Vertreter von IT-Herstellern haben einen „Verein zur Förderung von IT aus Europa“ gegründet, um die digitale Souveränität zu stärken. Der Verein will ein Siegel „IT aus Europa“ etablieren für Unternehmen, die hohen Ansprüche an regionale Fertigung, Entwicklung und Dienstleistung genügen.
Die aktuellen Spannungen im transatlantischen Verhältnis und die starke Abhängigkeit von den US-amerikanischen Tech-Riesen bereiten vielen Menschen in Europa Sorgen. Eine größere technologische Unabhängigkeit wäre nicht nur für die Verteidigungsindustrie, sondern auch im Bereich der IT dringend geboten.
Eine Reihe von Managern aus der IT-Branche um Extra-Computer-Geschäftsführer Christian Herzog hat sich zum Ziel gesetzt, die digitale Souveränität zu stärken und dafür den „Verein zur Förderung von IT aus Europa“ (ITE) gegründet.
Zu den Gründungsmitgliedern zählen neben Mitarbeitern von Extra Computer auch Beschäftigte von deren Muttergesellschaft, dem Server- und Storage-Spezialisten Thomas-Krenn. Zudem sind Vertreter der IT-Beratung Sysfacts AG, der frisch gegründeten CoreCooling GmbH sowie von der Mainboard-Sparte des Embedded-Experten Kontron AG von Anfang an dabei.
Sie haben sich in der Charta des Vereins verpflichtet, die Unabhängigkeit, Qualität und Nachhaltigkeit im IT-Sektor durch europäische Lieferketten zu stärken. Dieser zentrale Vereinszweck soll über Verbands- und Öffentlichkeitsarbeit sowie ein zugehöriges Siegel verfolgt werden.
Auf diese Weise möchte der Verein die Abhängigkeit von nicht-europäischen Technologien reduzieren. In der Folge sollen wirtschaftliche Risiken europäischer Unternehmen minimiert werden, wie sie etwa durch geo- und wirtschaftspolitische Unwägbarkeiten, Datenschutzbedenken sowie technologische Abhängigkeit entstehen. Dazu wird der ITE auch politische Initiativen wie den European Chips Act unterstützen. Um zugehörige Aktivitäten mit entsprechender Belegbarkeit und Transparenz zu versehen, will der Verein überdies das Siegel „IT aus Europa“ etablieren.
Siegel für hohen Wertschöpfungsanteil in Europa
Dieses Gütesiegel „IT aus Europa“ (ITE) soll ausschließlich für Unternehmen zugänglich sein, die hohen Ansprüche an regionale Fertigung, Entwicklung und Dienstleistung genügen: Es wird für Produkte aus den Bereichen IT-Hardware, IT-Dienstleistung und Software inklusive Cloud-Angeboten vergeben werden, die belegbar u. a. einen hohen Anteil an Wertschöpfung im europäischen Wirtschaftsraum samt UK und der Schweiz enthalten. Forschungsprojekte- und -einrichtungen können das Siegel ebenfalls bekommen. Es soll Entscheidern aus Wirtschaft und öffentlicher Hand helfen, Produkte und Dienstleistungen zu identifizieren, die einen besonders hohen lokalen Wertschöpfungs-Anteil bieten und zugleich europäische Sicherheitsstandards, DSGVO-Konformität sowie Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Für die Einhaltung und Prüfung aller Kriterien wird ITE mit einer etablierten Prüforganisation zusammenarbeiten. Mehrere Abstufungen sollen dabei unter anderem die Höhe des Anteils der Wertschöpfung innerhalb Europas abbilden.
„Wir haben im europäischen Wirtschaftsraum einen Binnenmarkt mit 500 Millionen Menschen und enormer Wirkkraft. Wir haben ein starkes Ausbildungssystem und sind innovativ. Es wird Zeit, dass wir diese Stärken selbstbewusster einsetzen“, betont Christian Herzog, Geschäftsführer der Extra Computer und erster Vorstand des ITE „Das ist jedoch kein Selbstläufer. Wir müssen aktiv daran arbeiten, unsere Souveränität zu stärken, in vielen Bereichen. Zu den wichtigsten zählt nach unserem Verständnis die IT-Industrie, da sie das Rückgrat für jede weitere Branche bildet. Daran werden wir arbeiten, indem wir regionale Produktion und ein starkes Netzwerk unterstützen.“
Der Verein führt nah eigenen Angaben bereits Gespräche mit weiteren namhaften Unternehmen und rechnet bald mit noch mehr Mitglieder, die ebenfalls für „IT aus Europa“ stehen. Für die künftige Verbandsarbeit seien weitere Mitglieder willkommen. Der Vereinssitz ist in Giengen an der Brenz, am Unternehmenssitz von Extra Computer. Auf der Agenda steht jetzt als nächster Schritt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Weitere Informationen auf der Webseite unter: https://ite-verein.eu/.