Die Anwendung von KI kann im Versicherungswesen zukünftig äußerst vielseitig ausfallen. So arbeiten bei Insur Lab Germany zum Beispiel Topic Groups an Möglichkeiten der KI-Integration, wie der Automatisierung der Schadensbearbeitung, der Aufdeckung von Betrugsfällen oder der digitalen Verifikation von Identitäten. Momentan sind die am häufigsten eingesetzten KI-Lösungen Chatbots und Sprachassistenten, die einen vereinfachten Kontakt zu Versicherern bieten und vor allem das Kunderlebnis und deren Bindung stärken soll. Aber auch Algorithmus-basierte Produkt-Empfehlungen und -Kalkulationen finden Anwendung. Dennoch gaben laut der Capgemini Smart Money Studie etwa die Hälfte der befragten VerbraucherInnen an, von KI-Interaktionen keinen oder wenig Mehrwert zu erhalten. So bemängeln sie fehlende Anreize, um KI das Verarbeiten ihrer persönlichen Daten zu erlauben. Zudem möchten sie auch bei KI-Interaktionen nicht auf eine menschliche Komponente verzichten und darüber informiert werden, wenn sie mit einer KI interagieren.
Wenn Versicherer in Zukunft auf solche Bedenken eingehen, kann KI sowohl ein verbessertes Kundenerlebnis – von Kontaktaufnahme bis hin zum Vertragsabschluss – als auch Kosteneinsparungen durch Prozessoptimierungen ermöglichen.
Die stetige Weiterentwicklung und Verbreitung von KI-Projekten bringen dennoch eine besondere Herausforderung mit sich: den Aspekt der Ethik. Welche Daten werden gesammelt und wie verarbeitet? Wie trifft die KI Entscheidungen? Dies ist ein wichtiges und gleichzeitig sensibles Thema, vor allem in der Versicherungsbranche. Es ist jedoch sehr schwierig, diesen Fragen in der Konzeption und Anwendung von Projekten gerecht zu werden.
Zunächst sind bei einer rechtssicheren Umsetzung vielfältige Regularien zu beachten, die sich unter anderem aus der DSGVO und der High-Level Expert Group on Artificial Intelligence der EU-Kommission ergeben. Im Hinblick auf eine ethische KI sind zudem zentrale Aspekte zu beachten: Es bedarf humanen Handelns, einer Aufsicht, technischer Robustheit sowie dem Schutz der Privatsphäre der KundInnen, einem Datenqualitätsmanagement, Transparenz, aber auch Vielfalt, Antidiskriminierung und einer Rechenschaftspflicht des Unternehmens. Denn oft neutral geglaubte Technik kann diskriminieren, sobald Menschen unbewusst eigene Vorurteile einprogrammieren. Grundsätzlich muss also die Souveränität der VerbraucherInnen gewährleistet sein und Unternehmen entsprechenden Prüfungen standhalten.
Trotz der bereits ausgearbeiteten Richtlinien entstehen immer wieder Skandale, etwa aufgrund von Lücken im Datenschutz. Eine Empfehlung zur sicheren Umsetzung von KI-Projekten ist das Schaffen klarer Vorgaben. Somit können und müssen Unternehmen hinterfragen, wie dieser Wertekanon gestaltet und welche Kontrollmechanismen etabliert werden. Nur so können durch eine ethische KI Vorteile für Versicherer wie Kund:innen entstehen.
Die Digitalisierung und Anwendung von KI in der Versicherungsbranche ist und bleibt ein vielseitiges Themenfeld. Versicherer haben bereits zahlreiche digitale Lösungen erprobt. Weiterhin bestehen ungenutzte Möglichkeiten, die mit der Integration digitaler Entwicklungen einhergehen. Dies gilt gerade für die Interaktion mit KundInnen etwa durch eine optimierte Big-Data-Nutzung, die beispielsweise treffendere Produktvorschläge liefert und für Versicherer Potentiale zur Kostenersparnis bietet. Dabei stellen Start-ups wichtige Kooperationspartner für etablierte Versicherer dar, denn sie bringen technisches Know-how sowie innovative und kreative Lösungen mit. Das kann entscheidend sein, denn eine erfolgreiche KI-Integration erfordert nicht nur effektives Change Management innerhalb des Unternehmens, sondern auch ein Eingehen auf die KundInnen. Neben der Umsetzung sind zudem Aspekte der Ethik und Governance von KI zu beachten, wobei vor allem die Souveränität der VerbraucherInnen gewahrt werden muss. Trotz der technischen und ethischen Komplexität von KI sollten Versicherer und Kund:innen diese jedoch als Chance begreifen, die Service-Angebote erweitern, Prozesse beschleunigen und Arbeit erleichtern kann.
Sebastian Pitzler, Managing Director beim Verein Insur Lab Germany
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Um Kooperationen zwischen Start-ups und Versicherern zu erleichtern, gibt es sogenannte InsurTech-Initiativen. Eine davon ist Insur Lab Germany. Der eingetragene Verein sieht sich als Brückenbauer zwischen Start-ups und Versicherern und möchte gemeinsam die Versicherungswirtschaft durch Digitalisierung transformieren. Dabei bieten digitale Lösungen noch viele ungenutzte Potenziale und Chancen. Mit der „InsurLab Journey” kommen Mitglieder etwa durch die Innovationswerkstatt, den Member2Member-Workshop und den Business Roundtable in Austausch und können Wissenstransfer sowie Kollaborationen entwickeln. |