


Das IGT (Institut für Gebäudetechnologie GmbH) ist ein unabhängiges Institut im Umfeld energieeffizienter Gebäude mit dem Fokus auf Gebäudeautomation und Energiemanagement. Der Schwerpunkt liegt darin, das Thema Gebäudeautomation über pragmatische Vorgehensweisen und Hilfsmittel für die Praxis anwendbar zu gestalten.

Aus EnEV wird GEG

Zum 1. November 2020 wurde die Energie-Einsparverordnung (EnEV) durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ersetzt. Bereits seit 2011 wurde mit der DIN V 18599 der Einfluss der Vernetzung berücksichtigt und schlug sich sieben Jahre später in der Überarbeitung der European Performance of Buildings Directive (EPBD) auf europäischer Ebene nieder. Mit der Novellierung 2014 erhöhte sich dann in der EnEV die Intensität der Anforderungen an die Gebäudeautomation, auch abseits der Gebäudehülle und der Wahl beziehungsweise Auslegung von Anlagentechnik. Seit November sind nun Anforderungen gemäß der 2018er Version der EPBD gestiegen, die vor allem unwirtschaftliche Konsequenzen beim Nachrüsten zur Folge haben können. Im Detail erhebt die Direktive auf europäischer Ebene den Anspruch, Anforderungen an folgende Kategorien der Gebäudeautomation zu stellen:

  • Kommunikationsfähigkeit / Monitoring
  • Installation von selbstregulierenden Einrichtungen
  • Intelligentes Aufladen von Elektrofahrzeugen
  • Intelligenzfähigkeitsindikator / Smart Readiness Indicator (SRI)

 


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